BURGENLAND: IN GÖTTLICHER MISSION
Wandern im Burgenland hat zwei Vorteile: Man kommt dem Wein besonders nahe. Und es geht selten steil bergauf …
Im Burgenland darf man sich – und das ist nicht ketzerisch gemeint – kurz wie Jesus fühlen: Man kann hier nämlich über das Wasser wandern. Konkret von Illmitz nach Mörbisch über den Neusiedlersee.
Allerdings beschränkt sich das Gehen auf wenige Schritte, nämlich jene auf die und von der Fähre, die einen von der Ostseite des Sees mit dem Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel zu den Weinbergen auf der Westseite bringt. Die tatsächliche Wasserpassage verbringt man dann stehend an Bord und studiert die Wanderkarte am Smartphone, die einen in weiterer Folge über verwinkelte Wege Richtung Freistadt Rust lotsen soll.
Der gewählte Weg ist zwar nicht besonders lang, hat aber eine umso längere Geschichte. Schon die Römer sollen über diese Route wertvolles Bernstein vom Baltikum bis an die Adria transportiert haben – weswegen der mit insgesamt 306 Kilometern längste Weitwanderweg des Burgendlands auch als »Bernsteintrail« ausgeschildert ist. Er führt in 13 Etappen von Petronell-carnuntum in Nieder
österreich durchs gesamte Burgenland plus kurzem Abstecher nach Ungarn bis über die höchste und an die südlichste Spitze des Bundeslands. Der Vorteil: Angesichts der dichten Weinbaukultur hat man einen edlen und treuen Begleiter.
Beispielsweise im Mittelburgenland, das sich selbstbewusst als »Blaufränkischland« bewirbt. Immerhin ist es der Blaufränkisch-rebe gelungen, einen weltweit unverwechselbaren, gebietstypischen Rotwein zu schaffen. Mehr darüber kann man am »Burgenländischen Rotweinlehrpfad« in Horitschon erfahren. Der 2,2 Kilometer lange Weg ist mit 13 großen sowie zahlreichen kleineren Informationstafeln ausgestattet, die über den Vegetations- und Arbeitsverlauf eines Weingartenjahres, über Geschichte, Geographie sowie Klima informieren.
Wie das Endprodukt schmeckt, lässt sich in der örtlichen Vinothek eruieren. Über Neckenmarkt geht es dann entweder Richtung Westen zum Sonnensee (namensgebend sind die 300 Tage pro Jahr, an denen hier die Sonne scheint) oder nach Osten in den Grenzort Deutschkreutz.
Da wie dort und auch weiter im Norden rund um den Neusiedlersee wird man überall mit der dominierenden Bedeutung des Weins im Landschaftsbild konfrontiert, sei es anhand von Rebzeilen, zwischen denen man wandert, oder durch Kellergassen. Das Schritttempo erweist sich gerade im Frühjahr, wenn die Natur mit ihrer atemberaubenden Blütenpracht schier um sich wirft, als besonders passend.
Aber auch der Herbst, wenn die Weinlese in vollem Gang ist, bietet optimale Bedingungen. Dann lassen sich viele der 51 allein rund um Rust ausgeschilderten Wandertouren am besten genießen. Um einen guten Überblick über Wein- und Kulturlandschaft zu erhalten, empfiehlt sich eine Route, die sich »MOOST« nennt, abgeleitet von den Orten Mörbisch, Olsip, Oggau und St. Margarethen, durch die der insgesamt 38 Kilometer lange Weg im Weinbaugebiet Neusiedlersee-hügelland führt. Das Gute an der Kleinräumigkeit: Man kann vielerorts und jederzeit die Wanderung unterbrechen, um lokalen Wein dort zu verkosten, wo er gemacht wird – auch dieser Luxus hat fast biblische Qualität.