DIE REPUBLIK IN DER REPUBLIK
Das steirische Salzkammergut geizt nicht mit Pracht – und manchen Eigenheiten. Landschaftlich wie auch kulinarisch wird hier ein mehrgängiges Genussmenü serviert.
Kulturell. Politisch. Sportlich. Gesellschaftlich. Geografisch. Es gibt mehrere Betrachtungsweisen, wo das Zentrum Österreichs liegt. Für die Ausseer existiert eigentlich nur eine Option: Das Zentrum ist dort, wo sie sind. Und was kartografische Koordinaten angeht, stimmt das ja definitiv auch: Je nach Messmethode mitten in Bad Aussee oder auf einem nahen Berggipfel liegt der errechnete Mittelpunkt des ganzen Landes.
Im Selbstbewusstsein der Bevölkerung spiegelt sich das wider. Nicht ganz zufällig spricht man hier auch von einer eigenen Republik in der Republik. Spaziert man entlang des Altausseer Sees oder lässt man den Blick vom Tressenstein oder Loser durch die Kulisse wandern, erhärtet sich dieser Eindruck. Hier gibt es auf engstem Raum alles, wofür Rest-österreich 83.000 Quadratkilometer braucht: Herrschaftliche Villen,
saftige Wiesen, Trachten-kirchtage und traditionelle Handwerkskunst. Dazu Skilifte, Thermen-wellness und Wanderwege, schöne Hotels und sonnige Kaffeehausterrassen. Garniert mit Bergen, die bis in luftige
Höhen, und Bräuchen, die bis in dunkle Tiefen der Geschichte reichen.
Und natürlich: die Seen. Gleich eine Handvoll drängt sich auf engstem Raum, darunter auch das »Steirische Meer«: Als größter See der Steiermark schmückt sich der Grundlsee mit diesem Beinamen. Wie es sich für einen echten Ozean gehört, inklusive eigener Schifffahrtslinie seit über 140 Jahren. Bei einer Drei-seen-tour – neben dem Grundlsee warten auch noch der Toplitzsee und der kleine Kammersee in nächster Umgebung – wird der Reiz der Landschaft noch intensiver, weil die Felswände, die Uferwälder, die funkelnden Schneefelder des Dachsteingletschers und die rauschenden Wasserfälle dem Panorama eine fast unwirkliche Kitschglasur überziehen. Ein glücksschwerer Genuss.
Noch dazu sind bei den Seen im steirischen Salzkammergut nicht aller guten Dinge drei, sondern gleich vier: Der Bad Ausseer See selbst ist für sich genommen schon eine Portion feinstes Slow Food für die Seele, bei sonnigem Wetter ebenso wie in der berühmt-berüchtigten blassgrauen Nebelund Schnürlregen-version. James Bond kann das bestätigen.
Szenen für »Spectre«, den bislang letzten Kino-einsatz des Geheimagenten, wurden hier gedreht. Stilgerecht auf einer Plätte.
Die für die Region typischen handgefertigten, schlanken Holzboote kann man als alpine Version der venezianischen Gondeln übersetzen. Auf ihnen lässt es sich nicht nur exklusiv frühstücken, sondern vor allem auch fein fischen. Saibling zum Beispiel. In seiner geräucherten Variante gehört er seit jeher zu den Fixstartern auf den Speisekarten der lokalen Gastronomie. Die hat sich zum Glück in den letzten Jahren aber auch außerhalb des Mittelpunkts von Österreich umgesehen – und ist dank beherzter touristisch-kulinarischer Investoren und kreativer Küchenchefs auf erfrischende Weise internationaler geworden, ohne ihre Wurzeln zu vergessen. <