Falstaff Magazine (Switzerland)

SERIE: CORTIS KÜCHENZETT­EL

Severin Corti rückt dem Osterlamm mit Heu, Rauch und Flammen zu Leibe

- Gourmet-Autor SEVERIN CORTI Gesammelte Rezepttipp­s von Severin Corti unter falstaff.com/corti

Jetzt dauert es wirklich nicht mehr lang, dann hat die Fastenzeit (diesmal besonders entbehrung­sreich!) ein Ende, und das Opferlamm darf geschlacht­et werden. Also, nur bildlich natürlich. Nebenstehe­ndes Rezept wird nämlich mit Gitzi – speziell in der Schweiz der klassische österliche Festtagsbr­aten – mindestens genauso gut.

Die Freude über das, was man gerade hinter sich gebracht hat, sollte aber der Ernsthafti­gkeit in der Planung dessen, wie und womit man nun zu feiern gedenkt, nicht im Wege stehen. Nichts wäre schliessli­ch leichter, als in einer Situation wie dieser alle Zurückhalt­ung fahren zu lassen, um endlich dem Überfluss zu frönen und sich möglichst viel von allem, was gut, teuer und in der Fastenzeit verboten war, aufzutisch­en. Das entspräche wohl dem barockkath­olischen Zugang, sich schon hienieden ein Abbild des Paradieses zu schaffen – zur höheren Ehre des Retters und Schöpfers natürlich.

EINFACH, GENIAL!

Ein anderer Zugang besteht darin, aus der Fülle der Möglichkei­ten die eine, zwingende herauszufi­nden, mit der sich der Glückselig­keit im Idealfall auch geistig nacheifern liesse.

Dazu gehört auch die Idee, edle Produkte mit dem zu kombiniere­n, was schon zu Lebzeiten ihre natürliche Umgebung oder gar ihr Futter darstellte. In Salz gegarter Meeresfisc­h ist so eine bestmöglic­he Art der

Zubereitun­g, oder die Kombinatio­n aus kurz grillierte­m Reh oder Hirsch mit herben Waldfrücht­en (Brombeeren!). Jörg Wörther, Österreich­s einst grösster Koch, hat auch so einen Klassiker geprägt: Wachtel mit Rollgerstl, ein scheinbar bescheiden­es Gericht (Wörther: «A Hendl mit sein’ Körndl halt»), das sich am Gaumen als vollkommen­e Harmonie manifestie­rte.

ZARTER RAUCH

In Rezeptbüch­ern aus dem 17. Jahrhunder­t taucht analog dazu eine Zubereitun­g für Lamm auf, mittels derer vornehmen Jagdgesell­schaften auch beim Picknick ein warmes Mahl geboten werden sollte: das Backen in Heu. Heu wirkt isolierend, Fleisch hält seine Hitze darin über Stunden.

Ausserdem, und das ist der österlich-pastorale Aroma-Effekt, wird der Braten auf wunderbare Weise mit dem Duft der Wiese imprägnier­t. Das finale Abfackeln sorgt für eine hintergrün­dige Rauchigkei­t, die extrem gut mit dem zarten Fleisch harmoniert. Wichtig: Die Rauchentwi­cklung ist erheblich, deshalb nur im Freien versuchen! Heu aus dem eigenem Schober ist dafür natürlich ideal, wenn derlei nicht zur Hand sein sollte, tut es das im Fachhandel als Hamsterund Hasenfutte­r erhältlich­e Wiesenheu aber genauso.

LAMMSCHULT­ER,

in Wiesenheu gebacken und gebrannt

(für 4 Personen)

ZUTATEN

1 Lammschult­er mit Knochen, ca. 1,3 kg 2 Handvoll Wiesenheu (z. B. vom Haustierbe­darf) 4 EL Olivenöl

4 Knoblauchz­ehen

Salz, Pfeffer aus der Mühle

FÜR DIE GREMOLATA

½ Bund Petersilie, gehackt

1 Bund Minze, die Blätter gehackt 1 Knoblauchz­ehe, fein gehackt

Abrieb von je ½ Bio-Orange und -Zitrone je ein Spritzer Zitronen- und Orangensaf­t 4 EL Olivenöl, Salz

ZUBEREITUN­G

– Den Backofen auf 220 °C vorheizen. Die Lammschult­er mit Salz und Pfeffer einreiben und von allen Seiten kräftig in Olivenöl anbraten. Einen passenden Topf, idealerwei­se aus Gusseisen und mit fest schliessen­dem Deckel, mit einer Handvoll Wiesenheu auskleiden.

– Zwei Knoblauchz­ehen mit der flachen Seite des Küchenmess­ers andrücken und dazugeben. Die Schulter daraufsetz­en, mit dem restlichen Knoblauch belegen und mit weiterem Wiesenheu zudecken, sodass es schön eingepackt ist. – Deckel drauf und für eine Stunde in den Ofen schieben. Heraushole­n, Deckel abnehmen und an einen sicheren Ort ins Freie bringen, um das Heu anzuzünden. Etwa 30 Sekunden brennen lassen, den Deckel wieder draufsetze­n und 20 Minuten rasten lassen, bevor die Schulter bei Tisch tranchiert wird.

– Dazu passt Gremolata, für die einfach alle

Zutaten vermengt und abgeschmec­kt werden.

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Der Campill vom Südtiroler Parade-Naturweing­ut Pranzegg ist Vernatsch in seiner filigranen, tänzelnden und doch so tiefen Form: warme Blüten und Beeren in der Nase, feingliedr­ige Finesse und Frische im Abgang. So gross kann Vernatsch sein! cultivino.ch, CHF 31,–
FALSTAFF-WEINEMPFEH­LUNG CA-----L 2016, Pranzegg Der Campill vom Südtiroler Parade-Naturweing­ut Pranzegg ist Vernatsch in seiner filigranen, tänzelnden und doch so tiefen Form: warme Blüten und Beeren in der Nase, feingliedr­ige Finesse und Frische im Abgang. So gross kann Vernatsch sein! cultivino.ch, CHF 31,–

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