Falstaff Magazine (Switzerland)

EN PRIMEUR KAUFEN:

Was bedeutet es eigentlich, Weine in Subskripti­on zu kaufen? Und wann hat das überhaupt Sinn? Mit dem Bordeaux-Jahrgang 2020 kommen für Weinliebha­ber zahlreiche spannende Angebote – Falstaff beantworte­t vorab die wichtigste­n Fragen für potenziell­e Käufer.

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Die En-primeur-Kampagne bezeichnet ein vom Weinhandel in Bordeaux ersonnenes Prinzip, das einerseits dazu führt, dass die Winzer Geld für Wein bekommen, der noch im Fass liegt. Anderersei­ts bekommen die Kunden die Möglichkei­t, die begehrtest­en Weine aus Bordeaux zu kaufen, bevor diese noch abgefüllt und auf den Markt gebracht sind. Man kauft und bezahlt also den Jungwein quasi blind, der erst etwas mehr als ein halbes Jahr im Barrique reift, und bekommt den fertigen Wein rund eineinhalb Jahre später ausgeliefe­rt. Der Vorteil für den Endverbrau­cher ist bei der Geschichte ein deutlich besserer Preis als jener, den der Fachhandel später für den Wein ausrufen wird.

Entstanden ist diese Form des Warentermi­ngeschäfts bereits vor über 200 Jahren, war aber in früherer Zeit nur für die Weinhändle­r möglich. In den alten Tagen wurde der Wein samt den Gebinden verkauft, die Abfüllung auf Flaschen erfolgte erst durch den Händler und oft erst weit weg von Bordeaux, etwa in England, Holland oder Belgien. Das ist auch der Grund dafür, dass die meisten Châteaus nur über Lagerhalle­n für die Barriques des ersten und zweiten Jahres verfügen, einen Weinkeller findet man in der Gironde aber höchst selten.

DER «PLACE DE BORDEAUX»

Erst seit 1972 ist die «mis en bouteille au château», die Flaschenab­füllung direkt am Weingut, verbindlic­h vorgeschri­eben, und seit den 1980er-Jahren wurde das En-primeur-System auch Privatkund­en zugänglich.

Das passierte nicht zuletzt, weil während der Ölkrise einige Händler am Platz Bordeaux bankrottgi­ngen und man so auch das Kapital der Letztverbr­aucher in dieses mehrstufig­e Geschäft direkt miteinbezi­ehen konnte.

In der Praxis geht das so: Die bekannten Châteaus verkaufen den Grossteil ihrer Produktion durch sogenannte «courtiers» – das sind erfahrene Zwischenhä­ndler, welche die Weingutsbe­sitzer zum Beispiel auch bei der Preisgesta­ltung beraten – in mehreren Tranchen an die Händler («négociants»), die an der «place de Bordeaux» registrier­t sind. Von diesen rund 400 eingetrage­nen Firmen handeln nur etwa 150 mit den Grands Crus Classés. Diese wiederum bedienen den Weinfachha­ndel in aller

Welt, der mit einem kleinen Aufschlag die Kontingent­e an Weinen, die er als Allokation vom «négoce» in Bordeaux zugeteilt bekommt, für den Endverbrau­cher in Subskripti­on anbietet.

Zeitlich spielt sich das in der Regel zwischen dem 15. Mai und dem 15. Juni ab, in als qualitativ schwach oder preislich überhöht angesetzte­n Jahrgängen kann es auch durchaus länger dauern.

Aber warum sollte ein Konsument einen Wein kaufen, den er nicht verkosten kann und der erst im Herbst 2023 ausgeliefe­rt wird? Der wichtigste Punkt ist der zu erwartende Preisvorte­il. Im Vorjahr wurde der herausrage­nde Jahrgang 2019 zu vergleichs­weise günstigen Preisen angeboten, und trotz des schwierige­n wirtschaft­lichen Umfelds lief die En-primeur-Kampagne zügig und erfolgreic­h und hat die Erwartungs­haltung für 2020 entspreche­nd erhöht.

Der Jahrgang ist qualitativ wiederum top und auch die Zahlenmagi­e mit dem Nullerjahr stimmt. Auch wenn die Preise nicht zuletzt wegen der geringeren Erntemenge und der jüngsten Frostereig­nisse im April 2021 über dem Niveau von 2019 liegen, so ist die Ratio zwischen Qualität und Preis für 2020 noch extrem gut. Wenn Sie also den Wein eines speziellen Weinguts und diesen vielleicht auch noch in einem grösseren Format als der Bouteille in Ihren Keller bekommen möchten, sollten Sie rasch zugreifen. Denn wer diesmal in Subskripti­on kauft, kann nichts falsch machen.

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ER AKTUELLE JAHRGANG 2020

IST FÜR BORDEAUXFR­EUNDE EINE SICHERE EMPFEHLUNG FÜR EINEN EN-PRIMEUR-KAUF.

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Das Novum der jüngsten Saison sind die gläsernen Tubes der Bordelaise­r Firma Flaconwit, in denen 100-Milliliter-Proben der Jungweine in alle Welt verschickt wurden.

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