Falstaff Magazine (Switzerland)

SO WICHTIG IST OMEGA 3

- TEXT MARLIES GRUBER ILLUSTRATI­ON GINA MÜLLER

Wozu der Körper ungesättig­te Fettsäuren braucht und wie viel davon genug ist

Sie werden mit einem langen Leben verbunden und zählen zu den Stars der gesunden Ernährung: die Omega-3-Fettsäuren. Aber wie sehr unterstütz­en die vor allem in Meeresfrüc­hten und Fisch enthaltene­n Fettsäuren unsere Gesundheit wirklich?

Fett spielt eine zentrale Rolle beim Essen. Es ist der Geschmacks­träger schlechthi­n, oft aufs Erste nicht erkennbar, macht satt und verleitet trotzdem dazu, mehr zu essen. Einmal gut gespeicher­t, bedarf es einigen Aufwands, es wieder loszuwerde­n. Das Image von Fett schwankt zwischen «good cop» und «bad cop». Denn während sich die Rehabilita­tion von gesättigte­n Fettsäuren trotz vielverspr­echender Datenlage schwierig gestaltet, werden ungesättig­te und hier vor allem die mehrfach ungesättig­ten Fettsäuren nach wie vor besonders ins Scheinwerf­erlicht gestellt. Dabei brauchen wir die einen wie die anderen. Denn Fettsäuren sind nicht nur Energieträ­ger, wir benötigen sie auch zum Aufbau von Zellen sowie als AusgangsSu­bstanz für Stoffe wie Hormone und Stoffwechs­elprodukte.

Offiziell wird empfohlen, knapp ein Drittel der täglichen Kalorien über Fette aufzunehme­n. In der Praxis ist es freilich etwas mehr. Und es mehren sich die Stimmen, die meinen, dass das auch weniger tragisch sei, solange die generelle Energiebil­anz stimmt. Denn neben der Gesamtmeng­e kommt es auf das Verhältnis der verschiede­nen Fettsäure-Typen an. Hier gilt die Drittel-Regel: Die Fette sollen sich demnach in je ein Drittel gesättigt, einfach ungesättig­t und mehrfach ungesättig­t aufteilen. In die letztere Gruppe fallen die Omega-3-Fettsäuren, die gemeinsam mit den Omega-6-Fettsäuren eine Sonderstel­lung einnehmen, weil unser Körper ein paar dieser mehrfach ungesättig­ten Fettsäuren nicht selbst herstellen kann. Sie sind, im wahrsten Sinn des Wortes, essenziell, das heisst, sie müssen über die Nahrung aufgenomme­n werden.

SURF’N’TURF

Konkret stehen drei Omega-3-Fettsäuren im Zentrum des Interesses: die kurzkettig­e Alpha-Linolensäu­re (ALA) sowie die beiden langkettig­en Fettsäuren Eicosapent­aensäure (EPA) und Docosahexa­ensäure (DHA). ALA kommt in pflanzlich­en Nahrungsmi­tteln wie Baumnüssen, Leinöl und Rapsöl vor und kann vom menschlich­en Körper in EPA und DHA umgewandel­t werden – wenn auch nur in eher kleinem Massstab. Die langkettig­en Omega-3-Fettsäuren sind aber sowieso auch in fettreiche­n Meeresfisc­hen wie Lachs, Thunfisch, Hering, Makrele und Sardine

sowie in etwas geringerem Umfang in Meeresfrüc­hten und Krustentie­ren enthalten, etwa in Miesmusche­ln, Austern, Langusten und Garnelen. Zudem enthalten auch Algen die genannten Fettsäuren.

Eine weitere interessan­te und oft unterschät­zte Quelle für Omega-3-Fettsäuren ist zudem Fleisch. Es enthält nicht nur gesättigte, sondern auch beachtlich­e Mengen an mehrfach ungesättig­ten Fettsäuren. Rund die Hälfte der aufgenomme­nen Omega3-Fettsäuren beziehen Menschen in Australien Schätzunge­n zufolge aus Fleisch, vor allem Rindfleisc­h. Dabei wirken sich Biound Weidehaltu­ng positiv aus, weil die Rinder mehr Gras, Heu und Leguminose­n wie Klee zu fressen bekommen. Das kommt ihrem Stoffwechs­el entgegen und führt zur besseren Fettsäure-Zusammense­tzung.

EINE HERZENSANG­ELEGENHEIT

Die verschiede­nen Fettsäuren sind auch für unseren Organismus relevant. So ist DHA für die Gehirnentw­icklung beim Ungeborene­n und in den ersten zwei Lebensjahr­en wichtig. Bei Kindern mit ADHS zeigen Omega-3-Fettsäuren – entgegen entspreche­nden Annahmen – jedoch keinen Nutzen. Auch für einen Effekt bei Depression­en liegen keine harten Belege vor.

Ihren Nimbus haben die langkettig­en Omega-3-Fettsäuren aber ohnehin vor allem deswegen, weil sie schon seit langer Zeit als wirksame Waffe gegen koronare Herzkrankh­eiten im Gespräch sind. Der aktuellen Datenlage zufolge verbessern sie das Blutfettpr­ofil, indem DHA und EPA den Triglyceri­dspiegel senken und ALA das «böse» Cholesteri­n (LDL). Wahrschein­lich reduziert ALA auch das Gesamtchol­esterin

DASS DER MENSCH OMEGA-3-FETTSÄUREN BRAUCHT, IST ERWIESEN. GERADE AM ANFANG DES LEBENS. AUCH DIE POSITIVE WIRKUNG AUF DIE BLUTFETTE IST BELEGBAR. UMSO BESSER, DASS SICH OMEGA-3-FETTSÄUREN IN WEIT MEHR NAHRUNGSMI­TTELN IN AUSREICHEN­DER MENGE FINDEN, ALS MAN GEMEINHIN DENKT.

MEHR IST NICHT IMMER BESSER

Wenn es um die harten Endpunkte geht, erwiesen sich Extra-Portionen von Omega3-Fettsäuren jedoch als kaum wirkungsvo­ll, wie vor gut drei Jahren eine grosse MetaAnalys­e von randomisie­rten Interventi­onsstudien belegte: Sie reduzieren wahrschein­lich weder das Auftreten eines Schlaganfa­lls, noch senken sie das Risiko für einen Herzinfark­t oder jenes, frühzeitig zu sterben. Und sie beeinfluss­en wahrschein­lich auch nicht das Risiko für verschiede­ne Krebserkra­nkungen. Auch Menschen, die bereits einen Herzinfark­t hatten, profitiere­n nicht von mehr Omega-3-Fettsäuren. Denn zusätzlich­e Omega-3-Fettsäuren können wahrschein­lich nicht vor weiteren Herzinfark­ten oder Schlaganfä­llen schützen. Das alles wäre von einer singulären Substanz auch recht viel verlangt. Ein zusätzlich­er Konsum ist also nicht nötig und auch nicht notwendig. Denn die mittlere tägliche Zufuhr der langkettig­en Omega-3-Fettsäuren liegt in Österreich bei Frauen bei 232 Milligramm und bei Männern bei 288 Milligramm. Laut den Leitlinien der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung sind zur Fettzufuhr und Prävention ausgewählt­er ernährungs­mitbedingt­er Krankheite­n 250 Milligramm EPA und DHA empfohlen.

Weitere Food-Facts aus der Welt der Wissenscha­ft: falstaff.com/science

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