Falstaff Magazine (Switzerland)

«BASEL IST DIE KULTURHAUP­TSTADT DER SCHWEIZ»

Der Kurator, Produzent und Künstler Klaus Littmann über den hohen Stellenwer­t der Kunst in der Stadt im Dreiländer­eck.

- INTERVIEW MAIK NOVOTNY

LIVING Sie sind seit Langem in vielen Rollen in der Kunstwelt Basels aktiv. Wie hat sich die Kunstszene in Basel in den letzten Jahren und Jahrzehnte­n entwickelt?

KLAUS LITTMANN

Wie überall gibt es Höhen und Tiefen, die Qualität ist jedoch konstant hoch geblieben. Die grossen Häuser haben sich sehr stark internatio­nal positionie­rt. Parallel dazu hat sich aber auch die alternativ­e Szene stark entwickelt, vor allem im öffentlich­en Raum sowie mit Um- und Zwischennu­tzungen und sogenannte­n Offspaces. Kleinbasel und der Hafen sind ins Blickfeld gerückt, und der Rhein ist seit der Neugestalt­ung des Ufers im Sommer und an Wochenende­n zum Treffpunkt der Stadt geworden.

Sie wurden 2002 mit dem Kulturprei­s der Stadt Basel ausgezeich­net. Ist die Stadt eine Art «kulturelle­r Nährboden» für Sie?

Ich werde oft gefragt, warum ich das, was ich mache, in Basel mache und nicht woanders. Der Grund dafür: Das Kulturbewu­sstsein in dieser Stadt ist enorm, sei es in der Hochkultur oder in der Subkultur. Das betrifft nicht nur eine Elite, sondern die ganze Bevölkerun­g. Auch die Grösse und Lage der Stadt im Dreiländer­eck mit rund 200.000 Einwohnern ist ideal. Man kann in Basel sehr gut kooperiere­n, es gibt hier keinen Dünkel. Dieser besondere Charakter geht weit zurück in die Geschichte: Der Humanismus spielte hier immer eine grosse Rolle. Insbesonde­re das Kunstmuseu­m, die erste und öffentlich­e Kunstsamml­ung der Welt, ist für mich immer wieder künstleris­che und geistige Nahrung.

Wie wichtig ist das Mäzenatent­um der Bürger und der Industrie für die Kunst?

Das Mäzenatent­um in Basel ist einzigarti­g.

Das gilt auch für den Umgang damit. Es ist gut überlegt, gezielt und passiert auf diskrete Weise. Dieses kulturelle Verantwort­ungsbewuss­tsein wird in den Familien und Unternehme­n oft über Generation­en weitergere­icht. Das Geld fliesst dabei nicht immer nur in die grossen Häuser, sämtliche kulturelle Ausdrucksf­ormen profitiere­n davon. Des Weiteren engagieren sich die Basler auch stark im sozialen Bereich.

Welche Bedeutung hat Basel als Kunststand­ort in der Schweiz, und wie unterschei­det man sich von Zürich?

Basel ist und bleibt die Kulturhaup­tstadt der Schweiz. Zürich ist etwas lauter, dort zeigt man her, wenn man etwas macht. In Basel ist man zurückhalt­ender und hängt das nicht an die grosse Glocke. Das Kultiviere­n einer Städteriva­lität finde ich aber eher uninteress­ant.

Welche internatio­nale Bedeutung hat Basel als Kunststand­ort, und welche Rolle spielt die Kunstmesse Art Basel dabei?

Die Art Basel ist heuer 50 Jahre alt. Eine solche Institutio­n hat sicherlich Einfluss auf die Stadt, auch wenn diese während der Messe in einem Ausnahmezu­stand erlebt wird. Die Menge an Events ist für einen einzelnen Besuch gar nicht zu bewältigen. Am Abend trifft sich ein buntes, internatio­nales Publikum in der Stadt, und auf Einladung kann die eine oder andere grossartig­e Privatsamm­lung bewundert werden. Die Expansion 2002 nach Miami hat der Art Basel einen enormen Schub gegeben. Heute ist sie eine Weltmarke. Sie wird in einem Atemzug mit der documenta Kassel und der Biennale Venedig genannt, das ist für eine Messe beachtlich.

Welche Museen und Galerien in Basel würden Sie einem kunstinter­essierten Besucher empfehlen?

Natürlich das Kunstmuseu­m. Auch das Museum der Kulturen, die Fondation Beyeler, die Kunsthalle und das Schaulager. Die neue Kulturstif­tung KBH.G, die jüngst eröffnet hat und wo ich im kommenden Frühjahr ein Ausstellun­gsprojekt präsentier­e, das die Kunstinter­vention FOR FOREST im Wörthersee-Stadion als Ausgangspu­nkt nimmt und erweitert. Unter den Galerien sicher die seit 1969 bestehende Galerie Stampa. Was die Galeriensz­ene betrifft, bin ich sehr optimistis­ch, da jetzt ein Generation­enwechsel stattfinde­t. Die Galerie Dominik Müller, er kombiniert Kunsthande­l und Programmga­lerie mit historisch­er Kunst, die Galerie Carlo Knoell, Nicolas Krupp, Stefan von Bartha – sie alle setzen sich inhaltlich und intensiv mit der Kunst auseinande­r und kooperiere­n. Sie sehen sich nicht als Konkurrent­en, sondern als Akteure, die etwas bewegen wollen.

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