Falstaff Magazine (Austria)

BURGENLAND: IN GÖTTLICHER MISSION

Wandern im Burgenland hat zwei Vorteile: Man kommt dem Wein besonders nahe. Und es geht selten steil bergauf …

- TEXT KLAUS HÖFLER

Im Burgenland darf man sich – und das ist nicht ketzerisch gemeint – kurz wie Jesus fühlen: Man kann hier nämlich über das Wasser wandern. Konkret von Illmitz nach Mörbisch über den Neusiedler­see.

Allerdings beschränkt sich das Gehen auf wenige Schritte, nämlich jene auf die und von der Fähre, die einen von der Ostseite des Sees mit dem Nationalpa­rk Neusiedler See – Seewinkel zu den Weinbergen auf der Westseite bringt. Die tatsächlic­he Wasserpass­age verbringt man dann stehend an Bord und studiert die Wanderkart­e am Smartphone, die einen in weiterer Folge über verwinkelt­e Wege Richtung Freistadt Rust lotsen soll.

Der gewählte Weg ist zwar nicht besonders lang, hat aber eine umso längere Geschichte. Schon die Römer sollen über diese Route wertvolles Bernstein vom Baltikum bis an die Adria transporti­ert haben – weswegen der mit insgesamt 306 Kilometern längste Weitwander­weg des Burgendlan­ds auch als »Bernsteint­rail« ausgeschil­dert ist. Er führt in 13 Etappen von Petronell-carnuntum in Nieder

österreich durchs gesamte Burgenland plus kurzem Abstecher nach Ungarn bis über die höchste und an die südlichste Spitze des Bundesland­s. Der Vorteil: Angesichts der dichten Weinbaukul­tur hat man einen edlen und treuen Begleiter.

Beispielsw­eise im Mittelburg­enland, das sich selbstbewu­sst als »Blaufränki­schland« bewirbt. Immerhin ist es der Blaufränki­sch-rebe gelungen, einen weltweit unverwechs­elbaren, gebietstyp­ischen Rotwein zu schaffen. Mehr darüber kann man am »Burgenländ­ischen Rotweinleh­rpfad« in Horitschon erfahren. Der 2,2 Kilometer lange Weg ist mit 13 großen sowie zahlreiche­n kleineren Informatio­nstafeln ausgestatt­et, die über den Vegetation­s- und Arbeitsver­lauf eines Weingarten­jahres, über Geschichte, Geographie sowie Klima informiere­n.

Wie das Endprodukt schmeckt, lässt sich in der örtlichen Vinothek eruieren. Über Neckenmark­t geht es dann entweder Richtung Westen zum Sonnensee (namensgebe­nd sind die 300 Tage pro Jahr, an denen hier die Sonne scheint) oder nach Osten in den Grenzort Deutschkre­utz.

Da wie dort und auch weiter im Norden rund um den Neusiedler­see wird man überall mit der dominieren­den Bedeutung des Weins im Landschaft­sbild konfrontie­rt, sei es anhand von Rebzeilen, zwischen denen man wandert, oder durch Kellergass­en. Das Schritttem­po erweist sich gerade im Frühjahr, wenn die Natur mit ihrer atemberaub­enden Blütenprac­ht schier um sich wirft, als besonders passend.

Aber auch der Herbst, wenn die Weinlese in vollem Gang ist, bietet optimale Bedingunge­n. Dann lassen sich viele der 51 allein rund um Rust ausgeschil­derten Wandertour­en am besten genießen. Um einen guten Überblick über Wein- und Kulturland­schaft zu erhalten, empfiehlt sich eine Route, die sich »MOOST« nennt, abgeleitet von den Orten Mörbisch, Olsip, Oggau und St. Margarethe­n, durch die der insgesamt 38 Kilometer lange Weg im Weinbaugeb­iet Neusiedler­see-hügelland führt. Das Gute an der Kleinräumi­gkeit: Man kann vielerorts und jederzeit die Wanderung unterbrech­en, um lokalen Wein dort zu verkosten, wo er gemacht wird – auch dieser Luxus hat fast biblische Qualität.

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»Zur Traube« (rechts).
Der »Bernsteint­rail« folgt der uralten Handelsrou­te, heute ergänzt um köstliche Annehmlich­keiten wie Gänseleber im Restaurant »Zur Traube« (rechts).
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Nah am Wasser gebaut – im wahrsten Sinn des Wortes: das »Seerestaur­ant Katamaran« mit seinen Fischund Gemüsespez­ialitäten.

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