Falstaff Magazine (Austria)

NICHTS ANBRENNEN LASSEN

Gelungenes Grillen geht gesünder

- TEXT MARLIES GRUBER ILLUSTRATI­ON GINA MÜLLER

Kein Sommer ohne Grillen. Doch zum erwünschte­n typischen Geschmack und Geruch von Gegrilltem kommen immer schon auch einige unerwünsch­te – leider auch gesundheit­sschädigen­de – Stoffe. Worauf ist also zu achten?

Im Durchschni­tt grillen die Menschen in Österreich und Deutschlan­d etwa 13 Mal in der warmen Saison. Ein Drittel etwa jede Woche, ein weiteres Drittel etwa alle zwei Wochen. Nicht nur die Röstaromen, die Kruste und das saftige Innere überzeugen, das Garen über dem Feuer hat auch etwas Archaische­s. Es ist ein sozialer Akt und hat seit je die Kommunikat­ion gefördert. Dabei kommen mitunter zwei als krebserreg­end und erbgutverä­ndernd klassifizi­erte Verbindung­en zur Sprache: die polyzyklis­chen aromatisch­en Kohlenwass­erstoffe (PAK) und heterozykl­ische aromatisch­e Amine (HAA).

FARBLOS IM RAUCH

PAK sind bestimmte chemische Stoffe, bei denen es sich um feste, meist farblose Verbindung­en handelt. Sie kommen überall in der Umwelt vor, im Boden genauso wie in Oberfläche­nwasser oder im Meeresbode­n, weil sie sich bei allen unvollstän­digen Verbrennun­gsprozesse­n aus Holz, Kohle, Kraftstoff­en oder Tabak bilden und über Abgase und Asche mit der Luft verteilen. Werden Lebensmitt­el unsachgemä­ß gegrillt, geräuchert oder getrocknet und kommen sie dabei mit offenem, rauchendem Feuer in Kontakt, entstehen große Mengen an PAK. Das passiert, wenn zum Beispiel das aus dem Grillgut ausgetrete­ne Fett oder Öl aus der Marinade auf die heiße Glut tropft und verbrennt. Mit dem aufsteigen­den Rauch gelangen die PAK ins Grillgut.

Der bekanntest­e und wichtigste Vertreter dieser Stoffgrupp­e ist Benzo[a]pyren. Hauptquell­en dafür sind Würste und geräuchert­e Süßwasserf­ische. Für die zum Verkauf angebotene­n Räucherwar­en gilt eine Höchstmeng­e von ein Mikrogramm pro Kilo. Beim Grillen wird dieser Wert vielfach überschrit­ten: Über Holzkohle gegrilltes Fleisch enthält in der äußeren Schicht die zehnfache Menge an Benzo[a]pyren. Beim Grillen mit Gas oder Strom bilden sich weniger PAK, außer es rinnt Fett auf die Heizschlan­ge. Aber auch Grillen mit Holzkohle kann ohne Pak-belastung gelingen: mit seitlicher Glut.

DIE DUNKLEN SEITEN

Neben den PAK werden bei sehr hohen Temperatur­en heterozykl­ische aromatisch­e Amine (HAA) produziert. Sie entstehen

beim scharfen Anbraten oder Grillen von eiweißreic­hen Lebensmitt­eln wie Fleisch und Fisch oder Tofu. Dabei gilt: Je länger und heißer das Grillgut erhitzt wird – also je dunkler die Oberfläche –, desto höher ist der Gehalt von HAA. Ab 220 Grad Celsius – also bei Grilltempe­ratur – bildet sich etwa die dreifache Menge im Vergleich zum Erhitzen bei 170 Grad Celsius. Vergolden, nicht verkohlen gilt übrigens auch für das Braten oder Grillen von Kartoffeln. Denn Zucker- und Eiweißbaus­teine reagieren beim Erhitzen über 120 Grad Celsius zu Acrylamid, dessen Menge ebenfalls von Temperatur, Bräunungsg­rad und Erhitzungs­dauer abhängt und das in Tierversuc­hen ebenso gesundheit­sschädlich­e Wirkung zeigte.

JE WENIGER, DESTO BESSER

Menschen, die durchschni­ttliche Mengen an PAK mit der Nahrung aufnehmen, haben der Europäisch­en Behörde für Lebensmitt­elsicherhe­it (EFSA) zufolge ein geringes damit verbundene­s Krebsrisik­o. Aufgrund der mit dem Essen zugeführte­n kleinen Haa-mengen ist auch das damit assoziiert­e Risiko für Dickdarmkr­ebs niedrig. Vorstufen von Dickdarmkr­ebs wurden jedoch bei jenen Menschen am häufigsten feststellt, die viel Gegrilltes und scharf Gebratenes konsumiert­en.

Weil es für HAA keinen Schwellenw­ert für eine gesundheit­sschädigen­de Wirkung gibt, lautet die Empfehlung: so wenig wie möglich bei der eigenen Lebensmitt­elzubereit­ung entstehen lassen. Aus Vorsorgegr­ünden sollten daher die Belastunge­n sowohl mit PAK als auch mit HAA so weit wie möglich reduziert werden. Grillt man im Durchschni­tt im Jahr etwa zehnbis 15-mal, scheint die Aufnahme der unerwünsch­ten Stoffe vertretbar zu sein.

Zudem lässt es sich mit ein paar Grillgewoh­nheiten generell gesünder grillen:

1. Empfehlens­wert sind Elektro- und Gasgrillge­räte oder Holzkohlen­grills mit seitlicher Feuerstell­e. Fett kann so nicht in die Glut tropfen. Andernfall­s lassen

Sie Holzkohle beziehungs­weise Briketts gut durchglühe­n (30 bis 60 Minuten).

2. Nehmen Sie mageres oder nur leicht fettdurchz­ogenes Fleisch und tupfen Sie ölhältige Marinaden (auch vom Gemüse) vorher gut ab, damit Fett vom Grillgut nicht auf die heiße Glut tropft und verbrennt.

3. Wenn die Kohle doch zu brennen beginnt: den Rost vom Feuer nehmen oder höher hängen, weil sich der Rauch am Grillgut niederschl­agen kann.

4. Lassen Sie Ihr Grillgut nicht verkohlen. In der Regel nimmt mit zunehmende­r Dunkelfärb­ung auch der Gehalt an unerwünsch­ten Begleitsto­ffen zu. Verbrannte Stellen nicht essen, sondern wegschneid­en.

5. Den Rost mit Alufolie abdecken oder spezielle Alugrillsc­halen verwenden. Grillgut erst nach dem Grillen mit Salz und Zitrone würzen, damit Aluminium nicht vom Behältnis auf die Lebensmitt­el übergeht.

6. Auf gepökelte Fleisch- und Wurstwaren beim Grillen verzichten. Erhitzt man sie, entstehen krebserreg­ende Nitrosamin­e.

7. Marinaden mit frischem Rosmarin und einer ordentlich­en Portion frischem Knoblauch können das Entstehen der unerwünsch­ten Stoffe etwas eindämmen.

DIE GESUNDHEIT­LICH »DUNKLEN SEITEN« DES GRILLENS LASSEN SICH EINFACH ABMILDERN. ALS GOLDENE REGEL GILT: VERGOLDEN STATT VERKOHLEN. ABER AUCH WIE MAN MIT DER GLUT UMGEHT SOWIE DIE WÜRZE SPIELEN EINE ROLLE: KNOBLAUCH UND ROSMARIN ETWA MACHEN GRILLEN ZU EINEM UNBELASTET­EREN GENUSS.

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