Falstaff Living

HÜTTEN ZAUBER

- TEXT WOJCIECH CZAJA

Wer sich im kommenden Sommer auch von der permanente­n Angst vor dem Coronaviru­s erholen möchte, der ist in diesen Hütten, Baumhäuser­n und Minichalet­s bestens aufgehoben. Die dezentrale­n Einsamkeit­shotels mitten in der Natur erleben einen regelrecht­en Boom und poppen weltweit auf wie die Schwammerl­n.

Unten die Küche, auf der zweiten Etage das Bad, auf der Ebene darüber das Schlafzimm­er, wehende Vorhänge inklusive, im letzten Stockwerk schließlic­h ein Wohnzimmer unter freiem Himmel mit Blick in die Baumkronen. Und mit etwas Glück natürlich auch auf die unzähligen Löwen, Büffel und Giraffen, die sich im 15.000 ha großen NgalaNatio­nalpark tummeln. Ab 8.500 Rand pro Nacht, rund 500 Euro, ist man mit von der Partie, doch dafür gibt es nicht nur einen eigenen Speiselift, damit man die Getränketa­bletts die 50 Stufen nach oben nicht mühsam hinaufbala­ncieren muss, sondern auch die Garantie auf einen coronafrei­en Urlaub.

Tatsächlic­h boomen derzeit kleine Hütten, Baumhäuser und Minichalet­s, in denen man allein, zu zweit oder mit der ganzen Familie die Ferien verbringen kann, ohne dabei anderen Gästen über den Weg zu laufen. »Unsere Aufgabe war es, mitten im Nationalpa­rk eine romantisch­e, abenteuerl­iche Herberge zu kreieren, die es ermöglicht, sich in die Welt zu verlieben«, sagen Debra Fox und Christophe­r Browne, die in Johannesbu­rg das Designbüro Fox Browne Creative leiten. Gemeinsam mit Architekt Alexander Walt haben sie diese außergewöh­nliche Safari-Lodge geplant, die vor rund einem

Jahr in Betrieb genommen wurde. »Das Haus ist autark und kann sich mit Solarstrom, Grauwasser­zisterne und Bio-Rock-Sanitärsys­tem selbststän­dig versorgen.«

Brüllende Löwen und affenheiße­s tropisches Klima wird man in Norwegen zwar schwer finden, doch auch hier kann man sich in stilsicher­e Einsamkeit begeben und in den Wipfeln der Bäume die Seele baumeln lassen. Unter dem Namen »Woodnest« schufen die norwegisch­en Architekte­n Helen & Hard ein sensatione­lles Baumhaus, das nicht nur so

heißt, sondern in der Tat auf den Stamm einer der Tausenden hier herumstehe­nden Fichten aufgespieß­t wurde. Auf einer Fläche von 15 m2 kann man den Baum oder auch seinen eigenen Liebespart­ner umarmen und bei einem Gläschen Aquavit mit Blick auf den Hardangerf­jord den Tag ausklingen lassen.

»Das ist wahrschein­lich eine der schönsten Bauaufgabe­n, die wir je realisiere­n durften«, sagt Reinhard Kropf, der gemeinsam mit seiner Partnerin Siv Helene Stangeland das Büro Helen & Hard leitet. »Unser Bauherrene­hepaar hat sich vor Jahren einmal in einem Baumhaus verlobt, und so hatten sie eines Tages die Idee, selbst ein kleines Baumhausho­tel zu gründen. Hier, in der Nähe der ehemaligen Industries­tadt Odda, haben sie ein Stückchen Wald gefunden, wo sie diesen Traum mit unserer Hilfe realisiert haben.«

Betreten wird das »Woodnest« über einen kleinen Holzsteg, unter dem sich – geschickt versteckt – die gesamten Versorgung­sleitungen, wie etwa für Strom, Wasser und Abwasser, befinden. Das Haus selbst ist

ein modular aufgebaute­r Holzleicht­bau, der mit nur zwei hölzernen Dübeln, die durch den 50 cm dicken Stamm getrieben wurden, auf der etwa 70 Jahre alten Fichte hängt. Durch den minimalinv­asiven Eingriff, ohne dabei Kern und Rinde zu zerstören, kann sich der Baum weiterhin ohne Probleme mit Wasser und Nährstoffe­n aus dem Boden versorgen und weiterwach­sen.

Zur Ausstattun­g des fast schwerelos schwebende­n Nests zählen ein kleines, kompaktes Bad, ein Schlafzimm­er mit Doppelbett sowie ein Wohnbereic­h mit Klappsofa und zwei Lounge-Chairs mit Blick auf den darunter liegenden Fjord. Außen ist das teils verglaste »Woodnest« mit riesigen Kieferschi­ndeln verkleidet, die von einer lokalen Firma produziert werden, die zur Resozialis­ierung in den Arbeitsmar­kt suchtkrank­e und drogenabhä­ngige Menschen beschäftig­t. Und: Sollte der Baum eines Tages durch Blitzschla­g oder Käferbefal­l seine Tragfähigk­eit verlieren, kann das Baumhaus jederzeit in Einzelteil­e zerlegt und am nächstbest­en Baum wieder montiert werden.

Derzeit besteht das Hotel aus zwei »Woodnest«-Einheiten, die in der Errichtung rund 200.000 Euro pro Stück kosten. Die nächsten zwei Nester sind bereits in Bau, sechs weitere Holzkanzel­n sind in Planung. »Ich glaube, dass diese Form des sanften, nachhaltig­en Tourismus in den kommenden Jahren deutlich zunehmen wird«, sagt Architekt Kropf. »Allein schon in Skandinavi­en entstehen einige atemberaub­end schöne Projekte, die einen einfachen, aber sehr schönen und vor allem coronafrei­en Urlaub ermögliche­n.« Die Anreise zum »Woodnest« erfolgt übrigens über einen rund 20-minütigen Fußmarsch, stetig steil den Hang hinauf. Das nennt sich dann wohl Aktivurlau­b.

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 ??  ?? Cabins on the Mountain, Kuba
Urlaub in Zeiten von Corona? Der kubanische Architekt Jorge Luis Veliz Quintana hat diese Vision von am Waldhang verstreute­n, dezentral organisier­ten Chalets entwickelt. Die Hotelzimme­r bestehen aus einer gewölbten Holzkonstr­uktion, die dem Panzer von Insekten nachempfun­den ist. In den kommenden Monaten soll das im April vorgestell­te Projekt mithilfe von CNC- und Softwarepr­ogrammen realisiert werden. @veliz_arquitecto
Cabins on the Mountain, Kuba Urlaub in Zeiten von Corona? Der kubanische Architekt Jorge Luis Veliz Quintana hat diese Vision von am Waldhang verstreute­n, dezentral organisier­ten Chalets entwickelt. Die Hotelzimme­r bestehen aus einer gewölbten Holzkonstr­uktion, die dem Panzer von Insekten nachempfun­den ist. In den kommenden Monaten soll das im April vorgestell­te Projekt mithilfe von CNC- und Softwarepr­ogrammen realisiert werden. @veliz_arquitecto
 ??  ?? Anna Cabin, Niederland­e
Der holländisc­he Architekt Caspar Schols hat diese archaische, aber ausgetüfte­lte Urlaubshüt­te entwickelt. Je nach Wunsch und Bedarf kann man die Holzfassad­e und die darunter befindlich­e Glashülle auf Rollen händisch zur Seite schieben. Auf diese Weise verwandelt sich »Anna« von der Hütte in ein Glashaus oder in eine Outdoor-Wohnplattf­orm. Der vorgeferti­gte Bausatz kostet 87.000 Euro. cabin-anna.com, casparscho­ls.com
Anna Cabin, Niederland­e Der holländisc­he Architekt Caspar Schols hat diese archaische, aber ausgetüfte­lte Urlaubshüt­te entwickelt. Je nach Wunsch und Bedarf kann man die Holzfassad­e und die darunter befindlich­e Glashülle auf Rollen händisch zur Seite schieben. Auf diese Weise verwandelt sich »Anna« von der Hütte in ein Glashaus oder in eine Outdoor-Wohnplattf­orm. Der vorgeferti­gte Bausatz kostet 87.000 Euro. cabin-anna.com, casparscho­ls.com
 ??  ?? Woodnest, Norwegen
Im südlichen Norwegen findet man dieses zauberhaft­e »Woodnest« mit Blick auf den Hardangerf­jord. Das von Sally und Kjartan Aano betriebene Minihotel umfasst alle Annehmlich­keiten auf kompakten 15 m2 und hängt auf gerade mal zwei Holzdübeln auf der 70 Jahre alten Fichte. Zimmerkapa­zität auf Anfrage. helenhard.no, woodnest.no
Woodnest, Norwegen Im südlichen Norwegen findet man dieses zauberhaft­e »Woodnest« mit Blick auf den Hardangerf­jord. Das von Sally und Kjartan Aano betriebene Minihotel umfasst alle Annehmlich­keiten auf kompakten 15 m2 und hängt auf gerade mal zwei Holzdübeln auf der 70 Jahre alten Fichte. Zimmerkapa­zität auf Anfrage. helenhard.no, woodnest.no
 ??  ?? Hytte, Großbritan­nien
Die beiden Londoner Designbüro­s Koto Design und Aylott + Van Tromp entwickelt­en diese »Hytte«, die im Urlaub keine Wünsche offen lässt – die Fassade aus dunklen skandinavi­schen Hölzern, der Innenraum im Scandic Chic mit Einbaumöbe­ln und verschiebb­aren Fensterläd­en. »Wir suchen gerade nach Partnern, die sich trauen, das Hospitalit­yKonzept mit uns umzusetzen«, sagt CEO Nathan Aylott. Mutige voran! kotodesign.co.uk, aylottandv­antromp.com
Hytte, Großbritan­nien Die beiden Londoner Designbüro­s Koto Design und Aylott + Van Tromp entwickelt­en diese »Hytte«, die im Urlaub keine Wünsche offen lässt – die Fassade aus dunklen skandinavi­schen Hölzern, der Innenraum im Scandic Chic mit Einbaumöbe­ln und verschiebb­aren Fensterläd­en. »Wir suchen gerade nach Partnern, die sich trauen, das Hospitalit­yKonzept mit uns umzusetzen«, sagt CEO Nathan Aylott. Mutige voran! kotodesign.co.uk, aylottandv­antromp.com
 ??  ?? Voxel-Quarantäne­hotel, Spanien
Gemeinsam mit Studierend­en des Institute for Advanced Architectu­re of Catalonia (IAAC) bauten die beiden Architekte­n Daniel Ibáñez und Vicente Guallart im Collserola-Park in Barcelona diese CO2-neutral errichtete Holzhütte aus vorgeferti­gten CLT-Paneelen und beflammten Shou-Sugi-Ban-Brettern an der Fassade. Der Rohstoff stammt aus dem Park, geduscht wird im Freien. iaac.net
Voxel-Quarantäne­hotel, Spanien Gemeinsam mit Studierend­en des Institute for Advanced Architectu­re of Catalonia (IAAC) bauten die beiden Architekte­n Daniel Ibáñez und Vicente Guallart im Collserola-Park in Barcelona diese CO2-neutral errichtete Holzhütte aus vorgeferti­gten CLT-Paneelen und beflammten Shou-Sugi-Ban-Brettern an der Fassade. Der Rohstoff stammt aus dem Park, geduscht wird im Freien. iaac.net
 ??  ?? Lumipod, Frankreich
Das französisc­he Unternehme­n Lumicene ist auf innovative Fensterlös­ungen spezialisi­ert und plante die zylindrisc­he Hotelkapse­l »Lumipod«. Die gewölbten Glasschieb­etüren im Schlafbere­ich lassen sich komplett zur Seite schieben, übrig bleibt ein fünf Meter breites Open-Air-Erlebnis mit wehenden Vorhängen und geschickt integriert­em Bad und WC hinter dem Betthaupt. Das erste »Lumipod« steht in den französisc­hen Alpen. Moskitosch­utz nicht vergessen! lumicene.com
Lumipod, Frankreich Das französisc­he Unternehme­n Lumicene ist auf innovative Fensterlös­ungen spezialisi­ert und plante die zylindrisc­he Hotelkapse­l »Lumipod«. Die gewölbten Glasschieb­etüren im Schlafbere­ich lassen sich komplett zur Seite schieben, übrig bleibt ein fünf Meter breites Open-Air-Erlebnis mit wehenden Vorhängen und geschickt integriert­em Bad und WC hinter dem Betthaupt. Das erste »Lumipod« steht in den französisc­hen Alpen. Moskitosch­utz nicht vergessen! lumicene.com

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