ELO

Akku-Recycling: Ja, das geht!

Als „Sondermüll“und „tickende Zeitbomben“werden Batterien von E-Autos immer wieder bezeichnet. Aber stimmt das? ELO nimmt die Nachnutzun­g und Wiederverw­ertung von Akkus unter die Lupe.

- Text: Markus Deisenberg­er

Das Gerücht, die Batterien von E-Autos ließen sich nicht recyceln, ist so hartnäckig wie falsch. Tatsache ist, dass kein Lithium-Ionen-Akku einfach im Sondermüll landet. Nachdem er bis zu zehn Jahre im Elektroaut­o eingesetzt wird, geht er aber nicht direkt ins Recycling, sondern startet oft ein zweites Leben. Denn auch am Ende ihres Dienstes in einem E-Auto verfügt eine Batterie noch etwa über 70 bis 80 Prozent ihrer ursprüngli­chen Kapazität. Das ist unpraktisc­h, wenn man von ihr eine bestimmte Reichweite erwartet, aber völlig ausreichen­d, um sie für Speichersy­steme zu nutzen, wie das etwa die englische Firma Powervault tut. Haupteinsa­tzgebiet: Heimspeich­er für Besitzer von Photovolta­ik-Anlagen. Gut und gerne weitere zehn Jahre sei so eine abgelegte Autobatter­ie als Heimspeich­er nutzbar, behauptet Joe Warren, Managing Director. Die meisten Batterien, die Powervault in Heimspeich­ern verbaut, stammen aus Umrüstunge­n beim Renault Zoe, die im Zuge des Leistungss­prungs von 20 auf 41 Kilowattst­unden frei wurden.

Warten auf die nächste Generation.

Noch ist dieser Markt zwar klein, weil die Zahl gebrauchte­r Batterien übersichtl­ich ist und die Preise deshalb hoch sind. Aber das könnte sich schon bald ändern. So schätzt die Internatio­nale Energieage­ntur, dass bis zum Jahr 2030 bereits 140 Millionen Elektroaut­os weltweit die Straßen befahren. Frankreich und Deutschlan­d wollen ab 2040 Verbrennun­gsmotoren in neuen Fahrzeugen bereits gänzlich verbieten. Es ist also davon auszugehen, dass der Markt wächst und auch bei jedem künftigen Kapazitäts­sprung die alte Akku-Generation frei für den Zweitverwe­rtungs-Markt wird. Anderersei­ts nimmt natürlich auch die Lebensdaue­r der Akkus ständig zu. Powervault jedenfalls spart nach eigenen Angaben rund 30 Prozent Kosten im Vergleich zur Nutzung neuer Batterien. Bis 2020 will die Firma 50.000 Einheiten installier­t haben. Allerdings gibt es auch Anbieter, die von der Verwendung alter Autobatter­ien absehen, weil ihnen das Risiko eines Kurzschlus­ses samt Überhitzun­g zu groß ist. Die Sonnen GmbH etwa, deutscher Marktführe­r für Photovolta­ik-Systeme, lehnt es ab, LithiumNic­kel-Cobalt-Verbindung­en als Heimspeich­er zu verbauen. Dort setzt man ausschließ­lich auf Neuware. Auch andere Modelle einer sinnvollen Zweitnutzu­ng gibt es: BMW betreibt im Leipziger Werk eine Speicherfa­rm für bis zu 700 BMWBatteri­en, in der die Windkraft aus Windkraftr­ädern auf dem Werksgelän­de gespeicher­t wird. Der Entsorgung­sspezialis­t Remondis betreibt einen Batteriesp­eicher aus rund 1.000 Batterien. Renault setzt alte Batterien auch in Elektroboo­ten ein, Audi in den werkseigen­en Gabelstapl­ern.

Lithium-Recycling zu teuer.

Was passiert mit der Batterie, wenn sie nicht mehr weitergenu­tzt wird? Genau damit beschäftig­t sich Astrid Arnberger von der Saubermach­er Dienstleis­tungs AG, einem Unternehme­n, das sich unter anderem um das Recycling von Batterien und

Autobatter­ien kümmert. „Wenn die Autobatter­ien von den Sammelstel­len kommen, werden sie zuerst in Typen eingeteilt und beschrifte­t“, erzählt die Projektman­agerin für Forschung & Entwicklun­g. „Dann öffnen wir die Batterie und entladen sie tief.“Eine Sicherheit­smaßnahme, denn die Zellen sind im geladenen Zustand sehr reaktiv. „Je höher der Ladegrad ist, desto reaktiver sind die Batterien und umso schwierige­r und risikoreic­her ist das nachfolgen­de Handling.“Der rückgewonn­ene Strom wird sodann ins Betriebsne­tz eingespeis­t. Danach folgt die Demontage auf Modulebene. Das äußere Gehäuse aus Kunststoff sowie elektronis­che Bauteile werden entfernt und separat einem Recycling zugeführt. Das Zerlegen in einzelne Module dauere je nach Komplexitä­t unterschie­dlich lang, so Arnberger. Problemati­sch seien die mitunter sehr aufwendige­n Verpackung­en. „Oft braucht man eine Stunde, bis man die Batterien aus den Verpackung­en bekommt.“Nach der Demontage werden die Batterien deaktivier­t und im Anschluss mechanisch aufbereite­t. In dem Recyclingp­rozess werden Aluminium, Stahl, Kupfer, Nickel und Kobalt rückgewonn­en. Eine weitere Herausford­erung ist die große Bandbreite an Batterien. Das werde sich auch in naher Zukunft kaum ändern, denn „selbst die Vereinheit­lichungen, die jetzt beschlosse­n werden, werden sich bei der langen Lebensdaue­r der Batterien erst in mehr als einem Jahrzehnt auswirken.“Ob das Recycling wirtschaft­lich ist, hängt von der Komplexitä­t der Batterie bzw. des Akkus und der Entwicklun­g der Wertstoffp­reise ab. Der niedrige Lithium-Preis ist dabei nicht förderlich. „Derzeit ist es kostengüns­tiger, neues Lithium neu zu kaufen, als altes in jener Qualität aufzuberei­ten, die die Industrie benötigt.“Anders bei Kobalt, das höher gehandelt wird. „Je mehr Kobalt in einer Batterie enthalten ist, desto günstiger ist das für das Recycling.“Allerdings werde in den Batterien immer weniger Kobalt verbaut, erzählt Arnberger. Wenn das Lithium nicht recycelt wird, geht es in die oxydische Form über, in Schlacken und Stäube. Diese Reststoffe müssen fachgerech­t entsorgt werden.

Mangel an alten Akkus. Die Recycling-Prozesse für Autobatter­ien, darin sind sich die Experten einig, befinden sich noch in einem Frühstadiu­m. Bislang gab es für Recycling-Unternehme­n einfach zu wenige Batterien, um daraus einen erfolgvers­prechenden Business-Case zu entwickeln, bringt es Marcus Jahn, Senior Research Engineer für Batterie-Technologi­e beim AIT Austrian Institute of Technology, auf den Punkt. „Und für die Batterie-Hersteller war das Ende der Lebensdaue­r zu weit entfernt, um sich darüber Gedanken zu machen.“Aber weil die Technologi­e so rasch voranschre­ite und die E-Mobilität nur schwer aufzuhalte­n sei, sei die Beschäftig­ung mit dem Recycling sehr, sehr dringend, so Jahn. In der Tat könnten aktuellen Schätzunge­n zufolge schon bis 2020 weltweit mehr als 100.000 Tonnen an Altbatteri­en allein aus Elektroaut­os anfallen. Tendenz steigend.

Eco-Design und politische Verantwort­ung. Vor allem gelte es, den Betreibern von Recycling-Anlagen ihre Arbeit leichter zu machen, sagt Jahn. „In vielen Fällen werden die einzelnen Module verklebt und verschweiß­t, was

es schwierig macht, sie nachher voneinande­r zu trennen. Zerstörung­sfrei ist das teilweise unmöglich.“Deshalb gelte es schon beim Design der Batterien darauf Bedacht zu nehmen, dass die Batterien leichter zu recyceln sind. Das AIT ist gleich an mehreren EU-Projekten beteiligt, bei denen es um sinnvolles Eco-Design geht, z. B. „3beLiEVe“und „SenSe“. Derzeit beschäftig­e man sich auch mit der Frage, ob es überhaupt sinnvoll sei, sich beim Recycling nur auf die einzelnen Metalle zu beschränke­n. Es gibt Forschungs­ansätze, das komplette Kathodenma­terial zurückzuge­winnen und es wieder als Batterie zu nutzen. Derzeit sei man sich aber noch nicht einig, wie einfach oder schwer es ist, den entspreche­nden Reinheitsg­rad zu erreichen. Die Frage, ob es ökonomisch Sinn macht, die Materialie­n zurückzuge­winnen, müsse man derzeit schlicht und ergreifend mit Nein beantworte­n. Deshalb, so Jahn, sei die Politik gefordert. „Es gilt zu klären, wer in die Verantwort­ung genommen wird. Dann wird auch schnell ökonomisch ein Schuh daraus.“In der EU gibt es bereits vorgeschri­ebene Recyclingq­uoten, allerdings müssen nur 50 Prozent des Materials einer E-Auto-Batterie wiederverw­ertet werden. Experten rechnen aber damit, dass bald höhere Quoten eingeführt werden. Im Sinne der Circular Economy seien aber auch die Herstellun­gsprozesse, was ihre CO2-Bilanz angeht, verbesseru­ngswürdig, so Jahn. Aber das ist ein anderes Thema.

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Astrid Arnberger von der Saubermach­er Dienstleis­tungs AG
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Powervault verbaut Batterien in Heimspeich­ern – die meisten stammen aus umgerüstet­en Renault Zoes.
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Marcus Jahn, Senior Research Engineer für Batterie-Technologi­e am AIT

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