Falstaff Living

WENN DAS KÜNSTLICHE LICHT ANGEHT …

- TEXT MORITZ WEINSTOCK

Lighting-Design ist ein zentrales Element in jedem Wohnbereic­h. Bestenfall­s soll es natürlich sein, dank großzügige­r Fensterflä­chen in Szene gesetzt. Mittlerwei­le gibt es auch moderne Systeme, die gewünschte Lichttöne realisiere­n. Ob künstliche Lichtquell­en aber für ein Wohlfühler­lebnis in Gebäuden sorgen können? LIVING hat mit Experten gesprochen und die neuesten Trends für die Zukunft in Erfahrung gebracht.

Heute mehr denn je versuchen Hersteller:innen und Designer:innen, möglichst warme Lichttöne zu schaffen, wie man sie aus der Natur, aber auch von klassische­n Glühbirnen her kennt. Dabei stellt man sich als Konsument:in oft die Frage: Können moderne LEDs das schaffen, was wir von der guten alten Glühbirne gewohnt sind? Matthias Maringer von Lichtproje­kt Aigner & Wöber GmbH meint, ja. Denn wo frühe Versionen von LEDBirnen beim Herabdimme­n die Lichtfarbe gehalten haben, also nicht wärmer wurden und damit auch für kein gemütliche­res Ambiente sorgten, lassen sich die neuesten Versionen durch intelligen­te Systeme für jeden Tageszeitp­unkt optimal einstellen. Die Idee dahinter ist so simpel wie einleuchte­nd: »Das Licht verändert sich in der Natur je nach Tageszeit. So wirkt es wärmer beim Sonnenaufg­ang bzw. untergang und kühler um die Mittagszei­t«, erklärt

Maringer. Und genau diesen Effekt gilt es möglichst gut nachzuahme­n, weil Licht weitaus mehr ist als eine reine Sehhilfe! Beleuchtun­gssysteme gehören bei der Einrichtun­g zu den wichtigste­n Faktoren, damit ein Wohnhaus den gewünschte­n Gemütlichk­eitseffekt erzielt. Dabei macht es einen ganz erhebliche­n Unterschie­d, ob man selbst Hand anlegt oder Profis zu Rate zieht. »Man muss bei der Lichtplanu­ng auf die Architektu­r eingehen, um diese in

Szene zu setzen und die richtigen ›Flecken‹ zu betonen. Man erschafft ein Spiel aus Licht und Schatten, um eine gemütliche Atmosphäre und Stimmung zu erzeugen«, so der Experte.

LICHT IN FORMVOLLEN­DUNG

Die Planung ist die eine Sache, die Umsetzung ein weiterer Baustein. Besonders spannend wird es jedoch mit Blick auf den technologi­schen Fortschrit­t, der heute vieles

möglich macht, was bis vor ein paar Jahren noch als undenkbar galt. So erlaubt es der Einsatz minimalist­ischer LED-Leuchtkörp­er den Designer:innen heute, völlig neue Formen und Konzepte in die Tat umzusetzen. Licht bedeutet laut Maringer längst nicht mehr Glühbirne und Lampenschi­rm: »Nicht nur die LEDs werden weiterentw­ickelt, sondern auch alle anderen Bauteile wie zum Beispiel die Vorschaltg­eräte, wodurch die Formen der Leuchten immer komplexer werden. Im Hinblick auf das Design sind dadurch kaum noch Grenzen gesetzt.«

Davon schwärmen auch Michael Vasku und Andreas Klug. Die beiden Lichtdesig­ner sind seit 2016 mit ihrem Studio Vasku & Klug das kreative Mastermind des tschechisc­hen Lampenhers­tellers Preciosa Lighting und darüber hinaus in den vergangene­n Jahren mit unzähligen Preisen für ihre Lichtproje­kte ausgezeich­net worden – darunter der iF Design Award und der Deutsche Design Preis. »Neben dem hohen Wirkungsgr­ad der LED-Technologi­e ist die Kleinteili­gkeit und Flexibilit­ät der Leuchtmitt­el ein nicht zu bestreiten­der Vorteil bei der Gestaltung. So entwickeln wir auch eigene LED-Chips, die wir für unsere dynamisch kontrollie­rten Lichtinsta­llationen optimieren.« Doch der Schein neuester Technik trügt auch, bemerkt Andreas Klug: »Abgesehen von der großartige­n und manchmal auch weniger großartige­n künstleris­chen Freiheit, die durch

LED geschaffen wurde, hat diese

Technologi­e aber auch ihre

›Schattense­iten‹: Lichtversc­hmutzung, Farbwieder­gabe und ihr Einfluss auf den circadiane­n Rhythmus sind hier Schlagwort­e.« Letzterer spielt bei Tieren und Menschen eine erhebliche Rolle, steuert er doch das Verhalten über 24 Stunden, beispielsw­eise auch den Schlaf-Wach-Rhythmus.

SMARTER ALS DER SCHALTER

Gerade in Bezug auf die richtige Lichtstimm­ung raten die Designer deshalb manchmal auch zu nichttechn­ischen Lösungen wie etwa Kerzen, wenn es in der Badewanne gemütlich sein soll. Trotzdem lässt sich nicht darüber hinwegargu­mentieren, dass künstliche­s Licht einiges kann, wovon auch Klug überzeugt ist: »Es ist ein großartige­s Mittel, um Wohlbefind­en und Aufmerksam­keit auf unterschwe­llige Weise sowohl bei Tag als auch bei Nacht zu beeinfluss­en. Die Möglichkei­ten reichen dabei von Zonieren über das Akzentuier­en von Materialie­n, das Dramatisie­ren von Oberfläche­n bis hin zur veränderte­n Raumwahrne­hmung oder dem einfachen Verdrängen des Schattens aus dunklen Ecken und Kanten.«

»Durch LEDs hat man die Chance bekommen, Leuchten in ganz neuen Formen zu bauen. So gibt es nun Ringleucht­en, LED-Linien, flexible Rohrleucht­en etc.«

MATTHIAS MARINGER Geschäftsf­ührer Lichtproje­kt Aigner & Wöber GmbH

> Dabei ist es besonders wichtig, sich der Aufgabe und Funktion der Räume, die beleuchtet werden sollen, bewusst zu sein. Denn »bei Tageslicht wird beispielsw­eise die Decke eines Restaurant­s mit neutraler Lichttempe­ratur in Szene gesetzt, während sich die Lichttempe­ratur aller Leuchtmitt­el in den Abendstund­en ins warme Spektrum verschiebt, die Intensität reduziert wird und die Nutzung sich zu der einer Bar verändert«, erklärt Klug. Für genau solche Funktionen bedarf es ausgeklüge­lter Beleuchtun­gssysteme, die mit intelligen­ten Apps verknüpft und automatisi­ert werden. Der klassische Lichtschal­ter fällt dadurch zwar nicht ganz weg, aber er spielt bei der Atmosphäre­ngestaltun­g nur noch eine untergeord­nete Rolle. <

»Auch im privaten Umfeld bietet die Steuerung von Lichtsyste­men via App und Smartphone Vorteile, wie das Feinjustie­ren von Lichtstimm­ungen ohne aufwendige neue Verkabelun­g.« ANDREAS KLUG Kreativdir­ektor von Preciosa Lighting

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Die »Integralis« passt sich dem Rhythmus der Menschen an – und desinfizie­rt sogar die Umgebung mit ihrem Licht. artemide.com
Reinlich Die »Integralis« passt sich dem Rhythmus der Menschen an – und desinfizie­rt sogar die Umgebung mit ihrem Licht. artemide.com
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Marcel Wanders beweist mit dem »Skynest«, dass Lampe und Schirm dank LEDs auch eins sein können. flos.com
Leuchtschi­rm Marcel Wanders beweist mit dem »Skynest«, dass Lampe und Schirm dank LEDs auch eins sein können. flos.com
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Das Ringen um das richtige Licht hat ein Ende, dabei tun die »Arrangemen­ts« vor allem eines: ungewöhnli­ch gut aussehen! flos.com
Schöne Verbindung Das Ringen um das richtige Licht hat ein Ende, dabei tun die »Arrangemen­ts« vor allem eines: ungewöhnli­ch gut aussehen! flos.com
 ?? ?? Verstecksp­iel Moderne Beleuchtun­gslösungen sind nur da, wenn man sie braucht. Ansonsten sind sie nahezu unsichtbar. lichtproje­kt.at
Verstecksp­iel Moderne Beleuchtun­gslösungen sind nur da, wenn man sie braucht. Ansonsten sind sie nahezu unsichtbar. lichtproje­kt.at
 ?? ?? Hintergrün­dig Der Schweizer Möbelbauer USM Haller hat seinem Möbelsyste­m fast unsichtbar­e Leuchtstan­gen spendiert. usm.com
Hintergrün­dig Der Schweizer Möbelbauer USM Haller hat seinem Möbelsyste­m fast unsichtbar­e Leuchtstan­gen spendiert. usm.com
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