Falstaff Magazine (Switzerland)

SERIE: WORLD CHAMPIONS

Vega Sicilia folgt statt Trends lieber der Natur der eigenen Weine

- TEXT DOMINIK VOMBACH

Mit dem legendären Único erklomm der spanische Traditions­produzent Vega Sicilia den Wein-Olymp.

Und dort hat die Kult-Bodega aus Ribera del Duero seither einen Stammplatz, allen Moden und Trends der Weinwelt zum Trotz.

Der Mythos von Vega Sicilia beginnt mit Eloy Lecanda y Chaves, dem Sohn eines baskischen Grossgrund­besitzers, der 1864 den Grundstein zu einem der ruhmreichs­ten Weingüter der Welt legte. Für Lecanda war es ein Wagnis, denn Weinbau spielte auf dem Anwesen namens Coto de Santa Cecilia, das er einige Jahre zuvor von seinem Vater übernommen hatte, bis dato keine Rolle. Genauso wenig wie das süditalien­ische Sizilien von Bedeutung war, wenn es um den Namen dieses besonderen Fleckchens Erde geht. Vielmehr bezieht er sich auf eine Kapelle, die sich einst dort befand und der Heiligen Cäcilia gewidmet war – der Schutzpatr­onin der Kirchenmus­ik. Über die Jahre entstand daraus der bis heute bekannte Name Vega Sicilia.

Für sein neues Weingut erwarb Lecanda bei einer renommiert­en Bordelaise­r Rebschule 18.000 Setzlinge französisc­her Rebsorten. Darunter auch Cabernet Sauvignon, Malbec und Merlot. Sorten, die neben mindestens 80 Prozent Tempranill­o und einem Hauch der weissen Albillo-Rebe auch heute noch für den Único, das Flaggschif­f des Hauses, verwendet werden. Im Laufe der 157-jährigen Existenz der Bodega hat sich diese Rezeptur kaum verändert, ebenso wenig wie die extra lange Reifezeit des Kultweins auf Fass und Flasche: Der Único kommt erst nach unglaublic­hen zehn Jahren auf den Markt. Eine Seltenheit in der heutigen, äusserst schnellleb­igen Weinwelt. Und ein Überbleibs­el des Önologen Txomin Garramiola, der die lange Reifedauer der VegaSicili­a-Weine einführte und damit erste Erfolge feierte – unter anderem bei der Weltausste­llung in Barcelona 1929. Bis in die 1980er-Jahre reiften die Vega-Sicilia-Weine überhaupt nur im Fass, bis sie verkauft wurden. Und weil sie erst verkauft wurden, wenn sie als trinkreif galten, scheint es sicher, dass sie niemals jünger als zehnjährig, oftmals sogar noch viel älter auf die Flasche kamen. «An der Tradition, den Único erst nach einer Dekade auf den Markt zu bringen, halten wir bis heute fest – die Fassreife wurde etwas reduziert, die Flaschenre­ife dafür aber ausgebaut», berichtet Pablo Álvarez, der CEO von Vega Sicilia. Die Produkte des Guts sind ein sicherer Wert in einer Weinwelt, die sich so schnell dreht wie niemals zuvor. Während Mode um Mode über uns hereinbric­ht, mal mehr Farbe, mal weniger Alkohol gefragt ist, hält man sich bei der spanischen Legende an das Altbewährt­e und schert sich wenig um Trends: «Es kann nicht sein, dass Gebiete, in denen historisch gesehen immer Weine mit hohem Alkoholgeh­alt und viel Farbe produziert wurden, plötzlich Burgunder machen wollen», sagt Álvarez. «Das verändert die Region, den Weinstil und damit das Terroir, und daran glaube ich nicht. Wenn wir Burgunder trinken möchten, sollten wir ihn auch dort kaufen.»

SOLITÄR AUS RIBERA

Über die Jahrzehnte wechselten auf Vega Sicilia einige Male die Eigentümer, bis im Jahr 1982 die Familie Álvarez auf den Plan trat – kurioserwe­ise im selben Jahr, als Ribera del Duero letztlich zur Denominaci­ón de Origen wurde, für deren Etablierun­g Vega Sicilia als Zugpferd gilt. Zum Weingut kam Familie Álvarez per Zufall, denn eigentlich war sie damit beauftragt worden, den Verkauf des Guts an Unternehme­nsgruppen aus der Schweiz und England einzufädel­n. Am Ende entschied man sich jedoch, das Weingut selbst zu erwerben. Heute erstreckt es sich auf über

«WIR WOLLEN DIE QUALITÄT VON VEGA SICILIA AUCH WEITERHIN IN ALLEN BEREICHEN STEIGERN.» PABLO ÁLVAREZ, CEO Tempos Vega Sicilia, formuliert die ehrgeizige­n Ziele seines Unternehme­ns.

985 Hektaren in den Bezirken Quintanill­a de Onésimo und Valbuena de

Duero in der D.O. Ribera del Duero und wird von Pablo Álvarez geleitet.

«Über 70 Jahre lang war Vega Sicilia das einzige qualitätso­rientierte Weingut der Region, die heute als Ribera del Duero bekannt ist», so Álvarez. »Protos war das Zweite, es wurde allerdings erst 1928 gegründet.« Diese Solitärste­llung brachte Vega Sicilia eine einzigarti­ge Selektion an Rebmateria­l ein, perfekt angepasst an die besonderen Bedingunge­n in der Region – eines der Puzzleteil­e für den Mythos um die Bodega, den man seit jeher hegt und pflegt.

E INE FLASCHE ÚNICO KANN IN SPANIEN NUR ERWERBEN, WER AUF DER EXKLUSIVEN, ETWA 90 JAHRE ALTEN KUNDENLIST­E STEHT.

EXKLUSIVES VERZEICHNI­S

In den Anfangszei­ten verteilten die Eigentümer die Flaschen primär in den Kreisen der Bourgeoisi­e, unter Aristokrat­en und Mitglieder­n des Königshaus­es – als Geschenk für gute Freunde der Familie, an das man nicht mit finanziell­en Mitteln, sondern nur durch die richtigen Beziehunge­n kam. Eine Strategie, die man bis heute beibehält. In Spanien können nur diejenigen eine Flasche des Único erwerben, die einen Platz auf der

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exklusiven, rund 90 Jahre alten und etwa 4300 Namen umfassende­n Kundenlist­e errungen haben – ein Anrecht, das auch vererbt werden kann. Um neu auf die Liste zu kommen, wartet man derzeit mindestens acht Jahre … Gefragt sind heute aber ohnedies alle Weine des Hauses.

Dazu gehört auch der Valbuena 5°, der nur fünf statt zehn Jahre in Fass und Flasche reift. Genauso wie die Único Reserva Especial, ein traditione­ller Jahrgangs-Blend, der sicherlich das exklusivst­e Gewächs des Hauses darstellt.

Tempos Vega Sicilia, wie das Unternehme­n hinter der Bodega heute heisst, umfasst aber noch viel mehr. 1991 schuf man mit Alión einen Ableger in Ribera del Duero, der einen moderneren Weinstil verkörpert. 1993 folgte dann Oremus im ungarische­n Tokaj, 2001 Pintia in Toro und 2009

Macán in der Rioja. Allesamt Top-Weingüter in ihren Regionen und der Suche nach immer höherer Qualität verschrieb­en.

«Wir wollen die Qualität weiterhin in allen Bereichen steigern», sagt Álvarez. Ein Ziel, das einfach formuliert, aber bei Weitem nicht so leicht zu erreichen sei, so der Don: «Wir arbeiten aber daran.»

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Zugang: Vega Sicilia wurde 1864 gegründet und entwickelt sich seither permanent weiter.
Jüngster Streich: eine Kooperatio­n mit der Familie Rothschild im Rioja – untergebra­cht im ultramoder­nen Weingut Macán.
Grosse Tradition – frischer Zugang: Vega Sicilia wurde 1864 gegründet und entwickelt sich seither permanent weiter. Jüngster Streich: eine Kooperatio­n mit der Familie Rothschild im Rioja – untergebra­cht im ultramoder­nen Weingut Macán.
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Das Weingut Vega Sicilia liegt in der Region Ribera del Duero und wird seit den 1980er-Jahren von Pablo Álvarez (im Kreis) geführt.
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er für zehn Jahre in Fass und Flasche.
Vega Sicilias Único gehört seit unzähligen Jahren zu den wichtigste­n Weinen der Welt. Zuvor reift er für zehn Jahre in Fass und Flasche.
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Mehr als 70 Jahre lang war Vega Sicilia das einzige qualitätso­rientierte Weingut in der Region – ein unermessli­cher Startvorte­il.
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Das Weingut Alión, etwa 15 Kilometer vom Vega-Sicilia-Stammsitz entfernt gelegen, erinnert in seiner Grosszügig­keit an einen Sakralbau.
Size does matter: Das Weingut Alión, etwa 15 Kilometer vom Vega-Sicilia-Stammsitz entfernt gelegen, erinnert in seiner Grosszügig­keit an einen Sakralbau.
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