DIE PROHIBITION: DAS GESCHEITERTE EXPERIMENT
Bis in die 1980er-jahre war der regelmäßige Konsum von Tafelwein in den USA nur in gehobenen Gesellschaftsschichten ein Thema. Heute sind die Vereinigten Staaten bereits der größte Weinabsatzmarkt der Welt.
Die in vielen Ländern der Welt am Ende des 19. Jahrhunderts populären Temperenzund Abstinenzbewegungen setzten sich vehement für eine Bekämpfung der sozialen Probleme ein, die mit Alkoholismus Hand in Hand gehen. Gegen Ende des Ersten Weltkriegs stieg der Druck auf den Us-senat so stark, dass dieser Ende 1917 den 18. Zusatzartikel als »National Prohibition Act« vorschlug. Nachdem 36 Bundesstaaten diesen angenommen hatten, wurde der »Volstead Act« ein Jahr später, im Jänner 1919, ratifiziert. Trotz eines Vetos von Präsident Woodrow Wilson passierte das Gesetz auch den Kongress und ab dem 28. Oktober 1919 waren alkoholische Getränke verboten.
Verboten waren sowohl die Produktion als auch die Verbreitung von Alkohol, weitergetrunken wurde aber wie eh und je. Für die organisierte Kriminalität tat sich schlagartig ein sehr lukratives Geschäft auf, Schwarzbrenner, die sogenannten »Moonshiners«, Schmuggler und illegale Bars und Clubs, sogenannte »Speakeasys«, hatten Hochkonjunktur. Die Regierung stellte sich nur halbherzig dagegen, durchsetzen konnte sie letzten Endes dieses Gesetz wegen des Drucks der wirtschaftlichen Depression der Zwanzigerjahre niemals. Im März 1933 wurde von Präsident Franklin D. Roosevelt ein Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht und noch im Dezember 1933 wurde die Prohibition mit dem 21. Verfassungszusatz wieder aufgehoben.
DAS GROSSE TROCKENLEGEN
Doch wie konnte es dazu kommen, dass die Prohibitionsgesetze überhaupt erlassen wurden? Die politischen Gründe dafür sind vielfältig, andere Motivationen reichen von religiösen Überlegungen bis hin zu gesundheitlichen. Lange galten die hohen Steuereinnahmen aus der Produktion alkoholischer Getränke als nicht zu ersetzen. 1913 führten die USA eine allgemeine Einkommenssteuer auf Bundesebene ein, und so lukrierte man Mittel, die einen Ausfall der Alkohol- und Schanksteuer – sie machten bis zu 40 Prozent der Bundeseinnahmen aus – leichter hinnehmbar machten. Der Erste Weltkrieg brachte zusätzlich ein starkes anti-deutsches Element: Weil die riesige Bierindustrie in der Hand deutscher und deutschstämmiger Familien wie Anheuser, Busch, Schlitz oder Pabst war, galt der Bierkonsum als unpatriotisch. Die Prohibition war auch kein neues Phänomen in den USA, doch nun schwappte sie von ländlichen Gebieten auf die Städte und Industriezonen über. Der Bundesstaat Maine hatte seine Bevölkerung bereits 1851 trockengelegt, und bis 1916 – also noch vor dem Volstead Act – hatten bereits 23 Staaten die Prohibition eingeführt, 17 davon durch Mehrheiten bei Volksabstimmungen.
Auch wenn 1933 das offizielle Ende auf Bundesebene brachte, bedeutete dies nicht automatisch, dass sich wirklich überall in den Staaten etwas änderte. Diese konnten nun für sich selbst entscheiden. Noch 1948 gab es drei »trockene« Bundesstaaten, erst 1966 schaffte Mississippi als letzter dieser Staaten die Prohibition ab.
BIS HEUTE VERBOTEN
Doch vor allem in den Südstaaten gibt es bis heute Städte und Counties mit striktem Alkoholverbot. In nicht wenigen Bundesstaaten wird Alkohol nur in staatseigenen Shops mit limitierten Öffnungszeiten verkauft, in einigen ist es bis heute eine Straftat, aus anderen Bundesstaaten – und sei es auch nur als Mitbringsel – Alkohol einzuführen. Das stellt ein Problem für den Vertrieb dar, denn das gilt natürlich auch für den Internethandel. Zudem sind die Einschränkungen in den »Dry Counties« oder »Dry Towns« recht unterschiedlich. Nehmen wir Kentucky mit seinen 120 Counties. Im Land des Bourbons sind 75 Counties »trocken«, in 45 bestehen Einschränkungen. Dort dürfen Restaurants zwar Alkohol zum Essen ausschenken, doch nur solange der Preis für die georderten Getränke unter 70 Prozent der Kosten der konsumierten Speisen bleibt. Lynchburg in Tennessee ist ebenfalls eine »Dry Town«, was seltsam anmutet, weil hier die legendäre Whiskey-weltmarke Jack Daniel’s produziert wird. In Texas ist der Großteil der Counties »halbtrocken«, in manchen darf Bier mit bis zu vier Prozent Alkohol verkauft werden, in anderen schließt eine Grenze von 14 Volumsprozent alles Hochprozentige aus, dafür wird in »Private Clubs« volle Kanne gebechert. Für die Weinproduktion brachte die Prohibition ein ebenso jähes wie vielfach auch dauerhaftes Ende. Nur eine Handvoll Betriebe durfte Messwein erzeugen, Wein zum Kochen musste mit Salz versetzt werden. Manche Traubenproduzenten pressten die Früchte zu Ziegeln, die verschickt wurden, wo sich die Abnehmer daraus ihren eigenen »Wein« vergoren. Bis auch dies verboten wurde.
Zwar hat sich der Umgang mit Alkohol nach der Prohibtion gewandelt, dennoch sind die Gesetze nach wie vor strenger als in weiten Teilen Europas. Alkohol in der Öffentlichkeit, auch in Parks oder an Stränden zu trinken, ist strafbar. Wer Alkohol verkauft, braucht eine Lizenz. Erwerben und konsumieren darf man alkoholische Getränke erst ab 21 Jahren. Ab dann darf es aber auch ein Glas Wein »Made in USA« sein.