Falstaff Magazine (Switzerland)
LONG WEEKEND ST. TROPEZ
Tipps für ein perfektes Wochenende an der Côte d'Azur
Anders als viele Orte an der Riviera hat Saint-Tropez sein romantisch-dörfliches Flair weitgehend bewahrt. Obwohl – oder vielleicht gerade weil vor allem die internationale Hautevolee Sommer für Sommer zum Ausspannen und Partymachen einfliegt und Massentourismus hier weniger wichtig ist als anderswo. Das verleiht dem 4000-Einwohner-Städtchen eine fast magische Stimmung.
FREITAG
Der Tag beginnt mit Sightseeing und Shopping im Herzen der kleinen Stadt. Nach einem Sundowner am Hafenbecken spazieren wir ins Luxushotel «Cheval Blanc» für ein exquisites Dinner.
Wer nur für ein Wochenende nach Saint-Tropez kommt, hat keine Zeit zu verlieren. Deshalb fahren wir auch nicht mit dem Wagen vom Flughafen in Nizza hierher, sondern mieten einen Helikopter für die kurze Strecke und gewinnen so gleich mehrere Stunden. Denn die einzige Strasse auf die Halbinsel, auf der «St. Trop» liegt, ist im Sommer meistens heillos verstopft. Unser erster Weg führt uns an den alten Hafen, wo die Fischerboote längst von prächtigen, teil riesigen und mit allen Extras ausgerüsteten Mega-Yachten abgelöst worden sind – ein imposanter Anblick. Wer sich stärken muss, nimmt einen Happen und dazu einen späten Café oder einen frühen Apéro, zum Beispiel im berühmten «Café Senequier», dessen knallrote Möbel und die ebensolche Markise es weithin sichtbar machen.
Schön? Wer fragt danach …
Am Nachmittag bummeln wir durch die Altstadt von Saint-Tropez – aber nicht zu schnell, denn das kleine Örtchen ist in wenigen Minuten durchquert. Also lieber schön gemütlich und immer die Dependencen der grossen Modemarken im Blick. Denn wenn der Jetset nach Saint-Tropez kommt, öffnen auch Chanel, Dior und wie sie alle heissen hier ihre Pop-up-Boutiquen. Wobei das Pop-up auf eine falsche Fährte locken könnte. Denn hier werden prunkvolle historische Villen Jahr für Jahr neu dekoriert und einladend gestaltet, um dem Auge der kaufkräftigen Kundschaft stets etwas Neues bieten zu können. Und wer ein klassisches Saint-Tropez-Souvenir sucht, ist mit den berühmten «Sandales Tropéziennes» bestens bedient. Das sind flache Römer-Sandalen aus feinstem Leder, die seit 1933 in Handarbeit herstellt werden. Und zum Dinner spazieren wir danach in das elegante Restaurant «La Vague d’Or» im Luxushotel «Cheval Blanc», wo der DreiSterne-Koch Arnaud Donckele grandios kocht.
SAMSTAG
Nach einem Marktbesuch an der zentralen Place des Lices zieht es uns ins Hinterland und an den legendären Strand von Pampelonne, wo einst der Stern von Brigitte Bardot aufging.
Unter jahrhundertealten Platanen findet zweimal wöchentlich (Dienstag und Samstag) der Markt statt. Ein Spektakel per se, das wir uns nicht entgehen lassen wollen – hier werden nicht nur frische Artischoken, Melonen, pralle Kirschen und Pfirsiche aus dem Luberon, sondern auch Strohhüte und Blumenkleider angeboten. Französische «Art de Vivre» pur. Danach gönnen wir uns einen Café au lait auf der schattigen Terrasse in einem der umliegenden Cafés. Und sobald die Marktstände verschwunden sind, wird die Place de Lices wieder zum «Terrain de Pétanque» der Anrainer – das ist ein Stückchen altes Saint-Tropez, das man unbedingt gesehen haben sollte.
Bevor es aber in der Stadt zu heiss wird, packen wir zusammen und flüchten an den Strand – und zwar an den von Pampelonne. Nicht irgendein Strand, sondern der längste Sandstrand an der gesamten Riviera. Gute
4,5 Kilometer lang verläuft er zwischen Cap Pinet und Cap Camarat von Nord nach Süd, schnurgerade. Hier landeten 1944 Alliierte Truppen zur Befreiung Südfrankreichs, hier wurde Brigitte Bardot in den Fünfzigern zum Sexsymbol, hier baden seither Reich und Schön nebeneinander – und dazwischen auch viele Menschen, die weder das eine noch das andere sind. Denn der Strand ist öffentlich und jeder kann ihn nutzen. Etwas zurückgesetzt von der Wasserlinie liegen aber zahlreiche private Beach Clubs, die ihre Gäste nach allen Regeln der Kunst verwöhnen. Hier wird tagsüber gebadet und von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang gefeiert.
Wer es zum Abendessen lieber etwas geruhsamer mag, der kehrt zum Beispiel im Zwei-Sterne-Restaurant «La Voile» im Hotel «La Reserve» in Ramatuelle ein. Auf einem kleinen Berg in traumhafter Umgebung gelegen, geniesst man hier erstklassige mediterrane Küche und einen bezaubernden Blick auf das abendliche Mittelmeer.
SONNTAG
Wir stärken uns mit einer Tarte Tropézienne, erkunden die Halbinsel vom Motorboot aus und erklimmen die Zitadelle des Städtchens, um mit einem tollen Ausblick Abschied zu nehmen.
Welches Signature Dish wird eigentlich mit Saint-Tropez assoziiert? Überraschenderweise kein Seafood, wie man vermuten könnte, sondern eine süsse Verführung, die in einer bereits zum Kultobjekt avancierten weissen Papierschachtel serviert wird. «La Tropézienne», ein Dessert aus Briocheteig mit zarter Vanillecreme und Hagelzucker, die leider leichter schmeckt, als sie ist. Vor mehr als 60 Jahren wurde sie von Alexandre Micka, einem polnischen Bäcker, kreiert, den es mehr oder weniger zufällig an die Côte verschlagen hatte. Micka hatte das Rezept für seine Kreation, die es heute in jeder Pâtisserie an der Côte d’Azur in unterschiedlichen Grössen zu kaufen gibt, von seiner polnischen Grossmutter. Und den Namen erhielt das Gebäck von Brigitte Bardot. Denn Micka verköstigte im Jahr 1956 das Filmteam beim Dreh von «Und immer lockt das Weib» und die BB fand Gefallen an der süssen Köstlichkeit. Und da auch wir etwas Stärkung benötigen, gönnen wir uns eine schnelle «Tropézienne» als petit déjeuner.
Was sollen wir heute unternehmen? Zum Beispiel ein Motorboot mieten und die Halbinsel vom Meer aus erkunden – und dabei auch die vielen Yachten bewundern, die schlicht zu gross sind, um das Hafenbecken des Örtchens anzulaufen. Bis zu 1000 dieser Schiffe, sagen Einheimische, ankern in den Sommermonaten im Golf von Saint-Tropez. Oder wir ziehen die Wanderschuhe an und erobern die Halbinsel entlang des Küstenwanderwegs «Les Douaniers», der im Ortszentrum beginnt und für den man einen halben Tag einplanen sollte. Er führt zwischen roten Felsen und kleinen versteckten Sandbuchten vorbei an Pinienwäldern und knorrigen Olivenbäumen und ist landschaftlich absolut top.
Oder wir tun das, was man in Saint-Tropez ohnedies am besten kann: In den Tag hineinleben, das Flair des Mondänen geniessen und dabei aufkommenden Hunger und
Durst unmittelbar in einem der unzähligen grossartigen Restaurants und Cafés stillen. Etwa im traditionsreichen Seafood-Restaurant «Le Girelier» direkt am alten Hafen. Hier wird nicht nur erstklassig gekocht, hier gilt auch das eherne Gesetz von Saint-Tropez: Sehen und gesehen werden.
Und ehe wir abreisen, erklimmen wir noch rasch die mehr als 400 Jahre alte Zitadelle, die über der Stadt thront. Dort ist ein Seefahrtmuseum untergebracht, von dort hat man aber vor allem auch einen grandiosen letzten Blick auf die Altstadt und das Meer. À bientôt, Saint-Trop!