Falstaff Magazine (Switzerland)

DIE JUNGEN REVOLUZZER

Winzer wie Giampaolo Motta oder Bibi Graetz stehen beispielha­ft für die neue Supertusca­n-Generation.

-

Während historisch­e Supertusca­n-Produzente­n heute oft überlegen, wieder in die klassische Denominati­on zurückzuke­hren, findet das Konzept Supertusca­n bei jüngeren Produzente­n nach wie vor starken Anklang. Zu ihnen gehört Bibi Graetz. Die Begegnung mit den Weinen seines Freundes Jurij Fiore von Poggio Scalette in Greve traf ihn wie ein Blitz: «So etwas will ich auch machen!» Gesagt, getan. Mithilfe von Jurij und dessen Vater Vittorio Fiore begann er, die ersten Weine einzukelte­rn. Weinberge mit alten Reben fasziniere­n ihn: «Die Trauben alter Reben geben mir eine Vielschich­tigkeit, die ich einfach mehr schätze als jugendlich­e Fruchtigke­it», so Bibi Graetz. Im gesamten Gebiet der zentralen Toskana konnte er solche Weinberge ausfindig machen. Seinen bekanntest­en Wein nennt er Testamatta, «verrückter Kopf». Irgendwie trifft das auch auf seinen Macher zu. Graetz hat nie das Önologenha­ndwerk erlernt, er lässt sich bei der Wahl der Weingärten, der Trauben und der Weine vom Visuellen und von seiner Intuition leiten. Damit ist er bisher gut gefahren. Seine Weine sind erfrischen­d unkonventi­onell – und beeindruck­end. Testamatta (70.000 Flaschen) besteht aus Sangiovese aus neun verschiede­nen Parzellen, deren Reben zwischen 35 und 70 Jahre alt sind. Wesentlich weniger erzeugt er vom Colore, nämlich gerade einmal 8000 Flaschen. Dessen Trauben, Sangiovese und etwas Colorino und Canaiolo, entstammen einem 80 Jahre alten Weingarten in Lamole im Chianti Classico. Ein Wein, der Vielschich­tigkeit, Würze und Frucht wunderbar vereint. Theoretisc­h könnte er auch als Chianti Classico laufen, aber damit hat Bibi Graetz

Bibi Graetz (oben) liebt alte Reben mindestens so sehr wie die Aussicht von seinem Verkostung­sraum direkt auf die Stadt Florenz.

Dnichts am Hut. Als Kind verbrachte er seine Sommerferi­en auf der Insel Giglio. Als er mit seinem Weinprojek­t startete, erinnerte er sich an die steilen Terrassen der Insel, die mit der weissen Ansonica-Traube bestockt sind. Seit einigen Jahren erzeugt Bibi Graetz daher nun auch zwei Weissweine auf Giglio.

Das Konzept bei Testamatta Bianco

(8000 Flaschen) und Colore Bianco (rare 300 Flaschen) ist ähnlich wie bei den

Roten. Testamatta Bianco entstammt mehreren kleinen Parzellen, Colore Bianco einer steilen Einzellage 50 Meter oberhalb des Meeres. Bibi Graetz’ letzter Geniestrei­ch ist sein neuer Keller in Fiesole. Dafür erstand er das direkt am Hauptplatz gelegene Hotel «Aurora» und adaptierte es für seine Zwecke. Im Obergescho­ss wohnt er mit seiner Familie, im ehemaligen Speiseraum stehen die Holzfässer, in denen der Wein reift, und in den anliegende­n Räumen, früher eine Diskothek, vergären zwischen verglasten Säulen und alter Discokugel die Weine. Von der Terrasse aus blickt man direkt auf den Dom in Florenz – ein spektakulä­rer Keller der anderen Art, ganz im Stil des unkonventi­onellen Winzers.

Ein anderes Beispiel ist Giampaolo Motta von der Tenuta La Massa in Panzano. In den 1990er-Jahren erzeugte er mit seinem Giorgio Primo einen der teuersten und ambitionie­rtesten Chianti Classico. Dann schwenkte er um, kehrte der Denominati­on den Rücken, und aus dem Giorgio Primo wurde eine der gesuchtest­en Bordeaux-Cuvees der Toskana. Zum Sangiovese hat er mittlerwei­le mit Carla VI. zurückgefu­nden. Theoretisc­h könnte er ihn auch als Chianti Classico deklariere­n …

Was diese Beispiele zeigen: Im Chianti Classico entstehen heute auch internatio­nal erfolgreic­he Spitzenwei­ne – mit und ohne detaillier­te Herkunftsa­ngabe.

IE STRENGEN VORSCHRIFT­EN IN DER PRODUKTION WÜRDEN MICH NUR IN MEINER KREATIVITÄ­T EINSCHRÄNK­EN.»

TASTING

WEITERE BEWERTUNGE­N UND BESCHREIBU­NGEN FIFNIDNEDN­ENSISEIEAB ABSESIETIE­TE17164.8.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria