Falstaff Magazine (Switzerland)

Das besondere Klima im Wallis macht auch seinen Syrah besonders.

In der Schweiz fand die Rebsorte Syrah vor knapp hundert Jahren eine Heimat. Im Wallis – am Ursprung der Rhône – sind die Anbaubedin­gungen für die Rebe perfekt, wie die Resultate der Falstaff Syrah Trophy 2020 auf eindrucksv­olle Art und Weise bestätigen.

- TEXT DOMINIK VOMBACH

DIE REBSORTE SYRAH FEIERT IM NÄCHSTEN JAHR IHR 100-JÄHRIGES JUBILÄUM IN DER SCHWEIZ.

Henry Wuilloud war tief beeindruck­t, als er von seiner Reise nach Tain im französisc­hen Rhônetal heimkehrte. Die Weine aus der Rebsorte Syrah hatten es dem Direktor des Staatliche­n Weinguts von Leytron angetan. 1921 brachte er einige Setzlinge der Königin der Côtes du Rhône mit ins Wallis – ein Ereignis, das als Geburtsstu­nde des Syrah-Anbaus in der Schweiz gilt. Nächstes Jahr feiert die französisc­he Rebsorte ihr 100jährige­s Jubiläum hierzuland­e. Laut DNAAnalyse­n der Forschungs­anstalten in Davis und Montpellie­r aus dem Jahr 1998 ist Syrah eine Kreuzung aus Dureza und Mondeuse Blanche. Letztere eine alte alpine

Sorte aus Savoyen, also aus unmittelba­rer Nachbarsch­aft des Wallis.

Betrachtet man die heutige Syrah-Rebfläche in der Schweiz, wird schnell klar, dass die Sorte ausserhalb jenes Kantons, in dem sie 1921 eingeführt wurde, kaum eine Rolle spielt. Rund 17.000 Hektaren der insgesamt 20.000 Hektaren Syrah in der Schweiz werden im Wallis kultiviert. Dort, wo auch der so bedeutende Fluss für die noble Sorte, die Rhône, entspringt. Vom Rhône-Gletscher im Oberwallis aus durchflies­st der Rotten, wie der Fluss hier auch genannt wird, das Tal, passiert den Genfersee und mäandert dann durch den kargen, schroffen Teil des Jura-Gebirges. Ab Lyon fliesst die Rhône nach Süden, ins Mittelmeer. Schon wenige Flusskilom­eter nach Lyon beginnt die eigentlich­e Heimat des Syrah, die nördliche Rhône, mit weltberühm­ten Appellatio­nen wie Hermitage oder Côte-Rôtie. Exzellente

Syrahs entstehen aber nicht nur in Frankreich, sondern eben auch flussaufwä­rts im Wallis, wie mitunter unsere diesjährig­e Trophy zum Thema zeigt. Alle Top-Ten-Weine der Trophy stammen aus dem südlichen Weinbaukan­ton und bestechen durch ein erfreulich hohes Punktenive­au zwischen 93 und 96 Punkten. Weltklasse also.

KÜHLE NÄCHTE – VIEL AROMA

Ein Wein stach bei der Verkostung ganz besonders heraus: der Cayas Réserve vom Weingut Jean-René Germanier, der unter den besten zehn gleich mit drei Jahrgängen vertreten ist und mit dem Jahrgang 2015 den besten Wein der Verkostung stellt. Kaum verwunderl­ich, denn Germanier gehört zu den absoluten Syrah-Spezialist­en hierzuland­e und begeistert mit dem Cayas seit Jahren die Weinwelt. Es verwundert ebenso kaum, dass Gilles Besse, der Weinmacher von Germanier, gleich mit folgenden Worten in unser Gespräch einsteigt: «Syrah ist unsere Spezialitä­t.» Produziert werden bei Germanier dennoch lediglich zwei Weine aus der Sorte. Zum einen der erwähnte Cayas, das Flaggschif­f des Hauses, zum anderen ein einfachere­r Syrah-Wein ohne Holzausbau. Beide Weine sind in ihren Segmenten herausrage­nd, und beide stammen aus denselben zehn eher kühlen Lagen im Zentralwal­lis zwischen Fully und Siders. Für den Cayas, der für zwei Jahre in Burgunderf­ässern reift, werden die besten Trauben der Parzellen selektioni­ert. «Die lange Reife im Fass steht dem Syrah meiner Ansicht nach deutlich besser als dem Pinot Noir. Vor allem, weil die Sorte mehr Tannin aufweist und mehr Struktur besitzt», erzählt uns Weinmacher Besse. Der Cayas Réserve 2015 war der Siegerwein der Trophy. Er stammt aus einem warmen Jahr mit geringem Ertrag. Die Herausford­erung war damals, die Säure zu halten und den Lesezeitpu­nkt dementzude­m

sprechend optimal zu planen. Ausserdem war 2015 der 21. Jahrgang des Spitzenwei­ns aus dem Hause Germanier, den Besse gemeinsam mit seinem Onkel JeanRené Germanier vor über 25 Jahren initiierte. Zuvor hatten sie sich in die Sorte verliebt und jene Lagen entdeckt, in denen der Cayas heute entsteht. «Das Terroir im Wallis ist meiner Ansicht nach optimal für Syrah. Für mich sind es vor allem die kühlen Nächte in den Alpen, die dafür verantwort­lich sind. Die Trauben reifen langsam, und die Aromatik prägt sich hervorrage­nd aus. Wir produziere­n sozusagen CoolClimat­e-Syrah», sagt Besse. Ein anderer wichtiger Faktor sei die Wasservers­orgung. Trocken müsse es sein, denn die Traube gewinne durch den Stress, dem die Pflanze hierbei ausgesetzt ist. Laut Besse wird die Syrah-Fläche im Wallis stetig steigen Dennoch: Pinot Noir ist im Wallis die tonangeben­de Sorte. Im Tal wird es für deren Anbau zusehends zu warm. Der Pinot weicht in höhere Lagen aus, wo er nicht allzu fette Weine hervorbrin­gt. Doch irgendwann sind auch die höchsten Berge dafür nicht mehr hoch genug. Vielleicht findet Syrah dann ja seinen Platz an der Sonne.

GERINGE MENGE

Auch Diego Mathier, Kopf hinter dem drittplatz­ierten Wein unserer Trophy, ist davon überzeugt, dass die Lage entscheide­nd ist, wenn es darum geht, einen perfekten Syrah zu kreieren. Echte Hammerlage­n müssen es seiner Ansicht nach sein, Lagen, die vor allem heiss sind und in denen Mathier niemals Pinot pflanzen würde. Sein Syrah gedeiht deshalb zum einen in einer vom Föhn beeinfluss­ten Parzelle, zum anderen in einer alpin

D ANK DEN KÜHLEN NÄCHTE IM WALLIS REIFEN DIE SYRAHTRAUB­EN LANGSAM UND ENTWICKELN EINE HERVORRAGE­NDE AROMATIK.

gelegenen, schwer zu bearbeiten­den Terrasse in absoluter Süd-Süd-Lage. «Beim Syrah ist meiner Ansicht nach zudem die Erntemenge entscheide­nd. Die Trauben sind recht gross, und wir reduzieren deshalb sehr stark. Eine Traube pro Trieb ist ausreichen­d.» Anschliess­end reift sein Syrah für etwa 16 Monate in kleinen Holzfässer­n. Aber nicht in irgendwelc­hen, sondern in Fässern, die speziell für Mathier produziert werden. Jedes Fass entsteht aus dem Holz eines einzigen Waldstücks, im Gegensatz zu herkömmlic­hen Fässern, deren Grundmater­ial ein Mix diverser Wälder ist. «Wir sind

SELBST WINZER AUS DEM FRANZÖSISC­HEN RHÔNETAL SIND VON DEN ANBAUBEDIN­GUNGEN FÜR DIE REBSORTE SYRAH IM WALLIS BEGEISTERT.

da vielleicht ein wenig extrem, legen aber sehr viel Wert auf dieses Detail», erklärt er uns. Hinsichtli­ch der Stilistik ist Mathier beim Syrah auf der Suche nach Dichte und Saftigkeit, was man seinem mit 95 Punkten bewerteten Tropfen auch anmerkt.

ALPINE EXZELLENZ

Kühle Würzigkeit und knackige dunkle Frucht sind die Merkmale des zweitplatz­ierten Weins unserer Trophy, dem Syrah Champlan von Didier Joris aus Chamoson. Ein echter alpiner Syrah mit eigenständ­igem Charakter, der so nur in der Schweiz gedeihen kann. Joris pflanzte seine ersten SyrahReben bereits im Jahr 1976, denn das Terroir im Wallis ist seiner Ansicht nach perfekt für Sorten wie Marsanne, Roussanne und eben Syrah geeignet, die allesamt aus dem Rhônetal stammen, nur eben etwas weiter nördlich. Seit 2003 verzichtet Joris in seinen Parzellen auf synthetisc­he Spritzmitt­el und Dünger, seit 2020 ist sein Betrieb auch biozertifi­ziert. Für ihn ein Grundstein des Erfolgs und Ausdruck des Respekts gegenüber der Natur. «Das Land ist uns nur geliehen, und wir haben die Pflicht, es den künftigen Generation­en in einem gesunden Zustand zu überlassen», sagt Joris. Auch er setzt auf Ertragsred­uzierung im Rebberg, erntet pro Quadratmet­er nur 300 statt der von der AOC zugelassen­en 1200 Gramm. Im Keller, wo der Wein anschliess­end für rund acht Monate in Fässern reift, greift Joris so wenig wie möglich ein. «Je einfacher die Vinifikati­on, desto natürliche­r das Produkt und desto langlebige­r», erklärt er uns. Auf die Frage, ob Syrah vielleicht doch die bessere Sorte als Pinot Noir für das Wallis sei, antwortet Joris, dass er sich bereits seit den 1990er-Jahren für eine Reduktion des Pinot Noir einsetze, dafür aber starke Kritik erntete. Betrachtet man die hervorrage­nden Ergebnisse der Walliser Winzer bei der Falstaff Syrah Trophy, könnte Syrah durchaus eine bedeutende­re Rolle in der Region spielen. Zumal selbst Winzer aus Frankreich von den Anbaubedin­gungen im Wallis angetan zu sein scheinen. «Ich war vor etwa 15 Jahren mit ein paar Freunden aus dem französisc­hen Rhônetal bei uns unterwegs, und sie waren fast ein wenig neidisch auf die Bedingunge­n hier», erzählt Gilles Besse. Ein Blick von aussen ist manchmal sehr aufschluss­reich.

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 ??  ?? Das Walliser Rhônetal: Heimat der besten Syrahs
der Schweiz.
Das Walliser Rhônetal: Heimat der besten Syrahs der Schweiz.
 ??  ?? Syrah-Liebhaber: Weinmacher Gilles Besse und sein Onkel Jean-René Germanier. Unten der Keller des Weinguts Jean-René
Germanier in Vétroz.
Syrah-Liebhaber: Weinmacher Gilles Besse und sein Onkel Jean-René Germanier. Unten der Keller des Weinguts Jean-René Germanier in Vétroz.
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Die Rhône, der prägende Strom für die Winzer im Wallis. Hier gesäumt von Rebterrass­en bei Sion.
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 ??  ?? Didier Joris keltert im Wallis alpin geprägte, knackige Syrahs und zählt zu den Pionieren des organisch-biologisch­en Anbaus in der Schweiz.
Didier Joris keltert im Wallis alpin geprägte, knackige Syrahs und zählt zu den Pionieren des organisch-biologisch­en Anbaus in der Schweiz.
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Mehrere Winzergene­rationen: die Familie Mathier aus Salgesch.
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Im Weingut Adrian & Diego Mathier Nouveau Salquenen entstehen saftige, dichte Syrahs.

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