GOLD MIT LAUFENDER RENDITE
So schön kann Geldverdienen sein! Zinshäuser sind ein wertvoller Teil des historischen Stadtbilds, viele sind für sich allein ein Kunstwerk. Die Renditen sind bescheiden, aber der Wert bleibt erhalten.
Wer für Geld am Konto Negativzinsen befürchten muss, ist mit ein paar Prozent Rendite auch schon glücklich. Noch dazu, wenn sie aus einer so schönen Anlage wie aus einem Zinshaus kommen. Diese gibt es vor allem in Wien, die Bundesländer boomen aber auch. Das zeigt sich, wenn man die Käufe der letzten Monate analysiert. Zwar wurden im vergangenen Jahr in Österreich um 48 Prozent mehr Zinshäuser ver- bzw. gekauft als 2019, aber das Marktvolumen war niedriger, nämlich nur 2,8 Milliarden Euro. Warum? Zinshausspezialist Gerhard Hudej erklärt: »Der Markt in den Bundesländern holt gegenüber Wien stark auf. Da in den Ländern und deren Hauptstädten die Einzelvolumina im Durchschnitt kleiner sind als in der Bundeshauptstadt, sinkt österreichweit das Gesamtvolumen trotz steigender Transaktionsanzahl.«
NEUER CHARME DURCH REVITALISIERUNG
»Alles, was innerhalb von wenigen Autostunden erreichbar ist, wird nachgefragt«, meint Markus Arnold, CEO von Arnold Immobilien, der neben Wien auch Niederlassungen in weiteren sieben europäischen Städten – von Berlin bis Lissabon – betreibt. »Ob eine Liegenschaft z. B. in Innsbruck oder Prag liegt, macht für Investoren manchmal wenig Unterschied«, so Arnold.
Die Einstiegspreise in mittleren Lagen in Prag gestalten sich zunehmend ähnlich wie hierzulande. Im wienweiten Schnitt gibt es praktisch keine Transaktionen unter einem Quadratmeterpreis von 2.000 Euro. Wobei natürlich eine Rolle spielt, ob das Haus bewohnbar ist, der Dachboden ausgebaut oder überhaupt das ganze Gebäude revitalisiert werden soll. »Um
Maßnahmen im Sinne der energetischen Sanierung festzulegen, sind zuallererst die wirtschaftlich und technisch nutzbaren Potenziale jedes einzelnen Gebäudes zur Verbesserung der Energieeffizienz und Verringerung des CO2-Ausstoßes zu ermitteln«, erklärt Yasmin Obojkovits, Bereichsleiterin Baumanagement bei EHL Immobilien Management. Grundsätzlich haben Zinshäuser aber meist eine recht gute Bausubstanz. Dennoch kommt es leicht zu Konflikten bei der Revitalisierung, etwa weil an der meist kunstvoll gestalteten und häufig unter Denkmalschutz gestellten Außenhaut in vielen Fällen keine Wärmedämmung angebracht werden kann.
NACHHALTIGKEIT IST NICHT IMMER LEICHT
Genau dieser Charme und der Stil machen aber die Schönheit des Investments aus, unterstreicht Christian Winkler, Gründer und Geschäftsführer der WINEGG, die seit 1998 als Projektentwickler historische Gebäude revitalisiert. Winkler: »Eine schonende Revitalisierung dieser historisch wertvollen Objekte ist unser oberstes Ziel. Zudem streben wir auch
bei jedem Gebäude ein unabhängiges Nachhaltigkeitszertifikat an. Wie man sich vorstellen kann, ist dies bei Bestandsobjekten keine leichte Aufgabe. Hier muss der Spagat zwischen Erhaltung der Bausubstanz und Energieeffizienz bewältigt werden.« Aktuell lässt sich das etwa in der Wiener Kettenbrückengasse 22 sehen: Dort revitalisiert WINEGG behutsam und ressourcenschonend ein historisches Biedermeierhaus, das den Namen »The Fusion« trägt. Es erreicht bei den Nachhaltigkeitskriterien Lebenszyklusbetrachtung, Ganzheitlichkeit und Performanceorientierung durchwegs hohe Erfüllungsgrade. Das Objekt im vierten Bezirk hat aufgrund der historischen Fassade, der klassischen Rundbogenfenster und der großzügigen Stiltüren ein besonderes Flair. Insgesamt entstehen 46 luxuriöse Eigentumswohnungen mit Größen von 50 bis 160 Quadratmeter. Freiflächen wie Balkone, Terrassen oder Eigengärten sind da auch dabei. Damit diese Sanierungsqualität noch stärker hervorgehoben wird, wurde sogar eine eigene Subbrand gestaltet. Seit Anfang November werden alle Revitalisierungsprojekte, die von der Konzeption bis zum Verkauf von WINEGG umgesetzt werden, mit dem Qualitätssiegel »by WINEGG« versehen.
Auch bei EHL verweist man auf die steigende Bedeutung der Nachhaltigkeit: »Da das Thema rund um ESG und Nachhaltigkeit immer brisanter wird, ist erkennbar, dass das Interesse und die Nachfrage danach bei den Eigentümern im Zinshaussegment zunehmen.«
AUCH KLEINE ANTEILE SINNVOLL
Man muss übrigens nicht gleich ein ganzes Haus kaufen, bei Zinshäusern lassen sich auch Anteile erwerben. Das hat Vor und Nachteile. Einerseits lässt sich das Risiko diversifizieren, indem man sich an mehreren verschiedenen Häusern beteiligt und im Laufe der Zeit wie in einem Portfolio die eine oder andere Beteiligung wieder abstößt oder dazukauft. Andererseits ist man nur Miteigentümer und kann daher nicht allein über die Zukunft, die Positionierung, Umbauarbeiten etc. entscheiden. Dass man finanziell mit kleinen Anteilen gar nicht im Nachteil sein muss, bewies unlängst die Bewertungsabteilung von Otto Immobilien. Im klaren Gegensatz zur 20 Jahre lang vorherrschenden Lehre, kleinen Zinshausanteilen deutlich weniger Wert beizumessen, fanden die Experten heraus, dass es beim Verkauf von kleineren Anteilen gegenüber ZinshausKomplettverkäufen deutlich weniger Abschläge gibt und dadurch höhere Preise erzielbar sind, als von der herrschenden Bewertungsliteratur und Bewertungsexperten bisher angenommen wurde.
WIE LANGE NOCH?
Wie bei anderen Immobilienarten auch, hat die Pandemie den Run auf Zinshäuser zusätzlich verstärkt. Philipp Maisel, Teamleiter Zinshaus bei Otto Immobilien: »Wir sehen keine Marktsignale, die auf eine Abschwächung der ausgezeichneten Nachfragelage hindeuten würden. Das Zinshaus an sich ist nicht reproduzierbar und das Angebot verkleinert sich daher stetig. Zusätzlich bewegen sich im Vergleich zu den Vorjahren mittlerweile auch internationale Akteure verstärkt auf dem Wiener Zinshausparkett, was die Nachfrage zusätzlich anheizt.« Die Renditen bewegen sich zwischen null und drei Prozent, wer noch etwas hinter der Kommastelle der Drei stehen haben will, muss in Wien in die Bezirke elf, 21, 22 und 23 gehen und gut einkaufen. Die Mieten sind ja meistens durch das österreichische MRG geregelt, demnach nicht frei festlegbar. Sicher ist aber, dass die Realität, das Haus, der Wert bleibt und auch der Wiener Stehsatz weiter gilt: Zinshäuser sind wie Gold, nur halt mit ein bissl Rendite. <