Tristes Leben unnötiger Erzherzöge
Spielsüchtige Herzöge, Mineraliensammlerinnen und talentierte habsburgische Prinzen.
„Die Leut’ wissen gar net, dass i’ wirklich was kann!“Dieser verzweifelte Ausruf des Erzherzogs Otto von Habsburg-Lothringen, Vater des letzten Kaisers, Karl, sagt alles. Im sogenannten Erzhaus war den Prinzen jegliche Berufstätigkeit untersagt. Diese skurrile Caprice wahrte der alte Kaiser Franz Joseph als Familienoberhaupt bis zu seinem Tod. Und (fast) alle hielten sich daran. Daher lebten sie ihre Begabungen – so vorhanden – im Verborgenen aus. Der „schöne Otto“, ein Frauenschwarm und leichtlebiger Bohemien, wäre etwa ein sehr guter Innenarchitekt geworden, wie seine Zeichnungen beweisen. So aber ist er als vergnügungssüchtiger Schürzenjäger in die Geschichte eingegangen.
Dass viel Tradiertes so nicht stimmt, weist die emsige Habsburg- und Sisi-Expertin Katrin Unterreiner nach. Man zollt ihr Respekt, dass sie nach ihren vielen Publikationen auch die äußeren Ränder des Habsburg-Clans abgrast. Und siehe da – sie wurde fündig und der Leser reich belohnt. Dass Maria Theresia täglich das heute von Unterweltlern geübte „Stoß“-Spiel unter dem Namen „Pharao“liebte, war bekannt. Dass sie aber nach diesem Glücksspiel süchtig war, täglich zwei Stunden darauf verwendete und enorme Geldsummen gewann, entnimmt Unterreiner den Aufzeichnungen ihres Obersthofmeisters Fürst Khevenhüller-Metsch.
Aber da gab es auch den Erzherzog Ernst (1824–1899), der weniger Glück mit Geld hatte. Der Sohn von Erzherzog Rainer, dem Vizekönig der Lombardei, war zwar General der Kavallerie, zog sich aber 1867 ins Privatleben zurück. Das verlief chaotisch, denn nach dem Tod seiner Frau wurde er zum Spieler. Schulden in Millionenhöhe erstattete der Kaiser diskret aus der Privatschatulle. Doch die wechselnden Geliebten waren teuer. So verbannte ihn Franz Joseph schließlich nach Bozen, wo er unter Aufsicht stand. Umgerechnet 13 Millionen Euro kostete der Prinz aus dieser Habsburger Nebenlinie den kaiserlichen Hof.
Zum Glück eine Missbildung
Dass Erzherzoginnen ein selbstbestimmtes Leben führen durften, war völlig ausgeschlossen. Da hatte es Maria Anna besser. Sie konnte wegen einer Verwachsung im Kindheitsalter nicht an einen Heiratswilligen verschachert werden, so steckte man die älteste Tochter Maria Theresias nominell als Äbtissin in ein Prager Nonnenkloster. Doch ihr Leben gestaltete sie nach eigenem Willen, indem sie in Klagenfurt Aufenthalt nahm. Hier stand sie mit führenden Wissenschaftern ihrer Zeit in Kontakt und galt als Kapazität in mehreren naturwissenschaftlichen Bereichen. Ihre Mineraliensammlung war Grundstein für das Naturhistorische Museum. Mehr noch: Ihre Apanage erlaubte ihr die großzügige Finanzierung archäologischer Ausgrabungen von Virunum.
Grandios gescheitert in seinen Ansprüchen ist hingegen der Erzherzog Leopold von Toskana (1897–1958). Nach dem Ersten Weltkrieg rissen sich die Regisseure in Hollywood um echte und falsche Erzherzöge. So kam Leopold gut ins Geschäft, wurde in der Society herumgereicht, doch aus der erträumten Karriere wurde leider nichts.
Nach 1938 versuchte er über Kontakte mit NS-Stellen, an das enteignete Habsburger-Vermögen heranzukommen. Nach seinem Tod in Connecticut, USA, war die Feuerbestattung noch ein Unding für einen Habsburger, dennoch fand seine Urne schließlich auch Eingang in die Wiener Kapuzinergruft.