Es ist gefährlich, Wald nur als Senke für Kohlendioxid zu sehen
In einem Expertenbericht über den Zustand des Waldes, der in New York vorgestellt worden ist, geht es natürlich auch um die vielfachen Bedrohungen, denen Wälder ausgesetzt sind. Im Mittelpunkt steht aber vor allem die verengte Sicht des Menschen auf den W
Die Geschichte des jüngsten Berichts über den Wald, der bei dem United Nations Forum for Forests in New York vorgelegt wurde, beginnt 2010. Damals ist die Analyse fertiggestellt gewesen, in der das Waldmanagement kritisch beleuchtet worden ist. Auf der damaligen Analyse aufbauend wird heute die Frage gestellt: Was brauchen die Wälder der Erde? Die Antwort ist wesentlich vielseitiger als vor 14 Jahren.
Blicken wir 30 Jahre zurück, dann wissen wir, warum. Beim „Erdgipfel“in Rio de Janeiro 1992 scheiterte der Beschluss einer Wald-Konvention, beschlossen wurden lediglich „Forstprinzipien“– ohne jegliche Verbindlichkeit. Das Management der Wälder ist danach vor allem im Zusammenhang mit freiwilligen Labels diskutiert worden, die sich selbst bei Optimisten als nur mäßig tauglich herausgestellt haben.
Landkarte für das Waldmanagement
Der Bericht der International Union of Forest Research Organizations (IUFRO) von 2010 hat bereits im Vorwort die Möglichkeit in den Raum gestellt, dass die Bemühungen um einen globalen Zugang zu einem nachhaltigen Waldmanagement auch „scheitern können“. Die nunmehrige Studie geht nicht so weit, auch wenn in aller Deutlichkeit Schwachstellen dargestellt werden. Die Arbeit zeichnet auf 164 Seiten v. a. eine Landkarte, die offenlegt, in welcher Weise in den einzelnen Regionen das Waldmanagement eingeordnet und diskutiert wird. Die IUFRO hat ihren Hauptsitz in Wien. Die jetzt vorgelegte Studie wurde durch mehrere Finanzierungen möglich: durch das deutsche Wirtschafts-, das finnische Außen- und das österreichische Landwirtschaftsministerium.
Diskussion sollte breiter sein
Der Ansatz der Arbeit ist konsequent interdisziplinär. Es wurden keine neuen Studien durchgeführt, sondern die bestehende Fachliteratur in drei Richtungen untersucht: Welche Herangehensweise gibt es an das Forst-Management, was ist Konsens und was hat sich seit 2010 geändert? Angedacht ist eine dezentralere Sicht auf die spezielle Situation in Regionen, Wirtschaftsund Siedlungsräumen.
Die Hauptbotschaft allerdings weist auf eine Entwicklung hin, die in den vergangenen neun Jahren deutlich an Fahrt aufgenommen hat. „Es geht darum, dass der Wald derzeit in der Öffentlichkeit in erster Linie im Klimazusammenhang diskutiert und damit einiges zugedeckt wird“, sagt Daniela Kleinschmit.
Sie ist eine der Autorinnen, IUFRO-Vizepräsidentin und Professorin für Forst- und Umweltpolitik
an der Universität Freiburg in Deutschland. Ist die Rede vom Wald, dann gehe es überwiegend um das Senken von Kohlendioxid, um verstärkte wirtschaftliche Nutzung und in den vergangenen Jahren vor allem auch um die Kompensation von Treibhausgasemissionen. Das sei vor allem eines: ein Milliardengeschäft. Kleinschmit: „Vergessen wird dabei, dass der Wald viele andere Funktionen und Dimensionen hat.“
Erholung und Speicher sauberer Luft fallen einem da noch am ehesten ein. „Wald bedeutet auch Lebensraum für Indigene, Ort der Spiritualität, Biodiversität. Wem gehört das Wissen, das im Wald vorhanden ist, in seiner Gesamtheit aber nicht einmal annähernd ermessen werden kann?“, führt sie aus. Es sei wichtig, die „stillen Seiten des Waldes“zu bedenken und zu betrachten.
Zahlen stehen zu sehr im Vordergrund
Seit Paris 2015 sei das CO2-Reduktionspotenzial von Bäumen in den Vordergrund gerückt. „Es geht um Zählen der Baumpflanzungen, um Millionen von Setzlingen.“Kleinschmit meint, dass es aber einer ganzheitlichen Annäherung bedarf und dass es wichtig sei, immer die Frage aufzuwerfen: „Welche Bedeutung haben Forstmaßnahmen für den Menschen, für die stillen Seiten des Waldes?“