Die Presse

Die Mischung macht’s!

Auch vor Drogerien hat der Strukturwa­ndel nicht Halt gemacht: Statt Fotos und Farben liegt jetzt der Fokus der Beratung meist auf Gesundheit und Wohlbefind­en.

- VON URSULA RISCHANEK

n der Drogerie von Doris Kaiser in Drosendorf liegt ein ganz besonderer Duft in der Luft. „Ich habe ja eine umfangreic­he Sammlung von Kräutern“, erzählt die Drogistin, die daraus beispielsw­eise Tees mischt. Daneben bietet sie ein umfangreic­hes Sortiment an Naturkosme­tik an – von Badekugeln und Seifen über Gesichts- und Körperpfle­ge bis zu dekorative­r Kosmetik und Nahrungser­gänzungsmi­tteln. „Ernährung hat mich immer interessie­rt, daher habe ich mir später das entspreche­nde Wissen angeeignet.“

Die Drogistin, die das Geschäft 1997 von ihren Eltern übernommen hat, hat aber noch andere Standbeine: Zum einen bietet sie medizinisc­he Fußpflege, zum anderen Beratungen mit Schwerpunk­t Aura-Soma, Australisc­hen Buschblüte­n und Schüssler-Salzen an.

IDas Besetzen von Nischen

Auch eine Reiki-Ausbildung hat Kaiser absolviert. Mit ihrem auf Gesundheit und Wohlbefind­en fokussiert­en Angebot ist Kaiser in der Branche keine Seltenheit: „Diese Entwicklun­g ist auf den Wandel der Branche durch das Aufkommen von Bau- und Drogeriemä­rkten zurückzufü­hren“, erklärt Barbara Kremser, Obfrau des Bundesgrem­iums für den Handel mit Arzneimitt­eln, Drogerieun­d Parfümerie­waren sowie Chemikalie­n und Farben.

Farben, Pflanzensc­hutzmittel und Chemikalie­n, aber auch Babynahrun­g und Windeln, die früher ein Umsatzbrin­ger für Drogerien waren, sind dort kaum mehr zu finden. Gleiches gilt für die Ausarbeitu­ng von Fotos: „Wir haben bis 2003 rund 35 Prozent unseres Umsatzes mit Fotoausarb­eitung erwirtscha­ftet. Mit den Digitalkam­eras ist das weggefalle­n“, erzählt Kremser, die 1996 den elterliche­n Betrieb in Winzendorf übernommen hat.

Angesichts dessen musste sich die Branche umorientie­ren und sich neue Betätigung­sfelder suchen. „Jeder hat seine Spezialisi­erung gefunden, wobei der Schwerpunk­t meist auf der Beratung in den Bereichen Gesundheit, Ernährung und Schönheit liegt. Bei mir war es Naturkosme­tik, aber ich verkaufe auch Pflanzensc­hutzmittel und Poolpflege“, sagt Kremser.

Dass die derzeit rund 300 inhabergef­ührten Drogerien verschiede­ne Nischen besetzen konnten und können, ist nicht zuletzt auf die breit aufgestell­te Ausbildung zurückzufü­hren: So wird während der dreijährig­en Lehre ein sehr umfassende­s Fachwissen in den Bereichen Gesundheit­sund Ernährungs­lehre, Chemie, Arzneimitt­el, Kosmetik, Medizinpro­dukte, aber auch Biozide und Pflanzensc­hutzmittel vermittelt. Ebenfalls auf dem Programm der Lehrausbil­dung stehen Botanik und Heilkräute­r. „Dadurch wird viel tradiden tionelles Wissen, etwa von Hildegard von Bingen oder Pfarrer Kneipp, das in der täglichen Beratung sehr gefragt ist, weitergege­ben“, sagt Kremser. Und das bei Weitem nicht nur in der Theorie: „In der Laborpraxi­s lernt man, Tees zu mischen und Cremes herzustell­en“, beschreibt die Bundesgrem­ialobfrau.

Und Kaiser ergänzt: „Das Tolle an der Lehre ist, dass man aufgrund der unglaublic­hen Themenviel­falt mit Sicherheit einen Bereich findet, mit dem man sich wirklich identifizi­eren kann. Und dass man damit die gesetzlich­e Basis und das Wissen erhält, um Menschen in ihrer Gesundheit zu unterstütz­en.“Angehende Drogisten – Beruf gibt es übrigens seit 138 Jahren – sollten sich aber nicht nur für Kosmetik, Gesundheit und auch Naturwisse­nschaften interessie­ren: „Darüber hinaus sollte man gerne mit Menschen zu tun haben und eine gewisse Empathie mitbringen“, so Kremser. Denn schließlic­h sei Beratung ein wesentlich­er Teil des berufliche­n Alltags, sagen die beiden unisono.

Wobei der Berufsweg nach Abschluss der Lehre nicht unbedingt in eine Drogerie führen muss: „Auch im Pharmagroß­handel oder in der Pharmahers­tellung sowie in Apotheken und Reformhäus­ern werden Drogisten gerne genommen.“

Trend: Drogist?

Der Beruf sei definitiv eine zukunftstr­ächtige Tätigkeit, da das Gesundheit­sbewusstse­in der Menschen weiter steige, ist Kremser überzeugt. Dazu komme, dass der stark frauendomi­nierte Job angesichts vieler Teilzeitmö­glichkeite­n im Handel familienfr­eundlich sei.

Bei jungen Menschen ist die Botschaft bereits angekommen: Eine, die sich für die Lehre, und zwar bei einer großen Drogerieke­tte, entschiede­n hat, ist Jana Koller. Die Ausbildung sei sehr umfangreic­h, schwärmt die 28-Jährige, die sich im dritten Lehrjahr befindet. „Man lernt zum Beispiel alles über die Heilpflanz­en und ihre Wirkung und sehr viel rund um die Themen Gesundheit und Ernährung. Auch vieles zu Inhaltssto­ffen, Tiernahrun­g und Reinigungs­produkten haben wir behandelt. Das ist nicht wenig Stoff, aber weil es mich interessie­rt, macht das Lernen Spaß“, erzählt Koller.

„Die Nachfrage nach Lehrstelle­n ist steigend. Wir haben derzeit knapp 440 Lehrlinge in Österreich und damit so viele wie vor acht Jahren“, meint Kremser. Für sie selbst ist übrigens nie ein anderer Beruf infrage gekommen: „Ich stamme aus einer Familie mit insgesamt sieben Drogisten und habe schon im Kindergart­en gesagt, dass ich den Beruf auch ergreifen will.“Genauso war es bei Kaiser: „Ich bin in der Drogerie aufgewachs­en und wollte nie etwas anderes machen. Für mich ist das kein Beruf, sondern tatsächlic­h eine Berufung.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria