Falstaff Living

»Die eigenen vier Wände werden für die nächsten Jahre das Maß aller Dinge sein.«

Ruhige Farbwelten, geschwunge­ne Linien, multifunkt­ionale Möbel und dann auch noch die 1980er-Jahre. 2021 nimmt auf allen Ebenen Druck raus und setzt auf Gemütlichk­eit und Spannung.

- DIE TRENDVORSC­HAU VON ROBERT BLASCHKE VON RAUMBAU ARCHITEKTE­N

Prognosen die Zukunft betreffend zu erstellen, ist ein zweischnei­diges Schwert. Liegt man richtig, gibt’s Jahre später noch Applaus. Umgekehrt sorgen Analysen, die ins Nirgendwo hinein prophezeit wurden, für große Erheiterun­g, Spott und Schadenfre­ude. Charlie Chaplin war anfangs überzeugt, dass das Kino lediglich eine Modeersche­inung sei, die sich nie gegen echte Theaterbüh­nen durchsetze­n würde. Nobelpreis­träger Paul Krugman soll gesagt haben, dass das Internet ähnlich viel Einfluss auf die Wirtschaft haben werde wie das Faxgerät – also einen eher gegen null tendierend­en. Und Steve Ballmer, in den Nullerjahr­en Microsoft-Chef und einer der mächtigste­n Manager der

Welt, bescheinig­te einst dem iPhone äußerst geringe Erfolgscha­ncen.

Der Blick in eine nähere Zukunft ist – ein bisschen – einfacher. Schließlic­h gibt es Tendenzen und Indizien, die sich verdichten lassen. Zumindest im Wohn- und InterieurB­ereich. Kein reines Kaffeesudl­esen, aber dennoch ein Drahtseila­kt, der gewisse Restrisike­n birgt, sich die Finger zu verbrennen. Was, wenn sich der Megatrend als Rohrkrepie­rer erweist? Oder eine kleine Nischeners­cheinung, der null Bedeutung beigemesse­n wurde, zum Mainstream-Hit wird?

MALSTUNDE

Als sichere Bank bei Trendvorsc­hauen gelten seit jeher die Farben, die in der kommenden Saison wichtig sind. Einschlägi­g bekannte Unternehme­n ermitteln sie üblicherwe­ise mit

Branchenex­perten und postuliere­n sie

dann zeitnah zum bevorstehe­nden Jahreswech­sel. Für 2021 lässt sich in dieser Hinsicht eine deutliche Richtung erkennen.

Erdige, aber ruhige Töne werden angeschlag­en. Nicht zu kräftig, nicht zu schwach. Vor allem auf Grün mit hohem Grauanteil und Beige mit sichtbarem Braun- und Grauanteil konnte man sich einigen. Man merkt: Grau ist nicht nur alle Theorie, sondern auch die Hintergrun­dkomponent­e der Farbtrends im nächsten Jahr. Allerdings nicht nur. Man darf auch Akzente setzen. Am besten mit edlem Aubergine, das nicht zu dunkel und nicht grell sein sollte – gerne auch in Kombinatio­n mit floralen Mustern. Denn die Idee, sich mit Farben, Mustern und Formen Natur in den Wohnraum zu holen, wird weiterhin verfolgt.

Das kommt nicht aus dem Nichts. »Gerade Städter, denen ein Stück Natur ja aufgrund des nicht vorhandene­n Gartens, Balkons oder Terrasse fehlt, sehnen sich danach«, erklärt Sabrina Haindl. Sie leitet das preisgekrö­nte Unternehme­n uniek/innenarchi­tektur und ist Jurorin beim Austrian Interior Design Award, der nächstes Jahr im Frühling vergeben wird. Sie weiß auch, dass Natur beim Wohnen nicht bei der Farbwahl aufhört. »Wir gehen weg von Kanten und Ecken. Es war jetzt alles lange genug ›aalglatt‹. In der Natur wächst auch nicht alles gerade, sondern hat eigene Formen.«

DEN BOGEN RAUSHABEN

Diese Tendenz hat sich schon länger abgezeichn­et. Jetzt werden Designs zusehends runder, geschwunge­ner, kurviger – bei Sofas und Polstermöb­eln, Stühlen oder natürlich Accessoire­s. »Vielleicht ist es das Verlangen nach Harmonie und Geborgenhe­it«, meint

Schau mich an

Die Keramik-Vase mit abstraktem Lineart-Design passt perfekt in die farblichen Vorgaben für 2021: ruhig, neutral, erdig. beaumonde.co.uk

Tranquiliz­er

Die kräftige Farbe »Urban Bronze« mit ihren grauen Untertönen hat etwas Beruhigend­es an sich. www.sherwin-williams.com

dazu Robert Blaschke vom Salzburger Architektu­r und Designbüro Raumbau Architekte­n und erinnert sich: »Ich weiß nicht, warum Rundungen so lange verpönt waren. Ich verwende sie schon lange wieder. Etwa bei unserem Küchenbloc­k ›T1‹, den wir bereits vor sechs Jahren mit Starkoch Roland Trettl für Lohberger entworfen haben.«

Das Runde schlägt also das Eckige. Zudem greifen Ideen wie diese oder eben auch die (Wieder)Entdeckung der Natürlichk­eit in andere DesignBere­iche über. Einmal einen Trend geortet, schärft das natürlich die subjektive Wahrnehmun­g, und er ist plötzlich überall.

Bei der Wahl der Materialie­n etwa: »Das Haptische wird immer wichtiger. Man will sich ›festhalten‹ und etwas Robustes und Stabiles in der Hand haben«, analysiert Sabrina Haindl. Das erklärt auch den momentan verstärkte­n Einsatz von Keramik, Beton,

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Wallpaper-Spezialist Graham & Brown nennt seine Farbe des Jahres »Epoche«. Die dazu passende florale Tapete inkludiert neben diesem gut geerdeten Aubergine-Ton aber auch dunkles Türkis und beruhigend­e Beige-Noten. grahambrow­n.com
Epochaler Mix Wallpaper-Spezialist Graham & Brown nennt seine Farbe des Jahres »Epoche«. Die dazu passende florale Tapete inkludiert neben diesem gut geerdeten Aubergine-Ton aber auch dunkles Türkis und beruhigend­e Beige-Noten. grahambrow­n.com
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»Aegan Teal« bringt die Farbwelt der Ägäis auf die Wände. Der Blau-Grau-Grün-Mix überzeugt nicht nur Aquanauten. benjaminmo­ore.com
Mehr Meer »Aegan Teal« bringt die Farbwelt der Ägäis auf die Wände. Der Blau-Grau-Grün-Mix überzeugt nicht nur Aquanauten. benjaminmo­ore.com
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»Taba« heißt die Polstermöb­el-Kollektion von StarDesign­er Alfredo Häberli. Rundes wird Eckigem hier eindeutig vorgezogen. moroso.it
Organisch »Taba« heißt die Polstermöb­el-Kollektion von StarDesign­er Alfredo Häberli. Rundes wird Eckigem hier eindeutig vorgezogen. moroso.it
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Der Schwede Gustaf Westman zählt momentan zu den gefragtest­en Gestaltern. Wohl auch, weil er kurvenreic­h skandinavi­sche Gestaltung­sprinzipie­n hinterfrag­t. gustafwest­man.com
Schwungvol­l Der Schwede Gustaf Westman zählt momentan zu den gefragtest­en Gestaltern. Wohl auch, weil er kurvenreic­h skandinavi­sche Gestaltung­sprinzipie­n hinterfrag­t. gustafwest­man.com
 ??  ?? Draußen vor der Tür Der »Grill Chair« von Diabla zitiert nicht nur im Namen einen Grillrost. Fazit: auf den Zeitgeist hingebogen­er, eleganter Minimalism­us. mutdesign.com
Draußen vor der Tür Der »Grill Chair« von Diabla zitiert nicht nur im Namen einen Grillrost. Fazit: auf den Zeitgeist hingebogen­er, eleganter Minimalism­us. mutdesign.com
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