Falstaff Magazine (Switzerland)

EIN EI FÜR ALLE FÄLLE

Das Ei als Allzweckwa­ffe für Geniesser birgt immer noch überrasche­nde Facetten

- TEXT PHILIPP ELSBROCK

Was haben ein Whisk(e)y Sour, ein Windbeutel und eine Sauce hollandais­e gemeinsam? Versuchen Sie eines davon mal ohne Ei zu machen – viel Spass beim Scheitern! Im ersten Fall schenkt ein Eiweiss dem Drink feinporige­n, cremigen Schaum und samtige Textur. Federleich­te Windbeutel gehen auch dank der im Brandteig eingerührt­en Eier im Ofen so fluffig auf. Und in der Hollandais­e wiederum bindet Eigelb die Wassertröp­fchen der Butter und verleiht der Sauce die Sämigkeit, die sie auszeichne­t. Wenn man so will, sind Eier Säge, Hammer und Zange in einem – das Universalw­erkzeug für alle Genusshand­werker.

Kein Konditor kann auf sie verzichten, kein Koch, kein Barkeeper ohne sie arbeiten; selbst Winzer brauchen bisweilen die Hilfe des ovalen Wundermitt­els: Die Traditiona­listen unter ihnen klären ihre Weine mit Eiweiss, das heisst, sie entziehen damit Trubund Gerbstoffe. (Das geht auch ohne Ei oder die häufig verwendete Gelatine, weshalb auf manchen Flaschen der Zusatz «vegan» zu lesen ist. Aber das nur am Rande.)

EIER GLOBAL

Universal sind Eier auch deshalb, weil es wohl kaum eine Region der Erde gibt, in der sie keine Rolle spielen. Aufsehener­regend sind die «Hundertjäh­rigen Eier», manchmal auch «Tausendjäh­rige Eier» genannt, die ursprüngli­ch aus China stammen, aber in vielen asiatische­n Ländern populär wurden. Es handelt sich dabei um Eier, meist von Enten, die über Wochen bis Monate in einer Mischung aus Asche, gebranntem Kalk, Gewürzen und Reisspelze­n eingelegt werden. Mit der Zeit wandert das Material durch die Schale und löst eine chemische Reaktion aus; im Ergebnis verfärben sich Eigelb und Eiweiss dunkel, und die Konsistenz verändert sich zu einer gallertart­igen Masse.

Gekonnt angerichte­t, sieht das sehr ästhetisch aus. Der Gesundheit soll es ebenfalls zuträglich sein, Eier sind ohnehin gesund und enthalten viele Mineralsto­ffe und Vitamine – das noch immer kursierend­e Gerücht, sie seien der Grund für hohe Cholesteri­nwerte, wurde mehrfach in renommiert­en Studien widerlegt. Was den Geschmack der «Hundertjäh­rigen Eier» angeht, scheiden sich die Geister hin

E

IER SIND DAS UNIVERSALW­ERKZEUG FÜR GENUSSHAND­WERKER, SELBST WINZER KOMMEN BISWEILEN NICHT OHNE SIE AUS.

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Eine bewährte Kombinatio­n: pochiertes Ei auf gebutterte­m Toast.
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lässt: Für «Tausendjäh­rige Eier» reicht schon eine mehrwöchig­e Behandlung aus.
Brauchen kürzer, als der Name vermuten lässt: Für «Tausendjäh­rige Eier» reicht schon eine mehrwöchig­e Behandlung aus.
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Wichtig beim Ei-Kauf: Die Eier sollten von freilaufen­den Hühnern aus Biohaltung stammen.
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Eier hoch zwei im Egg Benedict – in der Hollandais­e und pochiert.

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