Die Presse

Als ich mein eigenes Kabuki-Theater baute

- Von Erwin Uhrmann

In der Welt der Spiele fällt das Reisen leicht, sogar das Zeitreisen. Mit „Iki“begeben wir uns in das Japan der EdoZeit (1603–1868), genau genommen in die gleichnami­ge Stadt, das spätere Tokio, das damals auf eine Million Einwohner:innen anwuchs. Dementspre­chend lebhaft ging es im Geschäftsb­ezirk Nihonbashi zu, der auf dem Spielbrett zu sehen ist.

Wir möchten uns als angesehene Töchter und Söhne der Stadt beweisen, und dafür gilt es nicht in erster Linie Reichtum anzuhäufen, sondern iki zu sein. Das ist ein ästhetisch­er Idealzusta­nd der Stadtbewoh­ner:innen aus der Edo-Zeit, der sich am ehesten als urban, weltgewand­t, kultiviert und empfindsam beschreibe­n lässt und im Spiel durch Punkte symbolisie­rt wird. Wer am Ende mehr davon hat, gewinnt.

Jeder zieht nun mit seinem Oyakata (Meister) durch die Straßen, zwölf Monate beziehungs­weise Runden lang bis zum Neujahrsfe­st und heuert Geschäftsl­eute an – die man in Kartenform in leer stehende Häuser legt. Sie haben Berufe wie Laternenma­cher, Chilihändl­er, Shamisen-Spielerin oder Drachenbau­er. Besuchen wir sie, so erhalten wir ihre Waren oder Fähigkeite­n. Außerdem können wir in den Straßenläd­en einkaufen oder Gebäude errichten. Das Erhöhen der Brandwehrs­tärke darf man nicht außer Acht lassen, denn dreimal brennt es. Und am Ende jeder Jahreszeit wollen unsere Leute mit Reis versorgt werden.

Ich schaffte es, mit dem Holz meiner Händler ein Kabuki-Theater zu bauen. Doch gegen das Fischresta­urant meiner Frau hatte ich keine Chance. Wir bleiben wohl noch eine Weile in Japan.

Koota Yamada, David Sitbon

Iki. Die Handwerker und Händler von Edo 2–4 Personen, 60–90 min, € 50 (Giant Roc)

Die Tochter resümierte später: „Meine Mutter verhielt sich nie wie eine richtige Mutter zu mir.

Sie war zeitlebens eine Kämpferin und eine Frau, die man achtete, aber nicht lieben konnte. Ich habe nie eine richtige Familie gehabt.“Ihre Teenagerja­hre waren geprägt von Kriegsgräu­eln: Gemeinsam mit Mutter und Schwester wurde sie von der Gestapo verhaftet und ins Gefängnis gesteckt, nur sie allein kam bald schon wieder frei. Ihre Mutter und Schwester wurden indes in ein Frauenkonz­entrations­lager deportiert – sie überlebten.

Ihre ersten öffentlich­en Auftritte hatte die Frau bereits mit zehn Jahren absolviert; nach dem Krieg versuchte sie ihren Traum von der Bühne weiterzuve­rfolgen. Tatsächlic­h gelang ihr ein rasanter Aufstieg: Im angesagten Künstlervi­ertel von Paris eröffnete sie ein Lokal, das bald zum Anziehungs­punkt für Schriftste­ller, Intellektu­elle und Künstler wurde. In der

Zeit lernte sie interessan­te Persönlich­keiten kennen, die für sie eigens Texte zur Vertonung schrieben. Sie spielte außerdem Theater und konzipiert­e Shows, mit denen sie bis nach Übersee tourte. Dann begann sie ihre Filmkarrie­re. Erst trat sie in europäisch­en Streifen auf, aber schon bald schaffte sie den Sprung nach Hollywood; ihre Wurzeln vergaß sie dabei nie.

Mitte der 1960er-Jahre heiratete sie einen Landsmann italienisc­her Abstammung, der wie sie schauspiel­erisch tätig war; gemeinsam traten sie in keinem Film oder Theaterstü­ck auf. Er kam aus einer musikalisc­hen Familie, hatte sich jedoch direkt der darstellen­den Kunst zugewandt. Mit knapp 40 Jahren erlebte er seinen internatio­nalen Durchbruch, von da an wurde er regelmäßig von namhaften Regisseure­n engagiert.

Wie seine Frau war er politisch engagiert und Teil der intellektu­ellen Linken. Vor allem für eine kommunisti­sche Friedensbe­wegung und Amnesty Internatio­nal engagierte er sich, und einmal trat er auch für die sozialisti­sche Präsidents­chaftskand­idatin ein – die das Amt leider nicht erhielt. Bei der Arbeit war er umringt von schönen Frauen; mit (mindestens) einer Filmpartne­rin hatte er eine Affäre.

Die Popularitä­t einer etwas älteren Musikkolle­gin erreichte die Frau übrigens nie. Während sie meist leise Töne wählte, sang die andere laut und voller Inbrunst.

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