»Die eigenen vier Wände werden für die nächsten Jahre das Maß aller Dinge sein.«
Ruhige Farbwelten, geschwungene Linien, multifunktionale Möbel und dann auch noch die 1980er-Jahre. 2021 nimmt auf allen Ebenen Druck raus und setzt auf Gemütlichkeit und Spannung.
Prognosen die Zukunft betreffend zu erstellen, ist ein zweischneidiges Schwert. Liegt man richtig, gibt’s Jahre später noch Applaus. Umgekehrt sorgen Analysen, die ins Nirgendwo hinein prophezeit wurden, für große Erheiterung, Spott und Schadenfreude. Charlie Chaplin war anfangs überzeugt, dass das Kino lediglich eine Modeerscheinung sei, die sich nie gegen echte Theaterbühnen durchsetzen würde. Nobelpreisträger Paul Krugman soll gesagt haben, dass das Internet ähnlich viel Einfluss auf die Wirtschaft haben werde wie das Faxgerät – also einen eher gegen null tendierenden. Und Steve Ballmer, in den Nullerjahren Microsoft-Chef und einer der mächtigsten Manager der
Welt, bescheinigte einst dem iPhone äußerst geringe Erfolgschancen.
Der Blick in eine nähere Zukunft ist – ein bisschen – einfacher. Schließlich gibt es Tendenzen und Indizien, die sich verdichten lassen. Zumindest im Wohn- und InterieurBereich. Kein reines Kaffeesudlesen, aber dennoch ein Drahtseilakt, der gewisse Restrisiken birgt, sich die Finger zu verbrennen. Was, wenn sich der Megatrend als Rohrkrepierer erweist? Oder eine kleine Nischenerscheinung, der null Bedeutung beigemessen wurde, zum Mainstream-Hit wird?
MALSTUNDE
Als sichere Bank bei Trendvorschauen gelten seit jeher die Farben, die in der kommenden Saison wichtig sind. Einschlägig bekannte Unternehmen ermitteln sie üblicherweise mit
Branchenexperten und postulieren sie
dann zeitnah zum bevorstehenden Jahreswechsel. Für 2021 lässt sich in dieser Hinsicht eine deutliche Richtung erkennen.
Erdige, aber ruhige Töne werden angeschlagen. Nicht zu kräftig, nicht zu schwach. Vor allem auf Grün mit hohem Grauanteil und Beige mit sichtbarem Braun- und Grauanteil konnte man sich einigen. Man merkt: Grau ist nicht nur alle Theorie, sondern auch die Hintergrundkomponente der Farbtrends im nächsten Jahr. Allerdings nicht nur. Man darf auch Akzente setzen. Am besten mit edlem Aubergine, das nicht zu dunkel und nicht grell sein sollte – gerne auch in Kombination mit floralen Mustern. Denn die Idee, sich mit Farben, Mustern und Formen Natur in den Wohnraum zu holen, wird weiterhin verfolgt.
Das kommt nicht aus dem Nichts. »Gerade Städter, denen ein Stück Natur ja aufgrund des nicht vorhandenen Gartens, Balkons oder Terrasse fehlt, sehnen sich danach«, erklärt Sabrina Haindl. Sie leitet das preisgekrönte Unternehmen uniek/innenarchitektur und ist Jurorin beim Austrian Interior Design Award, der nächstes Jahr im Frühling vergeben wird. Sie weiß auch, dass Natur beim Wohnen nicht bei der Farbwahl aufhört. »Wir gehen weg von Kanten und Ecken. Es war jetzt alles lange genug ›aalglatt‹. In der Natur wächst auch nicht alles gerade, sondern hat eigene Formen.«
DEN BOGEN RAUSHABEN
Diese Tendenz hat sich schon länger abgezeichnet. Jetzt werden Designs zusehends runder, geschwungener, kurviger – bei Sofas und Polstermöbeln, Stühlen oder natürlich Accessoires. »Vielleicht ist es das Verlangen nach Harmonie und Geborgenheit«, meint
Schau mich an
Die Keramik-Vase mit abstraktem Lineart-Design passt perfekt in die farblichen Vorgaben für 2021: ruhig, neutral, erdig. beaumonde.co.uk
Tranquilizer
Die kräftige Farbe »Urban Bronze« mit ihren grauen Untertönen hat etwas Beruhigendes an sich. www.sherwin-williams.com
dazu Robert Blaschke vom Salzburger Architektur und Designbüro Raumbau Architekten und erinnert sich: »Ich weiß nicht, warum Rundungen so lange verpönt waren. Ich verwende sie schon lange wieder. Etwa bei unserem Küchenblock ›T1‹, den wir bereits vor sechs Jahren mit Starkoch Roland Trettl für Lohberger entworfen haben.«
Das Runde schlägt also das Eckige. Zudem greifen Ideen wie diese oder eben auch die (Wieder)Entdeckung der Natürlichkeit in andere DesignBereiche über. Einmal einen Trend geortet, schärft das natürlich die subjektive Wahrnehmung, und er ist plötzlich überall.
Bei der Wahl der Materialien etwa: »Das Haptische wird immer wichtiger. Man will sich ›festhalten‹ und etwas Robustes und Stabiles in der Hand haben«, analysiert Sabrina Haindl. Das erklärt auch den momentan verstärkten Einsatz von Keramik, Beton,