Akku-Recycling: Ja, das geht!
Als „Sondermüll“und „tickende Zeitbomben“werden Batterien von E-Autos immer wieder bezeichnet. Aber stimmt das? ELO nimmt die Nachnutzung und Wiederverwertung von Akkus unter die Lupe.
Das Gerücht, die Batterien von E-Autos ließen sich nicht recyceln, ist so hartnäckig wie falsch. Tatsache ist, dass kein Lithium-Ionen-Akku einfach im Sondermüll landet. Nachdem er bis zu zehn Jahre im Elektroauto eingesetzt wird, geht er aber nicht direkt ins Recycling, sondern startet oft ein zweites Leben. Denn auch am Ende ihres Dienstes in einem E-Auto verfügt eine Batterie noch etwa über 70 bis 80 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität. Das ist unpraktisch, wenn man von ihr eine bestimmte Reichweite erwartet, aber völlig ausreichend, um sie für Speichersysteme zu nutzen, wie das etwa die englische Firma Powervault tut. Haupteinsatzgebiet: Heimspeicher für Besitzer von Photovoltaik-Anlagen. Gut und gerne weitere zehn Jahre sei so eine abgelegte Autobatterie als Heimspeicher nutzbar, behauptet Joe Warren, Managing Director. Die meisten Batterien, die Powervault in Heimspeichern verbaut, stammen aus Umrüstungen beim Renault Zoe, die im Zuge des Leistungssprungs von 20 auf 41 Kilowattstunden frei wurden.
Warten auf die nächste Generation.
Noch ist dieser Markt zwar klein, weil die Zahl gebrauchter Batterien übersichtlich ist und die Preise deshalb hoch sind. Aber das könnte sich schon bald ändern. So schätzt die Internationale Energieagentur, dass bis zum Jahr 2030 bereits 140 Millionen Elektroautos weltweit die Straßen befahren. Frankreich und Deutschland wollen ab 2040 Verbrennungsmotoren in neuen Fahrzeugen bereits gänzlich verbieten. Es ist also davon auszugehen, dass der Markt wächst und auch bei jedem künftigen Kapazitätssprung die alte Akku-Generation frei für den Zweitverwertungs-Markt wird. Andererseits nimmt natürlich auch die Lebensdauer der Akkus ständig zu. Powervault jedenfalls spart nach eigenen Angaben rund 30 Prozent Kosten im Vergleich zur Nutzung neuer Batterien. Bis 2020 will die Firma 50.000 Einheiten installiert haben. Allerdings gibt es auch Anbieter, die von der Verwendung alter Autobatterien absehen, weil ihnen das Risiko eines Kurzschlusses samt Überhitzung zu groß ist. Die Sonnen GmbH etwa, deutscher Marktführer für Photovoltaik-Systeme, lehnt es ab, LithiumNickel-Cobalt-Verbindungen als Heimspeicher zu verbauen. Dort setzt man ausschließlich auf Neuware. Auch andere Modelle einer sinnvollen Zweitnutzung gibt es: BMW betreibt im Leipziger Werk eine Speicherfarm für bis zu 700 BMWBatterien, in der die Windkraft aus Windkrafträdern auf dem Werksgelände gespeichert wird. Der Entsorgungsspezialist Remondis betreibt einen Batteriespeicher aus rund 1.000 Batterien. Renault setzt alte Batterien auch in Elektrobooten ein, Audi in den werkseigenen Gabelstaplern.
Lithium-Recycling zu teuer.
Was passiert mit der Batterie, wenn sie nicht mehr weitergenutzt wird? Genau damit beschäftigt sich Astrid Arnberger von der Saubermacher Dienstleistungs AG, einem Unternehmen, das sich unter anderem um das Recycling von Batterien und
Autobatterien kümmert. „Wenn die Autobatterien von den Sammelstellen kommen, werden sie zuerst in Typen eingeteilt und beschriftet“, erzählt die Projektmanagerin für Forschung & Entwicklung. „Dann öffnen wir die Batterie und entladen sie tief.“Eine Sicherheitsmaßnahme, denn die Zellen sind im geladenen Zustand sehr reaktiv. „Je höher der Ladegrad ist, desto reaktiver sind die Batterien und umso schwieriger und risikoreicher ist das nachfolgende Handling.“Der rückgewonnene Strom wird sodann ins Betriebsnetz eingespeist. Danach folgt die Demontage auf Modulebene. Das äußere Gehäuse aus Kunststoff sowie elektronische Bauteile werden entfernt und separat einem Recycling zugeführt. Das Zerlegen in einzelne Module dauere je nach Komplexität unterschiedlich lang, so Arnberger. Problematisch seien die mitunter sehr aufwendigen Verpackungen. „Oft braucht man eine Stunde, bis man die Batterien aus den Verpackungen bekommt.“Nach der Demontage werden die Batterien deaktiviert und im Anschluss mechanisch aufbereitet. In dem Recyclingprozess werden Aluminium, Stahl, Kupfer, Nickel und Kobalt rückgewonnen. Eine weitere Herausforderung ist die große Bandbreite an Batterien. Das werde sich auch in naher Zukunft kaum ändern, denn „selbst die Vereinheitlichungen, die jetzt beschlossen werden, werden sich bei der langen Lebensdauer der Batterien erst in mehr als einem Jahrzehnt auswirken.“Ob das Recycling wirtschaftlich ist, hängt von der Komplexität der Batterie bzw. des Akkus und der Entwicklung der Wertstoffpreise ab. Der niedrige Lithium-Preis ist dabei nicht förderlich. „Derzeit ist es kostengünstiger, neues Lithium neu zu kaufen, als altes in jener Qualität aufzubereiten, die die Industrie benötigt.“Anders bei Kobalt, das höher gehandelt wird. „Je mehr Kobalt in einer Batterie enthalten ist, desto günstiger ist das für das Recycling.“Allerdings werde in den Batterien immer weniger Kobalt verbaut, erzählt Arnberger. Wenn das Lithium nicht recycelt wird, geht es in die oxydische Form über, in Schlacken und Stäube. Diese Reststoffe müssen fachgerecht entsorgt werden.
Mangel an alten Akkus. Die Recycling-Prozesse für Autobatterien, darin sind sich die Experten einig, befinden sich noch in einem Frühstadium. Bislang gab es für Recycling-Unternehmen einfach zu wenige Batterien, um daraus einen erfolgversprechenden Business-Case zu entwickeln, bringt es Marcus Jahn, Senior Research Engineer für Batterie-Technologie beim AIT Austrian Institute of Technology, auf den Punkt. „Und für die Batterie-Hersteller war das Ende der Lebensdauer zu weit entfernt, um sich darüber Gedanken zu machen.“Aber weil die Technologie so rasch voranschreite und die E-Mobilität nur schwer aufzuhalten sei, sei die Beschäftigung mit dem Recycling sehr, sehr dringend, so Jahn. In der Tat könnten aktuellen Schätzungen zufolge schon bis 2020 weltweit mehr als 100.000 Tonnen an Altbatterien allein aus Elektroautos anfallen. Tendenz steigend.
Eco-Design und politische Verantwortung. Vor allem gelte es, den Betreibern von Recycling-Anlagen ihre Arbeit leichter zu machen, sagt Jahn. „In vielen Fällen werden die einzelnen Module verklebt und verschweißt, was
es schwierig macht, sie nachher voneinander zu trennen. Zerstörungsfrei ist das teilweise unmöglich.“Deshalb gelte es schon beim Design der Batterien darauf Bedacht zu nehmen, dass die Batterien leichter zu recyceln sind. Das AIT ist gleich an mehreren EU-Projekten beteiligt, bei denen es um sinnvolles Eco-Design geht, z. B. „3beLiEVe“und „SenSe“. Derzeit beschäftige man sich auch mit der Frage, ob es überhaupt sinnvoll sei, sich beim Recycling nur auf die einzelnen Metalle zu beschränken. Es gibt Forschungsansätze, das komplette Kathodenmaterial zurückzugewinnen und es wieder als Batterie zu nutzen. Derzeit sei man sich aber noch nicht einig, wie einfach oder schwer es ist, den entsprechenden Reinheitsgrad zu erreichen. Die Frage, ob es ökonomisch Sinn macht, die Materialien zurückzugewinnen, müsse man derzeit schlicht und ergreifend mit Nein beantworten. Deshalb, so Jahn, sei die Politik gefordert. „Es gilt zu klären, wer in die Verantwortung genommen wird. Dann wird auch schnell ökonomisch ein Schuh daraus.“In der EU gibt es bereits vorgeschriebene Recyclingquoten, allerdings müssen nur 50 Prozent des Materials einer E-Auto-Batterie wiederverwertet werden. Experten rechnen aber damit, dass bald höhere Quoten eingeführt werden. Im Sinne der Circular Economy seien aber auch die Herstellungsprozesse, was ihre CO2-Bilanz angeht, verbesserungswürdig, so Jahn. Aber das ist ein anderes Thema.