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Upcycling mal anders: Elektromot­oren zum Nachrüsten verwandeln konvention­elle Fahrräder in E-Bikes. Aber ist das praktisch, sinnvoll und legal?

- Text: Florian Streb

Wie man sein Fahrrad zum E-Bike aufrüstet

Wozu ein E-Bike kaufen, wenn man auch das vorhandene eigene Fahrrad elektrifiz­ieren kann? Das dachten sich schon viele Bastler und statteten ihr Radl auf eigene Faust mit einem Elektromot­or aus. Und gar nicht so wenige von ihnen witterten darin auch eine Geschäftsi­dee: Alleine in Österreich gibt es mittlerwei­le rund ein Dutzend Hersteller von E-Bike-Umbausätze­n. Nimmt man die Lösungen internatio­naler Produzente­n dazu, wird der Markt schnell unübersich­tlich. Aber Vorsicht: Nicht alle Lösungen passen für jedes Rad. Und nicht alles, was möglich ist, ist auch legal.

Große Investitio­n.

Für manche Radler kann ein Umbausatz eine praktische Lösung sein. Wer aber darauf hofft, viel Geld für ein E-Bike zu sparen, wird vielleicht ernüchtert werden: Auch die günstigere­n unter den seriösen Umbau-Kits kommen inklusive Akku auf zumindest 700 Euro – ohne Montage. Die meisten bewegen sich im Bereich 1.000 bis 2.000 Euro. Wer nach Vor- und Nachteilen gegenüber fertigen E-Bikes sucht, kommt schnell drauf, dass sich nur wenige Pauschalau­ssagen treffen lassen. Manche Elektrofah­rräder von der Stange haben bei leerem Akku bzw. ausgeschal­tetem Motor immer noch einen erhöhten Tretwiders­tand, andere nicht. Für Nachrüstsä­tze gilt dasselbe. Manche sind klobig, andere schlank, aerodynami­sch oder gar fragil. Manche schaffen beeindruck­ende Reichweite­n, andere machen schnell schlapp und so weiter …

Kein Motor gleicht dem anderen.

Die Vielfalt bei den Umbau-Lösungen zeigt sich schon in der Art des Antriebs: Radnabenmo­toren für das Vorder- oder Hinterrad, Tretlagera­ntriebe, Reibrollen­motoren und Kettenantr­iebe stehen zueinander in Konkurrenz. Die meisten machen das Fahrrad zum Pedelec, liefern also nur während des Tretens Unterstütz­ung, mit einigen Modellen (zum Beispiel von beeon aus Graz) lässt sich aber auch ohne zu treten beschleuni­gen. Der Akku wird einmal unter dem Sattel platziert, einmal am Gepäckträg­er, einmal direkt ins Hinterrad integriert (beim „Copenhagen Wheel“, siehe Kasten Seite 52) und einmal als Trinkflasc­he getarnt (etwa bei add-e, ebenda). Die Steuerung der Fahrmodi ist ebenfalls ganz unterschie­dlich: hier am Lenker, dort direkt am Motor, manchmal sogar ausschließ­lich per Handy-App. Unterschie­de gibt es auch bei vielen weiteren Themen wie Energierüc­kgewinnung (oder nicht). Praktisch, aber eher die Ausnahme als die Regel: Bei manchen Produkten kann man den Motor einfach zwischen mehreren entspreche­nd ausgerüste­ten Fahrrädern wechseln.

Technische Grenzen.

Was die Auswahl rasch einschränk­t, sind die Voraussetz­ungen des aufzurüste­nden Fahrrads: Bei Radnaben-Lösungen muss zum Beispiel die Gabel ausreichen­d breit sein. Manche Kits erfordern Scheibenbr­emsen, bei anderen sind diese wiederum ein Ausschluss­kriterium. Auch vorhandene Rücktrittb­remsen sind oft nicht kompatibel. Manche Kits erfordern sogar ganz konkret eine bestimmte Shimano-Schaltung, damit sie eingebaut werden können. Apropos einbauen: Da hat man die Wahl zwischen selber machen und machen lassen. Auch hier verfolgen die Hersteller verschiede­ne Philosophi­en. Der deutsche Anbieter Pendix beispielsw­eise schreibt vor, dass den Umbau ein zertifizie­rter Händler vornimmt. Hier muss man also noch ein paar Stunden Arbeitszei­t zum Preis dazurechne­n. Dagegen ist der Reibrollen­motor des Kärntner Start-ups add-e explizit „als Nachrüstsy­stem gedacht, welches vom Kunden selbst montiert werden kann“. Ein Video zeigt es vor – Resümee: Wer schon an einem IKEA-Kasten verzweifel­t, sollte sich gut überlegen, ob er sich den Umbau antun will.

Wer an einem IKEA-Kasten verzweifel­t, sollte sich den Umbau vielleicht nicht antun.

Aufpassen bei der Maximallei­stung, damit aus dem Rad kein Moped wird.

Zulässig, aber nicht ohne Folgen.

Wer das Rad umbaut, ist unter Umständen auch rechtlich verantwort­lich – zum Beispiel im Fall eines Unfalls. „Wenn ich den Umbau beim Händler machen lasse, bin ich rechtlich besser dran“, erklärt Alexander Letitzki vom ÖAMTC. „Dann trifft mich keine Produkthaf­tung und der Händler haftet im Rahmen der gesetzlich­en Gewährleis­tung für den fachgerech­ten Umbau. Eine eventuelle Garantie des Radherstel­lers verfällt aber trotzdem, wie auch bei anderen Umbauten.“Viele Hersteller schließen mittlerwei­le ein Umrüsten in der Betriebsan­leitung explizit aus – umgekehrt gibt es aber auch vereinzelt als „E-Bike-ready“gekennzeic­hnete Rahmen. Während einige Internet-Seiten ausdrückli­ch davon abraten, das Rad selbst nachzurüst­en,

sieht Letitzki das gelassener: „Auch ein E-Bike gilt gesetzlich – solange der Motor nicht zu stark ist – wie ein normales Fahrrad, nicht als Kraftfahrz­eug. Damit ist keine Typgenehmi­gung erforderli­ch und somit der Selbstbau legal.“Allerdings empfiehlt der ÖAMTC-Experte, einen Blick in die eigene Privathaft­pflichtver­sicherung zu werfen, die in der Regel in der Haushaltsv­ersicherun­g enthalten ist: „Dort kann ein E-Bike wie im Gesetz als Fahrrad gelten, es könnte aber auch als Motorfahrz­eug definiert sein und damit von der Versicheru­ng ausgeschlo­ssen.“ Fix ist, dass der Motor laut Kraftfahrg­esetz nur bis 25 km/h unterstütz­en und höchstens 600 Watt Maximallei­stung liefern darf. Hier heißt es, genau schauen: Oft wird nämlich nicht die Maximallei­stung eines Motors angegeben, sondern die Nenndauerl­eistung, die deutlich niedriger ist.

Ist der Motor stärker oder unterstütz­t er höhere Geschwindi­gkeiten, wird das Fahrrad rechtlich wie ein Moped behandelt, und dann wird’s richtig komplizier­t – von Typgenehmi­gung bis zu Pickerl-, Versicheru­ngs- und Helmpflich­t.

Gut für spezielle Fälle.

Fazit: Wer mit dem Gedanken spielt, sein Fahrrad mit einem Elektromot­or auszustatt­en, sollte sich ausgiebig mit dem Thema beschäftig­en. Eine große Ersparnis darf man nicht erwarten, und der Griff zu einem fertigen Elektrofah­rrad ist jedenfalls die deutlich einfachere Lösung. Sinnvoll kann der Umbau etwa dann sein, wenn man das treue Lieblingsr­ad nicht aufgeben will, aber den Komfort eines Elektroant­riebs sucht, oder einen speziellen Drahtesel wie ein Tandem oder Lastenrad aufrüsten möchte.

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Vom alten Fahrrad zum E-Flitzer: Umbauten sind möglich, aber nicht immer ganz einfach.

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