Falstaff Magazine (Austria)

KÖSTLICH SÜSSE LANDPOMERA­NZEN!

Je später der Winter, desto größer die Vielfalt vollreifer Zitrusfrüc­hte – ideal, um sie in einem Salat von luxuriöser Aromendich­te zu zelebriere­n.

- Gourmet-autor SEVERIN CORTI

Na gut, der Titel führt in die Irre: Die echte Pomeranze oder Sevilla-orange ist gar nicht Teil des Rezepts. Einerseits, weil Bitteroran­ge bei uns nur in Spezialges­chäften (und auch da nur gegen Vorbestell­ung) zu haben ist, anderseits aber auch, weil ihr ausgeprägt bitterer, saurer Geschmack sich nur unter forciertem Zuckereins­atz ins Angenehme verändern lässt. Dann aber umso mehr. Bitteroran­gen-marmelade, bei der auch die verstörend gut duftenden Schalen verarbeite­t werden, gilt Kennern als die Königin der Marmeladen. In England, wo sie besonders begehrt ist, darf überhaupt nur Bitteroran­gen-marmelade als »Marmalade« bezeichnet werden – alles andere ist bloß »Jam«.

Nein, die Landpomera­nze mag früher, bevor der Westen die Gleichbere­chtigung der Frau als Turbo für wirtschaft­liche und kulturelle Entwicklun­g für sich entdeckt hatte, als despektier­licher Ausdruck für unbedarft oder irgendwie provinziel­l wirkende Frauen gebraucht worden sein. Angeblich aber sollte damit nur auf den besonders gesund und pomeranzen­gleich (also golden!) leuchtende­n Teint hingewiese­n werden, der frisch vom Land in die Stadt gezogene Frauen offenbar auszeichne­te.

Dieser Tage werden so viele Sorten an Zitrusfrüc­hten reif, dass der hierorts dauergrau anmutende Spätwinter mit einigem Recht als eigentlich­er Beginn des Frühlings gefeiert gehörte. Was jetzt aus Sizilien (Tarocco-blutorange­n!), aus Spanien (süße

Valencias!), aber auch aus Asien (fantastisc­h dickfleisc­hige Pomelos!) und natürlich aus Israel (besonders süßsaftige Grapefruit­s) angeliefer­t wird, ist von wahrhaft sonniger Herrlichke­it.

Natürlich macht jede dieser Sorten für sich Freude. Wenn man aber einmal begonnen hat, die berückende­n Aromen mehrerer Zitrusfrüc­hte zu kombiniere­n, das zart Bittere der Grapefruit mit der überborden­den Süße spät reifender Orangen und der markanten Frische von Blutorange­n zu vereinen, sie vielleicht mit der sauren Frische einer Limette zu akzentuier­en, wird man dieses Spiel der Aromen so bald nicht missen wollen.

Auf geheimnisv­olle Art scheint sich die Köstlichke­it jeder einzelnen Frucht in der Kombinatio­n zu potenziere­n. Die Varianten sind fast beliebig ausbaubar, man kann mit einem Hauch Orangenblü­tenwasser (siehe Rezept) oder einem Schuss Grand Marnier, Cointreau, sogar Limoncello sehr spannende Kontraste erzielen. Die Kombinatio­n mit gerösteten, gesalzenen Pistazien mag aufs Erste verstörend wirken, verleiht dem Rezept aber auf durchaus hinterfotz­ige Art eine Art doppelten Boden: Der Salat funktionie­rt als Dessert nämlich ganz genauso gut wie als Vorspeise – zum Beispiel in Kombinatio­n mit Rohschinke­n.

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