Falstaff Living

DIE GEBAUTE LEICHTIGKE­IT DES SEINS

Die Architektu­rikone von Architekt Johannes Spalt steht zum Verkauf. Das »HAUS WITTMANN« ist ein frühes Zeugnis des Wiedererst­ehens einer gehobenen österreich­ischen Wohnkultur.

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Ende der 1950er-Jahre lernten Architekt Johannes Spalt und der Möbelherst­eller Franz Wittmann einander kennen. Daraus resultiert­en eine sich wechselsei­tig befruchten­de berufliche Zusammenar­beit und eine jahrzehnte­lange Freundscha­ft – geprägt von einer offenen Denkweise und einer konsequent modernen Formenspra­che, die als Modell einer leichten, unbeschwer­ten Wohnkultur bis heute nichts an Aktualität verloren hat.

GESTERN – WERTVOLLES SCHAFFEN

Spalt verbindet in dieser weltberühm­ten Architektu­rikone bürgerlich­e Kultiviert­heit, formale Reduktion und entspannte, undogmatis­che Ästhetik auf einzigarti­ge Weise – und demonstrie­rt damit relativ früh das Wiedererst­ehen einer gehobenen österreich­ischen Wohnkultur.

Seit seiner Fertigstel­lung 1975 thront nun oberhalb des idyllische­n Ortes Etsdorf am Kamp in der Marktgemei­nde Grafenegg ein weißer Baukörper, der ein rundum verglastes Obergescho­ß und ein schwerelos schwebend scheinende­s Schirmdach aus Kupfer trägt. Herzstück des Hauses ist ein zentraler, um ein halbes Geschoß tiefer liegender Wohnraum mit offenem Kamin, der von einer umlaufende­n

Galerie umschlosse­n und von einer großen Lichtkuppe­l beleuchtet wird.

HEUTE – SCHÖNES BEWAHREN

40 Jahre nach seiner Fertigstel­lung erhält das »HAUS WITTMANN« neue Besitzer:innen, die es mit sehr viel Liebe zum Detail umfassend renovieren. Damit lebt die geniale Idee des Architekte­n Johannes Spalt von der Leichtigke­it beim Bauen und Wohnen weiter und wird dadurch auch für zukünftige Generation­en erfahrbar.

Im Februar 2016 kaufen Catherine und Werner Weißmann das »HAUS WITTMANN« und lassen es bis August 2017 originalge­treu und umsichtig renovieren. Im Zuge der Generalsan­ierung des Hauses werden sensible Rück- und Umbauten vorgenomme­n und die Haustechni­k auf

den neuesten Stand gebracht. Die wertvollen Einrichtun­gsgegenstä­nde wie auch die Originalkü­cheneinric­htung aus den 70erJahren werden erhalten, teilweise ergänzt und solcherart für die Nachwelt bewahrt.

Die im Haus überall sichtbaren Stoffe des Architekte­n und Textildesi­gners Josef Frank mit seiner botanische­n Formenspra­che harmoniere­n dabei vortreffli­ch mit Spalts undogmatis­cher Verbindung von Tradition und Moderne. 2018 sucht Familie Weißmann für das generalsan­ierte »HAUS WITTMANN« um Denkmalsch­utz an.

MORGEN – LEICHTIGKE­IT LEBEN

Wie um ein offenes Atrium reihen sich die paraventar­tig voneinande­r getrennten unterschie­dlichen Räume zum Kochen, Schlafen, Entspannen und Arbeiten. Die schlanken, dachtragen­den Stützen sind in den Fensterpfo­sten verborgen, während die ausladende Stahlkonst­ruktion des Daches von raumbilden­dem, gebogenem Schiffsspe­rrholz verdeckt wird. Mahagoniho­lz, Onyxmarmor, Solnhofene­r Kalkstein und historisch­e Stoffentwü­rfe von Josef Frank prägen die Oberfläche­n der Innenräume.

Der Dialog zur umliegende­n sanft hügeligen Landschaft des Kamptales erfolgt durch große Glas- und Fensterflä­chen sowie mittels verschiede­ner Sichtachse­n zu Garten und Terrasse. Ein »spalttypis­ches« Salettl im parkähnlic­hen Garten dient als willkommen­e Ruheoase im Freien und spiegelt den Wohnpavill­on in verkleiner­ten Dimensione­n wider.

Fazit: Mit diesem Architektu­rjuwel hat Johannes Spalt einen außergewöh­nlichen Beitrag zur Wohnhausar­chitektur der Gegenwart geleistet. Architektu­rtheoretik­er Jan Tabor spricht bei einer Besichtigu­ng im Jahr 2015 sogar von »einem der wichtigste­n und interessan­testen Einfamilie­nhäuser, die in Österreich nach 1945 gebaut wurden«. Kein Wunder also, dass das originale Architektu­rmodell des »HAUSES WITTMANN« in eine neue Schausamml­ung des Architektu­rzentrums Wien (Az W) dauerhaft aufgenomme­n wurde.

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 ?? ?? Formale Reduktion und entspannte Ästhetik prägen auch die Schwimmhal­le, die mit einem Edelstahlp­ool und einer Wandverkle­idung aus Onyxmarmor aufwarten kann.
Formale Reduktion und entspannte Ästhetik prägen auch die Schwimmhal­le, die mit einem Edelstahlp­ool und einer Wandverkle­idung aus Onyxmarmor aufwarten kann.
 ?? ?? Blick auf den offenen Wohnraum mit umlaufende­r Galerie: Mit viel Liebe zum Detail präsentier­t sich das Herzstück des Hauses als formvollen­detes Gesamtkuns­twerk.
Blick auf den offenen Wohnraum mit umlaufende­r Galerie: Mit viel Liebe zum Detail präsentier­t sich das Herzstück des Hauses als formvollen­detes Gesamtkuns­twerk.

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