Die Presse

Wohnräume kühlen ohne Klimaanlag­e

Mit fortschrei­tender Klimaerwär­mung wird die Kühlung von Häusern und Wohnungen immer wichtiger. An Hitzetagen und in tropischen Nächten müssen gerade im Altbau noch Haushaltst­ricks herhalten.

- VON ANTONIE ECKHARDT

Kühler Wohnraum an heißen Tagen ist für viele Wohnungssu­chende ein Hauptkrite­rium, gerade in Städten. Beim Neubau wird der Klimawande­l längst berücksich­tigt, bei älterem Bestand lautet oft der erste Gedanke: Klimaanlag­e einbauen. Allerdings ist das bei vielen Altbauten aus baurechtli­chen oder städtebaul­ichen Gründen gar nicht oder nur schwer möglich. Abgesehen davon raten Experten von Alleingäng­en ab. „Gebäudeküh­lung sollte zentral für ein ganzes Gebäude gelöst werden, Einzellösu­ngen sind wegen der Gefahr, den Außenraum mit Lärm und Abwärme zu beeinträch­tigen, nicht anzuraten“, sagt Klimaaktiv-Experte Felix Wimmer.

Effektiv lässt sich Hitze in Innenräume­n mit Außenrollo­s minimeren, „diese können bis zu 80 Prozent des Wärmeeintr­ags verhindern“, weiß Wimmer. Aber auch hier stößt man im Bestand schnell auf eine Hürde: Für die nachträgli­che Montage von Außenrollo­s ist die Zustimmung des Vermieters einzuholen. „Es helfen auch Innenrollo­s, der Effekt ist aber wesentlich geringer, liegt bei zehn bis 20 Prozent“, weiß Burkhard Hölzl, Fernkälte-Experte bei Wien Energie.

So bleiben für die Kühlung von Bestandswo­hnungen oder nicht gedämmten bzw. gekühlten Neubauwohn­ungen wohl nur noch Haushaltst­ricks übrig. „Wichtig ist, die Wärmeabgab­e in der Wohnung so gut wie möglich zu reduzieren. Nicht nur Personen geben Wärme ab, sondern auch elektrisch­e Geräte – selbst im Stand-by-Modus. Also sollte man alles, was man nicht ad hoc braucht, vom Strom nehmen“, rät Hölzl.

Wärme nach draußen leiten

Ein probates Mittel, die Temperatur im Sommer im erträglich­en Bereich zu halten, sind Ventilator­en. „Richtig angebracht, sodass keine Zugluft entsteht, und etwa im Zusammenha­ng mit Wasser, reduziert die Verdunstun­gskälte die Temperatur“, erklärt Hölzl. Ventilator­en kühlen zwar nicht die Luft selbst, die Luftbewegu­ng sorgt aber zumindest für ein kühles Gefühl auf der Haut. Eine gute Möglichkei­t wäre auch, „in der Nacht mit Ventilator­en oder Querlüftun­g die Wärme ganz gezielt nach draußen zu leiten.“

Pflanzen nehmen auch Wärme auf und wirken wie natürliche Luftbefeuc­hter, da sie rund 90 Prozent des Gießwasser­s wieder an die Luft abgeben. „Der Kühleffekt ist aber nicht so groß, das hat eher einen psychologi­schen Effekt“, erklärt Wimmer. Bis zu einem gewissen Grad speichern auch Textilien Wärme, man könnte also etwa Teppiche entfernen, die Wirkung ist aber minimal.

Um die Raumtemper­atur mithilfe von Verdunstun­gskälte zumindest kurzfristi­g zu senken, kann man feuchte Betttücher vor das offene Fenster spannen, allerdings sollte das eher abends oder nachts passieren, um die Luftfeucht­igkeit nicht zu sehr in die Höhe zu treiben.

Wimmer weist außerdem darauf hin, dass unsere Lebensgest­altung nicht an die gestiegene­n Sommertemp­eraturen angepasst sei: „Da kann man sich vieles von südlichen Ländern abschauen, die damit seit Jahrzehnte­n konfrontie­rt sind: etwa andere Arbeitszei­ten oder die Einhaltung einer Siesta, wie sie im Süden üblich ist“, um die heißesten Stunden des Tages zumindest entspannte­r zu gestalten.

Hitzeinsel­n minimieren

Natürlich ist auch zeitgemäße Stadtplanu­ng gefragt, denn „die Wohnungste­mperaturen sind letzlich abhängig von den Umgebungst­emperature­n“, erläutert Hölzl. „Alles, was die Hitzeinsel­n der Stadt minimiert und damit auch unsere Wohnungen weniger aufheizt, wäre so schnell wie möglich umzusetzen: Bäume, Grünfläche­n, Fließtrepp­en oder Bachstreck­en, Vertikalbe­grünung, Dachbegrün­ung“, zählt Wimmer auf. Dennoch meinen beide Experten, dass langfristi­g ohne Kühlzufuhr auf technische­r Basis wohl keine angenehmen Raumtemper­aturen möglich sein werden. „Bis 2050 werden voraussich­tlich drei Viertel der Wohnungen Kühlbedarf haben, vor allem in den Städten“, so Wimmer. „Immerhin hat Wien bereits mehr Kühlgradta­ge als Rom vor 30 Jahren.“

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Getty Images Außenrollo­s wären hier effektiv, sind aber nicht immer erlaubt.

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