BERGGERICHT
Kitzbühel, Tirol
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Fünf Jahre ist es her, dass Heinz Hanner sein Restaurant in Mayerling zusperrte. Für alle, die ihn nicht (mehr) kennen – der 58-Jährige zählt zur gastronomischen Gründergeneration und werkte zuletzt als Konsulent. 2020 traf er auf den deutschen Unternehmer und Investor Peter Löw, der sich mit dem »European Heritage Project« das teure Hobby leistet, alte Objekte vor dem Verfall zu retten – darunter zwei Palazzi in Venedig oder das Berggericht in Kitzbühel. Hanner fungiert als Kulinarikleiter in Löws Betrieben, darunter auch Weingüter in Südafrika und dem bayerischen Schloss Frankenberg. Deren Weine gibt’s naturgemäß, neben vielen anderen spannenden, auch im »Berggericht« im ersten Stock des gleichnamigen Hauses. Das mit historischen Versatzstücken dekorierte Lokal ist eine zivilisierte Oase im penetranten Gegröle der Fußgängerzone. Hanner hat gemeinsam mit Küchenchef Marco Gatterer (zuletzt bei Hubert Wallner) ein spannendes Menü konzipiert, die Idee des Eigners wird auch am Teller fortgesetzt – Klassiker in die Neuzeit retten. Ein Gag zu Beginn: gebackene Hahnenkämme (Stichwort: Skiabfahrt). Im besten Sinn ernsthaft: das Amuse Bouche »Pfirsich Melba«, hauchdünn geschichteter Pfirsich auf Ziegenfrischkäse mit süßsaurer Sauce. Ebenso Augenweide wie Geschmacksvolltreffer: »Schweinekram«, dünne Schichten aus mürbem Bauch und Spitzkraut mit Erdäpfelschaum. Von der roten Liste aussterbender Gerichte: Hechtnockerl, gefüllt mit Bisque, darauf halbgare Alpengarnele, dazu Eierschwammerln und Pilzstaub. So geht große Küche. Und noch ein Gag: »Kitzbüheler Rostbraten« vom Wappentier der Stadt, der Gams. Dazu erstklassige Patisserie und Service. Kitzbühel hat eine neue Top-adresse.