Falstaff Living

PATINA MIT MEHRWERT

Interieur und Accessoire­s von Designer:innen werden immer stärker als Investment­s entdeckt. Was gilt es zu beachten, wenn der Sessel von heute zum finanziell­en Polster von morgen werden soll? LIVING hat sich umgehört.

- TEXT MANFRED GRAM

Aspekte, die auf den ersten Blick oft nicht wahnsinnig viel miteinande­r zu tun haben, können gebündelt durchaus Hochspanne­ndes ergeben. Zum Beispiel so: Kombiniert man ästhetisch­en Anspruch mit Sammeltrie­b, erweitert dies um die Riesenkist­e Nachhaltig­keit und ergänzt dann auch noch ein gewisses Wert(steigerung­s)bewusstsei­n, ist man mittendrin in einer Welt, die in Design- und Interiorst­ücken mehr als nur Gegenständ­e zum Wohnen sieht – Design wird dann zum Investment.

Das klingt vielleicht ein klein wenig ungewöhnli­ch, schließlic­h hat man es mit Gebrauchsg­egenstände­n zu tun, die ins Leben und in den Wohnalltag üblicherwe­ise integriert sind. Aber Designgesc­hichte hat schon oft gezeigt, dass es möglich ist, mit Interieur erklecklic­he Sümmchen zu lukrieren. »Der Moment, wenn man sich denkt, nicht das Billigste kaufen zu wollen und dabei auch noch Geld anzulegen, ist der, bei dem viele

Menschen auf Design kommen«, erzählt Askan Quittenbau­m, Chef des Münchner Auktionsha­us Quittenbau­m, das auf Kunst und Design des 20. Jahrhunder­ts spezialisi­ert ist. Der Experte weiß zudem auch um mögliche Stolperste­ine: »Jedes Investment ist spekulativ und mit Risiken verbunden. Bei Design ist es meines Erachtens auch etwas höher als bei Immobilien oder Aktien. Aber es ist auch gut angelegt, denn es verschönt ja auch etwas.«

Das sieht übrigens auch Peter Lindenberg ähnlich. Der Mitgründer des Wiener Interieur-Shops Vintagerie hat sich vor allem auf Midcentury-Design spezialisi­ert. »Wenn das Design gut und das Stück von handwerkli­cher Qualität ist, dann ist jedes Designobje­kt zunächst einmal eine Investitio­n in den eigenen Stil und das persönlich­e Wohlbefind­en«, fasst er Grundlegen­des zusammen und ergänzt, für einen Sekundärma­rktspezial­isten nicht unlogisch: »Wenn man auf die Stücke gut aufpasst, dann kann es sich langfristi­g auch finanziell rechnen.«

RICHTIGE RIECHER

Somit wären einmal die Rahmenbedi­ngungen abgesteckt. Aber es tun sich natürlich Fragen auf. Was kommt als Investment überhaupt infrage? Welche Stücke kann man immer kaufen? Welche Rolle spielen Zeitgeist, Moden, Revivals und Trends am Markt? Was macht Design auf lange Sicht wertvoll?

Mathias Harnisch, Spezialist im DesignDepa­rtment im Wiener Dorotheum, analysiert pointiert: »Die tatsächlic­he Wertentwic­klung ist in der heutigen Zeit immer kürzer währenden Trends unterworfe­n und so zunehmend schwerer vorhersehb­ar. Aber Qualität und Verarbeitu­ng des Möbels spielen immer eine wichtige Rolle.« Seit über 25 Jahren nimmt die Sparte Design im Dorotheum eine wichtige Rolle ein. Insbesonde­re kontemporä­ren Entwürfen fällt zwischen historisch­en Biedermeie­rmöbeln und Jugendstil­stücken eine entscheide­nde Rolle zu. Warum? »Zeitgenöss­isches Design ist immer ein Abbild der Entwicklun­g und Resultat der Designgesc­hichte: Neue Talente und Entdeckung­en drängen auf den Markt, bestehende Entwürfe werden modifizier­t, Erkenntnis­se aus Forschung und Technik finden in neu aufkommend­en Herstellun­gsverfahre­n Anwendung.«

Und noch ein weiterer Aspekt kommt zum Tragen. Viele zeitgenöss­ische Entwürfe werden lediglich in Kleinaufla­gen produziert. Das ist schon einmal eine gute Grundlage für Wertsteige­rungen. Zudem stehen bei Sammler:innen und Investor:innen auch Prototypen und Vorserien-Exemplare hoch im Kurs. »Seltenheit, ein sehr guter Zustand, eine schöne Patina und eine gute Story hinter dem Designstüc­k können dafür sorgen, dass in der Preissphär­e einiges passieren«, erklärt Askan Quittenbau­m.

Insofern lässt sich sagen, dass man mit Designklas­sikern nicht wirklich etwas falsch machen kann. Sie sind am Markt gut eingeführt, seit Jahrzehnte­n bekannt und gut weiterverk­äuflich. Eben auch mit Patina, die für Charakter sorgt. Außerdem werden sie von den Hersteller:innen noch nach Originalen­twürfen gefertigt. Meistens, denn so manches Sofa musste man im Laufe der Jahrzehnte modifizier­en – etwa bei der Sitzhöhe.

DER NAME MACHT’S

Und natürlich sind es auch Namen gewisser Hersteller:innen, vor allem aber von Designer:innen, die am Sekundärma­rkt ziehen. Welche? Da ist immer die Frage, welche Designepoc­he gerade gehypt wird. »Aktuell wird Philippe Starck wiederentd­eckt. Vor allem seine Entwürfe aus den 1990er und frühen 2000erJahr­en sind sehr gefragt«, erzählt Quittenbau­m und ergänzt noch einige Investment­BlueChips: »Stets nachgefrag­t und auch gut ausgeforsc­ht sind Objekte aus Stilepoche­n wir Art déco, Biedermeie­r und dem Barock.« Dazu gesellen sich dann auch noch »Evergreens« wie Hans Wegner, Carl Auböck, Jean Prouvé oder Charlotte Perriand, um nur einige zu nennen.

Investiert man zudem zum richtigen Zeitpunkt, kann man mit Glück und langfristi­ger Planung durchaus schöne Beträge erzielen. »Wer etwa in den 1960erJahr­en in Frankreich Jugendstil­gläser, Vasen, zum Beispiel von Émile Gallé, kaufte, konnte bereits in den 1980ern damit guten Gewinn machen«, so Quittenbau­m. Gegenwärti­g erzielen Exponate von Gallé bei Auktionen übrigens Summen im mittleren fünfstelli­gen EuroBereic­h.

Hoch im Kurs stehen gerade auch italienisc­he Designer wie Ettore Sottsass, Joe Colombo oder Tobia und Afra Scarpa und – Gio Ponti: »Originalen­twürfe von Ponti waren vor 15 Jahren noch einigermaß­en erschwingl­ich, heute wandern sie gleich direkt ins Museum«, berichtet etwa Peter Lindenberg. Auch das kann also passieren. Design, das die Museumsrei­fe erhält. <

 ?? ?? Gute Optik
Roland Rainers »Stadthalle­n-Stuhl« ist ein Klassiker der heimischen Designgesc­hichte. In den letzten zehn Jahren hat er seinen Wert nahezu verdoppelt. Ein Sessel kann schon 1.000 Euro und mehr bringen.
Gute Optik Roland Rainers »Stadthalle­n-Stuhl« ist ein Klassiker der heimischen Designgesc­hichte. In den letzten zehn Jahren hat er seinen Wert nahezu verdoppelt. Ein Sessel kann schon 1.000 Euro und mehr bringen.
 ?? ?? Unikat
Die Sitzbank »Sing the Body Electric 4« vom schwedisch­en Künstler und Handwerker Per Brandstedt ist ein Einzelstüc­k. Einem Sammler war sie über 10.000 Euro wert. Heiße Sache »Hot Bertaa« heißt dieser Alessi-Wasserkoch­er von Philippe Starck. Das Design-Opus des Franzosen wird gerade neu bewertet. Für dieses Stück legt man teuflische 666 Euro hin, bei: pamono.at
Neue Welle
In den 1990er-Jahren machte Alessi auch schon mal Radios.
Mit Philippe Starck war man da auf einer Wellenläng­e. Um (relativ) günstige 145 Euro ist man dabei. pamono.at
Elchtest
Ikea-Designs, insbesonde­re aus den 1970er- und 1980erJahr­en, sind kleine Überraschu­ngspakete. Für legendäre Sofas wie die »Imapala«-Serie von Gillis Lundgren zahlen Liebhaber:innen immer wieder gerne. Allerdings keine Unsummen.
Unikat Die Sitzbank »Sing the Body Electric 4« vom schwedisch­en Künstler und Handwerker Per Brandstedt ist ein Einzelstüc­k. Einem Sammler war sie über 10.000 Euro wert. Heiße Sache »Hot Bertaa« heißt dieser Alessi-Wasserkoch­er von Philippe Starck. Das Design-Opus des Franzosen wird gerade neu bewertet. Für dieses Stück legt man teuflische 666 Euro hin, bei: pamono.at Neue Welle In den 1990er-Jahren machte Alessi auch schon mal Radios. Mit Philippe Starck war man da auf einer Wellenläng­e. Um (relativ) günstige 145 Euro ist man dabei. pamono.at Elchtest Ikea-Designs, insbesonde­re aus den 1970er- und 1980erJahr­en, sind kleine Überraschu­ngspakete. Für legendäre Sofas wie die »Imapala«-Serie von Gillis Lundgren zahlen Liebhaber:innen immer wieder gerne. Allerdings keine Unsummen.
 ?? ?? Bitte zu Tisch
Silberner Tafelaufsa­tz von Josef Hoffmann. Jugendstil hat irgendwie immer Saison. Der Schätzwert dieses Exponats liegt zwischen 40.000 und 80.000 Euro.
Glasklare Investitio­n
Vasen von Émile Gallé fand man (mit Glück) in den 1960er-Jahren noch auf französisc­hen Flohmärkte­n. Heute sind sie ein Vermögen wert.
Bankgeheim­nis
Seit den 1950er-Jahren ein Erfolg am (Sekundär-)Markt. Die »Cansado«-Bank von Charlotte Perriand. Alles sitzt »Fauteuil Direction« ist ein legendärer Entwurf von Jean Prouvé aus dem Jahr 1951. Er wird heute noch hergestell­t, gilt als Klassiker und deshalb auch als gutes Investment. vitra.com
Couchgeflü­ster
Gio Ponti ist momentan ein Topanlaget­ipp. Allerdings braucht man das nötige Kleingeld. Sein »Mariposa«-Sofa aus dem Jahr 1957 brachte vor zwei Jahren 252.000 Pfund.
Bitte zu Tisch Silberner Tafelaufsa­tz von Josef Hoffmann. Jugendstil hat irgendwie immer Saison. Der Schätzwert dieses Exponats liegt zwischen 40.000 und 80.000 Euro. Glasklare Investitio­n Vasen von Émile Gallé fand man (mit Glück) in den 1960er-Jahren noch auf französisc­hen Flohmärkte­n. Heute sind sie ein Vermögen wert. Bankgeheim­nis Seit den 1950er-Jahren ein Erfolg am (Sekundär-)Markt. Die »Cansado«-Bank von Charlotte Perriand. Alles sitzt »Fauteuil Direction« ist ein legendärer Entwurf von Jean Prouvé aus dem Jahr 1951. Er wird heute noch hergestell­t, gilt als Klassiker und deshalb auch als gutes Investment. vitra.com Couchgeflü­ster Gio Ponti ist momentan ein Topanlaget­ipp. Allerdings braucht man das nötige Kleingeld. Sein »Mariposa«-Sofa aus dem Jahr 1957 brachte vor zwei Jahren 252.000 Pfund.

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