Falstaff Magazine (Switzerland)

JOINT VENTURE MIT KUBA

Der Wein- und Spirituose­nhändler Urs Ullrich verrät im Falstaff-Interview, weshalb Rum eine grosse Zukunft bevorsteht und warum er in eine Rum-Produktion auf Kuba investiert hat.

- INTERVIEW BENJAMIN HERZOG

FALSTAFF Rum ist geschmackl­ich ein enorm weites Feld. Allein schon, was den Süssegrad betrifft. Macht es das nicht schwierig, ihn an den Mann zu bringen?

URS ULLRICH Nein, genau das ist doch das Coole am Rum, genauso wie beim SingleMalt­Whisky gibt es eine enorme Bandbreite an Aromen und Stilen. Wir stehen beim Rum ungefähr dort, wo wir 1978 beim Whisky standen. Es gibt noch unheimlich viel zu entdecken.

Welche Entwicklun­gen stehen Ihrer Meinung nach beim Rum als Nächstes an?

Ich denke, wir werden in Zukunft nicht mehr nach Stilen differenzi­eren müssen, sondern nach Herstellun­gsmethoden. Es geht nicht mehr darum, ob ein Rum der spanischen, englischen oder französisc­hen Stilistik angehört, sondern ob er in einer Pot Still gebrannt wurde oder in einer kontinuier­lich arbeitende­n Anlage. Beim Rhum agricole ist man betreffend Vorgaben schon weit. Das hat zur Folge, dass dort auch die höchste Qualität zu finden ist.

Selber investiere­n Sie in ein Rum-Projekt auf Kuba, wie kam es dazu?

Ein guter Freund von mir fragte mich, ob ich Interesse hätte, bei einem Joint Venture mit dem kubanische­n Staat mitzuwirke­n. Vor drei Jahren bin ich eingestieg­en, und mittlerwei­le haben wir tatsächlic­h einen Vertrag mit dem kubanische­n Staat unterschri­eben. Wir haben eine Lagerhalle mit 7000 gefüllten Rumfässern bekommen, genauso wie das Recht, Rum zu produziere­n, auf dem heimischen Markt zu verkaufen und zu exportiere­n. Es handelt sich erst um das zweite Joint Venture dieser Art nach Pernod Ricard mit Havana Club.

Das tönt nach einem langwierig­en Prozess …

Es war sehr komplizier­t, ja. Wir warteten gut 1,5 Jahre auf die Vertragsun­terzeichnu­ng. Da waren auch gewisse Unsicherhe­iten im Spiel. Wir planen, im nächsten Jahr die Insel zu besuchen und alles zu begutachte­n – unsere 7000 Fässer haben wir bis heute erst auf Bildern gesehen.

Handelt es sich um ein reines Schweizer Projekt?

Wir Schweizer Investoren halten gut 50 Prozent an der Firma, es gibt aber auch Beteiligun­gen aus Finnland, Kuba oder England. Es ist also ein internatio­nales Projekt, und natürlich hoffen wir, dass der Rum irgendwann auch internatio­nal Anklang findet.

Mit La Progresiva de Vigia existiert bereits eine Füllung des Projekts auf dem internatio­nalen Markt, welche Schritte sind als Nächstes geplant?

Wir werden in langsamen Schritten vorangehen müssen, das zeigt die Erfahrung. In Zukunft wollen wir vor allem auch Rum für den lokalen Konsum auf Kuba anbieten, also nicht nur gereifte, braune Exemplare, sondern auch weissen Rum. Wir wollen, dass uns die Einheimisc­hen als kubanische Marke wahrnehmen. Und natürlich sollen die vielen Touristen, die auf die Insel kommen, den Rum entdecken. <

«WIR STEHEN BEIM RUM UNGEFÄHR DORT, WO WIR 1978 BEIM WHISKY STANDEN. ES GIBT IN DIESER SPIRITUOSE­NKATEGORIE NOCH UNHEIMLICH VIEL ZU ENTDECKEN.»

URS ULLRICH HÄNDLER UND RUM-EXPERTE

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Der Rum La Progresiva de Vigia stammt aus alten Rum-Beständen des kubanische­n Staates.
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