Falstaff Magazine (Switzerland)
WIRTSCHAFT IM FRANZ
Zürich
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Wer an eine Quartierbeiz denkt, dem kommen wohl als Erstes Bilder von Cordon bleu, Schnitzel mit Pommes und Rösti mit Speck und Spiegelei in den Sinn. Bieruntersetzer aus Karton, Fonduegeruch vom Nachbarn, Jasskarten und Schnaps am runden Stammtisch. Nein, diese Zeiten sind nicht vorbei. Müssen sie auch nicht. Aber schön, dass es mittlerweile auch moderne Lokale gibt, die das Prädikat Quartierbeiz verdienen. So wie die «Wirtschaft im Franz» in Zürich-Wiedikon. Man sitzt auf der Wandbank oder auf HorgenglarusStühlen, alles in Schwarz. Frühlingsblumen auf den hellen Holztischen verleihen Charme. Gino Miodragovic und Sebastian Funck kochen in der offenen Küche. Zum Start gibt es eine Auswahl an hochwertigen Sardinen, dazu warmes, knuspriges Brot. Knollensellerie mit Meyer-Zitrone und
Kalamata-Oliven: ein erfrischender, knackiger, säuerlicher Auftakt. Zudem ein klares Statement: wenige, ausgesuchte Zutaten, spannende Kombinationen, hübsch fürs Auge. Die Bachser Forelle ist leicht angebeizt, Sonnenblumenkerne, geröstet und als Emulsion, sorgen für ein nussiges Aroma. Der Fisch versteckt sich unter roh mariniertem Nüsslisalat, für die Vinaigrette greift das Küchen-Duo nochmals zu Nüsslisalat, frischem Meerrettich und Dill. Ein ebenso raffiniertes wie bodenständiges Gericht – saftig und lecker. Der Service ist freundlich und entspannt. Das Publikum durchmischt, keiner trägt Anzug. Wir stossen mit dem nächsten Glas Wein an, der Erstlings-Kerner, Jahrgang 2020, von Tom Litwan ist straff und elegant. Der «Franz» schafft den Spagat zwischen hoher Qualität und echter Lockerheit brillant.