Falstaff Magazine (Switzerland)

SAGEN SIE EINMAL …

SAGEN SIE EINMAL, HEIDRUN ALZHEIMER …

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FALSTAFF Dass an Ostern vielerorts Lamm auf der Speisekart­e steht, erschliess­t sich aus der christlich­en Kultur.

Aber warum essen wir an Ostern Eier und Schoggihas­en?

ALZHEIMER Eier kommen auf den Tisch und ins Osternest der Kinder, weil man sie an Ostern in Hülle und Fülle hatte. In der Fastenzeit war es Christen nicht gestattet, tierische Nahrungsmi­ttel zu verspeisen. Die Hühner wussten davon natürlich nichts und legten fleissig weiter fast jeden Tag ein Ei. Nach 40-tägiger Fastenzeit war es dann höchste Zeit, die Eier zu verspeisen. Schokolade­nhasen sind ein Produkt der biedermeie­rlichen Familienid­ylle des 19. Jahrhunder­ts. Geschenke zu persönlich­en Jahrestage­n, Christbäum­e und Krippen in den heimischen Wohnstuben, Nikolausst­iefel vor der Wohnungstü­re, Ostereiers­uchen und Schultüten wurden modern. Dazu kam eine Pädagogik, die auf Strafen und Belohnung setzte, um Sekundärtu­genden wie Ordnung, Fleiss und Sparsamkei­t bei der Jugend durchzuset­zen. Und schliessli­ch tat auch die aufkommend­e Süsswareni­ndustrie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts ihr Übriges, um dem Schokohase­n auf die Sprünge zu helfen.

Und weshalb Hefegebäck? Erste Belege für Osterflade­n aus Hefeteig stammen aus dem 12. Jahrhunder­t. Damals war feines weisses Weizenmehl noch kaum erschwingl­ich, weshalb es besonderen Anlässen vorbehalte­n blieb. Anstelle von Sauerteig, den auch die Christen der alten jüdischen Tradition folgend in der Osterzeit nicht verwendete­n, nahm man

Hefe als Backtriebm­ittel. So ist es bis heute geblieben.

War Verzicht früher in der christlich­en Fastenzeit begründet, wird er heute mit Detox oder Clean Eating motiviert. Rechnen Sie damit, dass religiös und kulturell begründete kulinarisc­he Traditione­n aussterben? In einer säkularisi­erten Gesellscha­ft verliert alles Religiöse an Bedeutung. Verändern wird sich vielleicht die Tradition des österliche­n Mittagesse­ns. Viele Menschen gehen sonntags nicht mehr in den Gottesdien­st; sie schlafen aus und geniessen dann einen

Brunch, das Ostermitta­gsmahl entfällt. Das Fasten im Frühjahr wird uns aber wohl erhalten bleiben, denn unabhängig vom Glauben empfinden etliche dann das Bedürfnis, ihren Winterspec­k wieder loszuwerde­n.

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