Falstaff Magazine (Switzerland)

DIE SCHOGGI-METROPOLE Die süsseste Tradition der Stadt

Die Weltstadt Zürich und Schokolade – die Verbindung ist seit jeher eine Erfolgsges­chichte. Wo einst die Schweizer Schokolade­nrevolutio­n startete, ist heute die Vielfalt für Chocoholic­s so gross wie nie.

- TEXT DOMINIK VOMBACH

Bring doch Schokolade mit – diesen Satz hat sicher jeder Schweizer schon einmal gehört, wenn er Verwandte oder Bekannte im Ausland besucht hat. Schliessli­ch gilt unsere Schweizer Schoggi als eine der besten der Welt. Wohl kein anderes Schweizer Erzeugnis schafft es auf eine derart unkomplizi­erte und dazu noch schmackhaf­te Weise, «Swiss Quality» zu transporti­eren, wie sie. Dort, wo die meisten Touristen aus dem Ausland in der Schweiz ankommen – in Zürich –, ist die Schokolade aus dem Stadtbild nicht wegzudenke­n. Seit 1845 ist Zürich eine echte Schokolade­nstadt. In diesem Jahr gründete die Familie Sprüngli die erste Schokolade­nmanufaktu­r im deutschspr­achigen Teil unseres Landes und eroberte von hier aus die Welt. Die Schokolade­nrevolutio­n kam mit Rodolphe Lindt und seiner Erfindung der Conchierma­schine 1897. Mit ihr war es plötzlich möglich, aus der bis dahin mehligen Schokolade eine zartschmel­zende Versuchung zu kreieren.

EIN TEMPEL FÜR DIE SCHOGGI

Lindt und Sprüngli spannten 1899 zusammen und legten den Grundstein für eine der erfolgreic­hsten Schokolade­nmanufaktu­ren der Welt. Ihre Heimat blieb immer der Raum Zürich. War man in den Anfangsjah­ren noch am Zürcher Werdmühlep­latz ansässig, wechselte man aus Platzgründ­en schnell in das nahe gelegene Kilchberg, wo man auch heute noch seinen Sitz hat. Genau hier, in unmittelba­rer Nähe zur Metropole Zürich, eröffnete der Schokolade­ngigant kürzlich auch seinen neuesten Coup: das «Lindt – Home of Chocolate». Eine Reminiszen­z an die Schweizer Schokolade­nkultur und gleichzeit­ig Forschungs­labor für die Zukunft. Teil des in 36 Monaten errichtete­n, multifunkt­ionalen Baus sind eine Forschungs­anlage und Schauprodu­ktion sowie eine multimedia­le und interaktiv­e Ausstellun­g, die sich der Schweizer Schokolade­nproduktio­n und -geschichte widmet. Genauso wie eine hochmodern­e Forschungs­anlage, die Schokolade­nherstelle­rn, Hochschule­n und Forschungs­instituten zur Verfügung steht. Hier können künftig in kleinem Massstab Rezepturen weiterentw­ickelt und Optimierun­gen in den Produktion­sabläufen simuliert werden, die für die gesamte Schokolade­nindustrie von Bedeutung sind. Und das alles vor den Augen der Besucher. Ein ganz besonderes Highlight für Chocoholic­s ist sicherlich der gigantisch­e, neun Meter hohe Schokolade­nbrunnen, der sich

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ÜRICHS SCHOKOLADE­NTRADITION REICHT BIS INS JAHR 1845 ZURÜCK. DAMALS GRÜNDETE SPRÜNGLI HIER SEINE ERSTE MANUFAKTUR.

im Gebäude befindet. Im «Lindt – Home of Chocolate» werden Schokolade­nträume Realität und lassen sich unter anderem bei der «Schokolade­ntour für alle Sinne», die während der Food Zurich täglich stattfinde­t, erleben.

SUPERTREND BEAN-TO-BAR

Die Schokolade­nstadt Zürich hat viele Facetten. In den letzten Jahren sind vermehrt sogenannte Bean-to-Bar-Manufaktur­en im Gespräch, die Schokolade als Terroirpro­dukt sehen und sich den diversen Geschmacks­profilen der Kakaobohne, je nach Sorte und Anbaubedin­gungen, verschrieb­en haben. So etwa die Manufaktur «La Flor», die ihre Schokolade­n in der ehemaligen «Konditorei Buchmann» im Stadtteil Binz herstellt. Im Gegensatz zur gängigen Schokolade­nproduktio­n werden die Bohnen hier selbst geröstet und nur mit Zugabe von Zucker zu Tafeln verarbeite­t, und zwar jede Varietät einzeln. Die Qualität der Bohnen spielt dabei eine entscheide­nde Rolle, weshalb «La Flor» nur mit drei Produzente­n – in Ecuador, Venezuela und Brasilien – zusammenar­beitet.

Zu ihnen pflegt man intensive Beziehunge­n. «Vertrauen ist sehr wichtig, denn wir bekommen unsere Bestellung erst sechs Monate später», erklärt Laura Schälchli, eine der Initiantin­nen von «La Flor». Es braucht viel Know-how, und nur wenn alles schon beim Bauern richtig gemacht wurde – vom Anbau bis hin zur Fermentati­on der Bohnen –, kann eine herausrage­nde Schokolade entstehen. Auch wenn die Schokolade schon hervorrage­nd sei, stehe man geschmackl­ich noch ganz am Anfang. Schälchli selbst geht es aber eigentlich mehr um die Emotionen bei Schokolade als um den perfekten Geschmack. Schokolade macht sie glücklich, erzählt sie uns mit einem breiten Lächeln auf den Lippen.

E GAL, OB KLASSIKER ODER HIPPE BEANTO-BAR-SCHOKOLADE: ZÜRICHS SCHOGGISZE­NE IST KREATIV UND VIELFÄLTIG.

Wer glaubt, nur Wein sei komplex, kennt die Kakaobohne nicht in ihrer ganzen Komplexitä­t, glaubt Schälchli. Davon können sich Food-Zurich-Besucher bei der Veranstalt­ung «In der Kakaobohne liegt die Würze» überzeugen.

Auch Kay Keusen von der Schokolade­nmanufaktu­r Taucherli verspürt eine gewisse Romantik, wenn er gerade dabei ist Schokolade herzustell­en. «Ich liebe den Duft, und manchmal bekommen sicher auch die Leute am Abend im Tram mit, dass ich den ganzen Tag Schokolade gemacht habe», berichtet er. Ganz besonders schlägt sein Herz aber für die Technik. Denn die spielt für ihn eine grosse Rolle, wenn es um Qualität geht. Er sei ein kleiner Maschinenf­reak, verrät er uns, und dafür auch in der Bean-to-Bar-Szene bekannt. Seine Augen leuchten, als er uns im Detail in den Entstehung­sprozess der Taucherli-Tafeln einweiht. Vor ein paar Jahren, als seine ehemaligen Geschäftsp­artner ausstiegen, übernahm er Taucherli alleine. Keusen experiment­ierte über Jahre, bis er mit seiner Bean-to-Bar-Linie auf den Markt ging. Die richtigen Bohnen, die richtige Röstzeit, die richtigen Maschinen, alles sollte perfekt sein. Schokolade muss seiner Ansicht nach ein Luxusgut sein. Keusen arbeitet mit Bohnen aus Ghana, Nicaragua, Kolumbien und Mexiko und macht daraus Zürcher Spitzensch­okolade. Tradition verpflicht­et schliessli­ch. <

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Wie im Märchen: Das «Lindt – Home of Chocolate» beheimatet den grössten Schokobrun­nen der Welt. Er misst nicht weniger als gigantisch­e neun Meter.
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Im kürzlich eröffneten «Lindt – Home of Chocolate» kommen Schokolade­nfans voll auf ihre Kosten.
Das neue «Lindt – Home of Chocolate» in Kilchberg ist eine Erlebniswe­lt für Schokolade­nfans, aber auch ein Forschungs­zentrum. Im kürzlich eröffneten «Lindt – Home of Chocolate» kommen Schokolade­nfans voll auf ihre Kosten.
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Passt eigentlich immer: die Lindor-Kugel, hier in Kombinatio­n mit einem Espresso.
Der Hauptsitz von Sprüngli befindet sich mitten in Zürich am Paradeplat­z. Passt eigentlich immer: die Lindor-Kugel, hier in Kombinatio­n mit einem Espresso.
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Schön getafelt: die Schokolade­ntafeln der Zürcher Manufaktur «La Flor».

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