»MASSENTIERHALTUNG WIRD TEURER SEIN«
Wie wird Zellfleisch aus dem Labor künftig unseren Speiseplan und unsere Landwirtschaft verändern? Carsten Gerhardt, Partner bei A.T. Kearney in Deutschland, über die Entwicklungen in der Fleischproduktion.
FALSTAFF Obwohl der Fleischkonsum weltweit zunimmt, schätzen Sie, dass bereits im Jahr 2040 nur noch 40 Prozent aller Fleischprodukte von Tieren kommen. Wie kommen Sie zu diesen Zahlen?
CARSTEN GERHARDT Wir sind die ganze Fleischkette durchgegangen. Unsere Zahlen basieren auf einer weltweiten Abfrage am Markt – aus 150 Interviews mit Futtermittelherstellern, Fleischproduzenten, Schlachtern, Verarbeitungsunternehmen und Händlern – mit Fokus auf Nordamerika und Asien. Dort ist man unseres Erachtens sehr offen gegenüber Zellfleisch. In Asien gibt es außerdem Aufholbedarf bei Fleisch.
Auch die Fleischindustrie selbst setzt immer öfter auf Fleischersatzprodukte. Kommen die Innovationen aus der Branche selbst?
Die großen Disruptoren sind bislang von außerhalb gekommen. Die Branche selbst hat eher den Nischenmarkt der Veganer bedient. Nun aber gibt es auch Ersatz für eingefleischte Fleischliebhaber. »Beyond Meat« etwa legt Wert darauf, im Regal direkt neben Fleisch zu liegen, nicht im Eck mit den Fleischersatzprodukten.
Wie wird sich die Fleischproduktion in Europa verändern?
Generell gibt es den Trend einer allmählichen Abkehr vom Fleisch – durch neue pflanzliche oder zellfleischbedingte Alternativen. Gerade die kleinere konventionelle Fleischproduktion hat keine Perspektive und wird verschwinden. Was bleiben dürfte, sind kleinere Biobetriebe und große konventionelle Farmen. Wobei sich auch die Großen weg von Massentierhaltung bewegen und zu umweltverträglicher Bioproduktion tendieren. Unsere Gespräche haben ergeben, dass Massentierhaltung am meisten zurückgehen wird. Die Logik ist klar: Jemand, der sich nicht darum schert, wie ein Tier, das er isst, gehalten wurde, neigt auch zu »Cultured Meat«. Dem ist vor allem der Geschmack wichtig und der Preis. Mit dieser Haltung wird er das günstigere Produkt aus dem Labor bevorzugen. Und rein ökonomisch wird die Massentierhaltung teurer sein.