Worauf Sie beim Kauf von E-Gebrauchtwagen achten sollten
Der Gebrauchtwagenmarkt für Elektroautos ist noch überschaubar, aber es gibt ihn. Wichtiger als Dellen und Rostflecken: Wie gut ist der Akku noch?
So wirklich heiß läuft der Markt für gebrauchte Elektroautos noch lange nicht. Auf Suchplattformen wie autoscout24.at, car4you.at oder
willhaben.at machen sie ungefähr ein Prozent des Angebots aus, nirgends findet man mehr als 1.500 gebrauchte Stromer. „Elektroautos werden erst in überschaubarem Maße weiterverkauft“, sagt Thomas Hametner, Cheftechniker beim ÖAMTC. „2019 waren erst 51 Autos von unseren insgesamt 22.000 Ankaufstests elektrisch.“ Dass die Elektromobilität ein unausweichliches Zukunftsthema für Autofahrer ist, werde aber auch am Gebrauchtmarkt immer stärker zu spüren sein, glaubt Hametner. „Wir erwarten einen Anstieg, da Leasingfahrzeuge und junge Gebrauchte immer stärker in den Markt drängen. Daher werden wir ab Jänner 2020 spezielle auf die Bedürfnisse von E-Autos angepasste Ankauftstests anbieten“, sagt Hametner. Neben den üblichen Überprüfungen des Fahrwerks werden sich die ÖAMTC-Techniker besonders den Hochvoltkomponenten und der Batterie widmen: Mittels Kapazitätskontrolle wird ihr „State of Health“(SOH), also ihr Alterungsgrad, überprüft.
Wie viel Saft passt noch hinein? Die Alterung der Batterie spielt im Wertverfall eines Elektroautos eine zentrale Rolle, weil sie sich auf Ladekapazität und Reichweite auswirkt. Im SOH-Test wird die Batterie in der Werkstatt vollkommen entladen und danach wieder aufgeladen. Mittels Software wird genau gemessen, wie viel Energie aus der Batterie herauskommt und hineingeht. „Aufgrund der Messwerte können wir dann genau feststellen, wie gesund eine Batterie noch ist. Das ist vor allem dann gut zu wissen, wenn man sich außerhalb des Garantiezeitraumes befindet“, sagt Hametner. Die Hersteller von Elektroautos bieten auf den Akku in der Regel Gewährleistung von bis zu acht Jahren. Bis diese abläuft, sei man als Käufer eines gebrauchten E-Autos schon auf der sicheren Seite, so der ÖAMTC-Experte. Je näher das Ende der Gewährleistung ist, desto mehr Augenmerk sollte man der Batterieleistung schenken. Durch die Erfahrungen aus den Langzeittests seiner Techniker weiß Hametner, dass die Alterung von Batterien stark von der Anzahl der Schnellladungen abhängt – je öfter man sich an den Supercharger hängt, desto früher muss man mit Verlusten rechnen. „Wenn man sorgsam mit der Batterie umgeht, hat man länger eine Freude daran – aber auch mit schonendem Laden hat man nach acht Jahren gut 20 Prozent Leistungsverlust“, sagt Hametner.
Mit 10.000 Euro ist man dabei. Ob man mit dem Kauf von Gebrauchten noch zuwarten solle, hänge ganz vom eigenen Fahrprofil ab, so der Maschinenbauingenieur. Für Vielfahrer attraktive Modelle mit hohen Reichweiten sind noch rar, aber wer vor allem kurze Strecken fahre, könne schon jetzt einsteigen. Dabei mache es keinen Unterschied, ob man privat oder bei einem Händler kauft – „Solange die Gewährleistung läuft, kann man getrost zuschlagen.“ Das tun auch immer mehr Autokäufer. Thomas Mittermüller, Gebrauchtwagenhändler aus Hart bei Graz, ist seit acht Jahren im elektrischen Geschäft. Im Segment der gebrauchten Elektromobile zählt er heute zu den führenden Händlern österreichweit. Vorwiegend verkauft Mittermüller Modelle aus dem Hause Renault, der günstige Zoe ist der Verkaufsschlager. „Die Kunden sind besonders interessiert an den Gebrauchten im Preissegment von knapp 10.000 Euro. Die meisten wählen die
kleinere Akkuvariante, weil für sie die Reichweite von rund 150 Kilometern mehr als ausreichend ist“, sagt Mittermüller. Er bezieht für seinen Autohandelsbetrieb vor allem Leasing-Rückläufer: also Firmenfahrzeuge, die nach einigen Jahren der Nutzung wieder weitergegeben werden. Der Großteil dieser Fahrzeuge stammt aus Renaults Stammland Frankreich. Mittermüller konnte sich schon früh gute Kontakte dorthin sichern und der Konkurrenz vorauspreschen.
Mit Miet-Akku ist man sicher. Dass der Markt weiter wachsen wird, darüber besteht für den Autohändler kein Zweifel. „Kunden fragen zwar immer zuerst nach der Reichweite und Ladegeschwindigkeit, aber da muss man sich bei unseren Gebrauchten keine Sorgen machen, wir testen die Fahrzeuge auf Herz und Nieren“, sagt Mittermüller. Sowohl Akku als auch Motor werden von geschulten Mitarbeitern überprüft. Die gebrauchten Zoes verfügen laut Firmenchef in der Regel über 80 bis 100 Prozent ihrer ursprünglichen Batteriekapazität. Bei diesem Modell fällt der Zustand des Akkus zudem weniger ins Gewicht als bei anderen, denn Zoe-Fahrer kaufen die Batterie Renault nicht ab, sondern zahlen monatliche Batteriemiete von 60 Euro aufwärts. Diesen Mietvertrag muss man auch als Gebrauchtwagenkäufer weiter bedienen. Dafür bietet Renault ein Update an, falls die Kapazität unter 80 Prozent fällt, unter 75 Prozent wird die Batterie komplett getauscht.
Batterietod oft Totalschaden. Bei Elektroautos mit Kaufbatterie ist dagegen ein eingehender Status-Check vor dem Kauf unerlässlich: Wenn die Batterie auf eigene Kosten getauscht werden muss, kann es schnell sehr teuer werden. Diese Erfahrung musste etwa ein Smart-Fahrer machen, bei dessen Auto nach einigen Jahren der Akku defekt war: Ein neuer wurde ihm für 17.000 Euro angeboten – plus Mehrwertsteuer. Das ist fast schon der Neupreis des Nachfolgemodells.
„Über Reichweite und Ladedauer braucht man sich keine Sorgen zu machen. Wir testen die Autos auf Herz und Nieren.“ Thomas Mittermüller, Gebrauchtwagenhändler aus Hart bei Graz