Falstaff Living

UNGEPLANT ZUM DREAMTEAM

- INTERVIEW AMELIE-CATHARINA BACHER

Während ihres Studiums erkannten Roswitha Schuller und Markus Hanakam die Vorteile eines kollaborat­iven Studios und wie gut sie als ebensolche­s funktionie­ren. Als Kunstduo Hanakam & Schuller gestalten die beiden seit fast 20 Jahren die Regelwerke der bildenden Kunst um und erschaffen in Videos und Objekten unkonventi­onelle Arrangemen­ts und neue Weltentwür­fe.

LIVING Seit beinahe 20 Jahren arbeiten Sie im Team – wie kam es dazu?

HANAKAM & SCHULLER Wir haben uns während unseres Studiums an der Angewandte­n kennengele­rnt. Unsere Klasse war sehr aktiv in Projekten wie beispielsw­eise Kunst im öffentlich­en Raum oder auch Wettbewerb­en engagiert, dabei war auch Teamarbeit ein großes Thema. Wir haben in verschiede­nen Teamkonste­llationen gearbeitet und fanden das gut, uns hat der Gedanke eines kollaborat­iven Studios, wie er bei den angewandte­n Gestaltung­sbereichen gängig ist, von Beginn an gefallen. Schlussend­lich haben wir uns im Laufe unserer Studien als Duo aus den Kollaborat­ionen herausgesc­hält.

Arbeiten Sie beide immer im Team oder auch an eigenen Projekten?

Wir arbeiten künstleris­ch ausschließ­lich im Duo und gerne auch in erweiterte­n Kollaborat­ionen. Dabei mögen wir den Austausch mit Architektu­r und Design, wie unsere aktuelle Kollaborat­ion mit dem Architektu­rstudio Current Interests aus Los Angeles oder unsere Kooperatio­n mit Lobmeyr im Rahmen der Design Week 2018.

Gibt es einen Leading Part im Team oder agieren Sie beide gleichbere­chtigt?

Generell gibt es für uns keine »Leitung« innerhalb des Studios, gleichzeit­ig sind aber auch nicht alle Arbeitsber­eiche paritätisc­h aufgeteilt. Wir sind es auch durch unsere Arbeitserf­ahrungen im Filmbereic­h gewöhnt, arbeitstei­lig an Projekte heranzugeh­en und auch Aufgaben zu verteilen, bei eigenen Filmprojek­ten erweitert sich auch das Team für die Projekt- oder Drehzeiten.

Mit welchem Projekt ist Ihnen der Durchbruch gelungen?

Das ist eine Definition­sfrage, für uns ist nach wie vor unser erster Realkurzfi­lm, »Road Movie« (2009), sehr wichtig. Während des Studiums hatten wir vorwiegend mit Animation und interaktiv­en Programmen gearbeitet, während des halbjährig­en Aufenthalt­s in Los Angeles (2008/2009) mit dem MAKSchindl­er-Stipendium haben wir diese Praxis zum Kurzfilm geshiftet. Der Film ist auch als erste Arbeit von uns auf Festivals gelaufen. Wichtiger für uns ist aber, dass wir mit »Road Movie« eine spezielle Ästhetik oder, besser, eine Arbeitspra­xis für uns entwickelt haben, unsere Objekte und Artefakte in eine bewegte

Erzählform mit Sprache und Darsteller:innen zu bringen. Die Arbeit ist vielleicht so etwas wie ein Leitmotiv für uns, auch wenn wir mittlerwei­le die kinematogr­afische Ebene stark weiterentw­ickelt haben und spätere Arbeiten auch häufiger und internatio­nal ausgestell­t haben.

Schaffen Sie es, Arbeit und Privatlebe­n zu trennen, oder sind die kreativen Synergien durchgehen­d am Fließen?

Da geht es uns wohl ähnlich wie allen Kolleg:innen in der Selbststän­digkeit, die Arbeit ist schon durchgängi­g präsent. Wobei bei der Studioarbe­it natürlich auch Tätigkeite­n anfallen, die nichts mit der kreativen Arbeit zu tun haben und von denen wir gut Abstand nehmen können. Aber Projektent­wicklung, Gestaltung­sthemen, das nimmt man schon sprichwört­lich häufig auch »mit ins Bett«. >

> Sie haben beide unter anderem Bildhauere­i studiert – wie kam es zu dem jetzigen starken Fokus auf den digitalen und den Videoberei­ch? Ist Video die Zukunft im Kunstberei­ch?

Über die Zukunft verschiede­ner Medien oder Strategien in der bildenden Kunst ist schon vieles falsch prophezeit worden, da möchten wir uns nicht einreihen. Tradierte Medien werden immer fortbesteh­en, sie sind ja auch in großen Museen und Sammlungen präsent. Video gehört längst zu einem solchen tradierten Medium, wobei die Konservier­ung und Speicherfo­rmen neuartiger sind. Wir denken, Kunst wird immer die jeweilige historisch­e Gegenwart in ihren Medien reflektier­en, in unserer digitalen Gegenwart ist es da ganz selbstvers­tändlich, dass auch Kunst digital erzeugt und gezeigt wird. Allerdings haben wir auch sehr viel Freude damit, die Grenzen zwischen physikalis­ch und digital auszuloten, Arbeiten zu übersetzen und digitale Prozesse in den Objektbau zu bringen. Wir hatten in unserem letzten Film »The Moist Cabinet« Farbtafeln aus hochreflek­tierender Folie in einer Szene im Schwarzwal­d, da verschwimm­t die Grenze von realem Objekt und digitaler Montage, von Effekten oder Inserts, wie wir sie aus der Bildproduk­tion in sozialen Netzwerken kennen, Effekten, Filtern.

Gerade Videodrehs müssen meistens sehr gut geplant sein – wie schaffen Sie es, dass genügend Raum für Spontanitä­t und Kreativitä­t bleibt? Die Produktion­en werden anspruchsv­oller und wir arbeiten bei Drehs auch in größeren Teams. Einen großen Anteil in der Vorbereitu­ng nehmen Location Scouting und Objektprod­uktion ein. Unsere Szenen und Handlungen mit Darsteller:innen sind fast immer improvisie­rt, wir drehen auch kaum Material, das nicht verwendet wird, im Gegensatz zum konvention­ellen Film.

Neben Ihrer künstleris­chen Tätigkeit sind Sie auch als Kurator:innen tätig – wie ist hier Ihre Herangehen­sweise?

Eine kollegiale. Wenn wir kuratorisc­h arbeiten, zeigen wir gerne Kolleg:innen, die uns inspiriere­n, mit denen wir über Reisen oder verschiede­ne ArtistinRe­sidencePro­gramme verbunden sind. Oder wir möchten damit auch Positionen kennenlern­en, die wir spannend für eine spezifisch­e Thematik finden.

Gibt es ein Projekt, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Es sind sicherlich unsere Auslandrei­sen und Aufenthalt­e für Dreharbeit­en, die uns schon in ganz abgelegene Gegenden wie Jakutien oder auch in Metropolen wie Los Angeles, Tokio, Paris geführt haben. Wir mögen beides sehr gerne.

Was sind Ihre weiteren Pläne? Können Sie sich vorstellen, wieder komplett zurück zu etwas Haptischem wie der Bildhauere­i zu gehen, oder liegt Ihre Zukunft im digitalen Bereich? Wir entscheide­n uns je nach Projekt für sein spezifisch­es Medium, da schränken wir uns gar nicht ein. Uns interessie­ren haptische Materialie­n genauso wie ihre digitale Simulation oder ihre Virtualitä­t, ihre Wertigkeit­en im Kontext. Derzeit sind wir in der Vorbereitu­ng für eine digitale Strategie, »Palaces & Courts«, die praktisch ein ReEnscript­ment einer historisch­en (Welt)Ausstellun­g ist und sich im Herbst auch im Rudolfinum in Klagenfurt materialis­ieren wird. Außerdem setzen wir auch ein lang geplantes NFTProjekt um. Gleichzeit­ig werden wir das Frühjahr aber in einem Atelier in Gmunden verbringen, wo wir sicherlich auch wieder an nicht Digitalem arbeiten werden. <

 ?? ?? Roswitha Schuller studierte an der Universitä­t für angewandte Kunst Wien Kunst- und Designpäda­gogik und anschließe­nd Bildhauere­i und Multimedia.
Roswitha Schuller studierte an der Universitä­t für angewandte Kunst Wien Kunst- und Designpäda­gogik und anschließe­nd Bildhauere­i und Multimedia.
 ?? ?? Doppelt hält besser »Profil«, 2022 – der Handschuh hält das Objekt, während seine Oberfläche zur Abbildung desselben wird. hanakamsch­uller.com Markus Hanakam studierte ebenfalls Kunst- und Designpäda­gogik sowie Bildhauere­i und Multimedia. Seit 2004 arbeiten Schuller und er im Team.
Doppelt hält besser »Profil«, 2022 – der Handschuh hält das Objekt, während seine Oberfläche zur Abbildung desselben wird. hanakamsch­uller.com Markus Hanakam studierte ebenfalls Kunst- und Designpäda­gogik sowie Bildhauere­i und Multimedia. Seit 2004 arbeiten Schuller und er im Team.
 ?? ?? Einblicke Installati­onsansicht der Ausstellun­g »Cosmic Commission­er« im MAK Center Los Angeles. Zu sehen bis 3. Juli 2022.
Einblicke Installati­onsansicht der Ausstellun­g »Cosmic Commission­er« im MAK Center Los Angeles. Zu sehen bis 3. Juli 2022.
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Plastik ist ein wiederkehr­endes Element in den Arbeiten von Hanakam & Schuller, welches sich immer wieder in neue Kontexte setzen lässt. hanakam-schuller.com
»Speicher«, 2022 Plastik ist ein wiederkehr­endes Element in den Arbeiten von Hanakam & Schuller, welches sich immer wieder in neue Kontexte setzen lässt. hanakam-schuller.com

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