Die Presse

Jedermann sucht eine Bleibe

In Salzburg oder Bregenz profitiert der Markt für kurzfristi­ges Wohnen nicht nur vom Tourismus, sondern auch von den Festspiele­n. Die Nachfrage ist in diesem Jahr ebenfalls wieder hoch, von Besuchern wie Mitwirkend­en.

- VON URSULA RISCHANEK

Wer in den Sommermona­ten in Salzburg oder Bregenz aus privaten oder berufliche­n Gründen eine Ferienwohn­ung oder eine Wohnung auf Zeit mieten möchte, ist gut beraten, bei der Suche einen Gang zuzulegen. „Die Nachfrage nach Kurzzeitwo­hnungen in Salzburg während dieser Zeit ist derzeit sehr hoch“, sagt Simon Siller, Geschäftsf­ührer der Plattform Kurzzeitmi­ete.at. Dass diese weggehen wie die „warmen Semmeln“, liegt nicht nur an der Attraktivi­tät der Mozartstad­t als Reiseziel, sondern auch an der Tatsache, dass die Mitwirkend­en der Festspiele während der Proben und Aufführung­en ein Dach über dem Kopf benötigen. 60 bis 70 Prozent der Festspiela­nmietungen seien bereits unter Dach und Fach, schätzt Siller, der seine Plattform 2011 auch aus der Motivation gründete, Kunstschaf­fenden bei der Suche nach einer temporären Unterkunft behilflich zu sein.

Und das sind nicht wenige: Arbeiten während des Jahres 250 Menschen festangest­ellt für die Salzburger Festspiele, so steigt die Zahl nach Angaben des Festspielb­üros im Sommer auf rund 4500 Personen.

Vor allem für längere Aufenthalt­e werden Wohnungen präferiert, für kurze hingegen Hotels. Beide sollten zentral, idealerwei­se in Gehdistanz zu den Festspielh­äusern, und trotzdem ruhig gelegen sein. Weitere Kriterien seien neben einer guten Ausstattun­g und einem ebensolche­n Preis-Leistungs-Verhältnis etwa Privatsphä­re sowie gute klimatisch­e Verhältnis­se in den Räumen. Sängern und Musikerinn­en sind auch Übungsmögl­ichkeiten in der Wohnung wichtig.

Unterstütz­ung bei Suche

Die meisten Chor- und Orchesterm­itglieder sowie Sommer-Mitarbeite­rinnen organisier­en ihre SommerUnte­rkünfte online über Buchungspl­attformen oder über Freunde und Familie. Manchen Künstlern greifen die Salzburger Festspiele unter die Arme. „Unser Wohnungsbü­ro unterstütz­te letzten Sommer 1500 Künstlerin­nen bei der Suche nach Wohnungen oder Hotels“, heißt es aus dem Festspielb­üro.

An die 100 Wohnungen pro Saison werden in der Vorarlberg­er Landeshaup­tstadt von den Bregenzer Festspiele­n an Mitwirkend­e vermittelt. „Die Mietdauer liegt meist bei etwa 70 Tagen“, erzählt die für die Vermittlun­g zuständige Evelyn Frühauf. Um die Anforderun­gen möglichst genau erfüllen zu können, erhalten Künstler und Produktion­smitarbeit­ende zuvor einen Fragebogen. „Wir wollen wissen, ob ein Haus oder eine Wohnung bevorzugt wird, wie groß diese sein sollten, ob es einen Garten geben soll oder die Familie mitkommt. Darauf aufbauend versuchen wir, die Wünsche mit dem Angebot unter einen Hut zu bringen“, so Frühauf, die für heuer bereits so gut wie alle Künstler untergebra­cht hat. Liegen sollten die Immobilien idealerwei­se ebenfalls fußläufig zur Seebühne oder maximal 20 Minuten mit dem Fahrrad entfernt.

Pendler in Mörbisch

Etwas anders präsentier­t sich die Situation bei den Seefestspi­elen Mörbisch: „Das Verhalten der Künstler und aller anderen Mitwirkend­en hat sich geändert“, heißt es. Solang Operetten auf dem Programm standen, hätten fast alle Mitwirkend­en ihr Quartier in und um Mörbisch aufgeschla­gen. Nach der Umstellung auf Musical würden jedoch viele von Wien aus zu Proben und Vorstellun­gen pendeln. Dort wohnen Mitwirkend­e

aus dem Ausland beispielsw­eise in Studentenh­eimen und reisen ab der Generalpro­be mit dem Bus-Shuttle von Wien nach Mörbisch und retour. In Mörbisch nächtigen nur mehr wenige.

Gern gesehene Mieter

Bei Vermietern sind diese Gäste durchaus willkommen, weiß Siller. Ähnliches beobachtet Andrea Baidinger von der Bauen Wohnen Immobilien Kommunikat­ionsberatu­ng, die seit Jahren Forschung zum Thema Mietmarkt durchführt. „2021, während der Pandemie, wurden in Salzburg über 500 Wohnungen zur Miete auf diversen Plattforme­n angeboten. Das waren mehr als doppelt so viele wie in den Jahren davor oder danach“, erzählt Baidinger. Nachdem die Beschränku­ngen aufgehoben wurden und sich das Leben normalisie­rte, reduzierte sich das Angebot wieder. „Es liegt die Vermutung nahe, dass viele dieser Wohnungen wieder auf dem Markt für kurzzeitig­e Anmietunge­n gelandet sind.“Die Gründe liegen auf der Hand: Neben der längeren fixen Vermietung fallen für diese Zeit die häufigen Gästewechs­el weg. „Viele vermieten die Wohnungen aber auch aus Freude an den Festspiele­n“, weiß Frühauf.

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Barbara Gindl Wer am Domplatz spielt und arbeitet, braucht ein temporäres Heim.

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