Falstaff Magazine (Switzerland)
WEINLAND ARMENIEN ZU GAST IN ZÜRICH
Armenien ist in diesem Jahr das Gastland auf den Weinschiffen beim Zürcher Bürkliplatz. Das noch weitgehend unbekannte Weinland ist für manche Überraschung gut: Es gehört zu den ältesten Weinbaugebieten der Welt, wartet mit einem immensen Rebenschatz auf
Areni, Kakhet, Haghtanak und Voskehat – diese Namen stehen nicht etwa für Krieger der nordischen Mythologie, sondern für Rebsorten aus Armenien. «In Armenien findet man rund 500 autochthone Traubensorten», berichtet Sona Shaboyan von dem auf armenische Weine spezialisierten Schweizer Händler Heres Wine. Die heutige Weinhändlerin kam vor mehr als 25 Jahren in die Schweiz und widmet sich seit vier Jahren dem Import von Weinen aus ihrer Heimat. «Am armenischen Wein ist alles speziell», antwortet sie angesprochen auf die Eigenheiten des Weinlands. Neben der grossen Anzahl an Traubensorten sind es vor allem die Geschichte und die Lage im Kaukasus, die den Weinbau einzigartig machen. Das Gebiet zwischen den Flüssen Euphrat und Tigris am Fusse des Berges Ararat ist von biblischer Schönheit. Hier soll Noah einst mit seiner Arche gelandet sein, und neben Tieren hatte er auch Reben im Gepäck. Diese pflanzte er und erfreute sich am köstlichen Wein. Das armenische Hochland gilt nicht nur deshalb als Urheimat der Weintraube. Bei umfassenden Ausgrabungen zwischen 2007 und 2012 wurden eine Weinpresse, Weinlagergefässe und keramische Schöpfkellen in einer Höhle gefunden. Und auch Kerne von Weintrauben wurden sichergestellt, deren Alter man datieren konnte. Rund 6100 Jahre alt waren sie – folglich dürfte es sich bei dem Fund um einen der ältesten Weinbetriebe der Welt handeln. Seither gibt es so etwas wie ein freundschaftliches Kräftemessen im Kaukasus, ob nun in Armenien oder in Georgien der erste Wein gekeltert wurde.
«Die Traubenkerne in der armenischen Höhle konnten sogar einer Sorte zugeordnet werden», berichtet Sona Shaboyan. «Es handelte sich um Überreste der armenischen Rotweinsorte Areni Noir.» Diese wächst bis heute genetisch unverändert im Land – es
wird angenommen, dass es sich dabei um einen Vorfahren des Pinot Noir handelt. Auch von der Aromatik und Struktur her ist diese Annahme durchaus nachvollziehbar. Rund 90 Prozent der Reben in Armenien sind bis heute sogar wurzelecht, die Reblaus fand ihren Weg bis heute nicht ins Land.
ARENI FÜR DIE SCHWEIZ
Die Traubensorte Areni Noir ist nicht nur wichtig für das Weinland Armenien selbst, sondern auch für den Erfolg der armenischen Weine in der Schweiz. Jakob Schuler von der Schuler St. Jakob Kellerei in SeewenSchwyz verhalf der Sorte mit dem Wein Noah of Areni zu einer gewissen Bekanntheit. Vor rund zehn Jahren begab sich Schuler in den Kaukasus, um den Ursprung des Weins zu ergründen. Nikolaus von Haugwitz, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Schuler, erklärt, dass Jakob Schuler sich zunächst in Georgien umsah, bevor er im Nachbarland Armenien auf die Sorte Areni Noir stiess und das Potenzial des Landstrichs und der Sorte sofort erkannte. Neben der grossen Traubenvielfalt lassen nämlich auch die verschiedenen Terroirs Armeniens das Herz jedes Weinliebhabers höherschlagen. Die Böden sind teilweise vulkanischen Ursprungs, es sind diverse, komplexe Strukturen mit Mineralien auszumachen, aber auch Kalkformationen. Ausserdem gibt es verschiedene Klimazonen und die Jahreszeiten in Armenien sind besonders ausgeprägt – im Land herrschen kalte Winter und heisse Sommer, der Herbst ist besonders mild und lang, wodurch die Trauben lange ausreifen können. Der Wein Noah of Areni ist mittlerweile ein grosser Erfolg im SchulerSortiment und Jakob Schuler einer der grössten Investoren in Armeniens Weinbranche. Derzeit baut das Unternehmen eine eigene Kellerei auf. «Armeniens Weinwelt ist im Umschwung», gibt Nikolaus von Haugwitz zu Protokoll, der das Land selbst schon bereiste. «Viele Weingüter setzten lange auf internationale Sorten wie Cabernet Sauvignon oder Merlot, das Bewusstsein für den eigenen Rebschatz und das grosse Erbe als Wiege des Weins setzt sich aber durch.»
DIE QUELLE
DES WEINS ERGRÜNDEN
Schuler führt bis heute zwei Rotweine und einen Rosé aus Areni im Sortiment – mit grossem Erfolg. Sona Shaboyan von Heres Wine ist Jakob Schuler dankbar, dass er diese wichtige Vorarbeit in der Schweiz leistete. Sie selbst importiert heute Weine von 16 armenischen Weinbetrieben in die Schweiz – die Vielfalt des Weinlands ist immens. Shaboyan, die ursprünglich klassische Pianistin ist, vergleicht den armenischen Wein gerne mit der Musik: «Wer Musik kennen will, muss deren Quelle ergründen. Bei der Musik sind das die Werke von Johann Sebastian Bach. Beim Wein ist das ähnlich – Armenien und seine alten, autochthonen Sorten sind die Quelle für den Qualitätswein in unserer Welt.» In ihrer vollen Vielfalt kennenlernen kann man die Weine Armeniens auf dem Schiff «Rosenstadt», das anlässlich der Expovina vom 3. bis 17. November am Bürkliplatz anlegt und exklusiv den armenischen Weinen vorbehalten ist.