Falstaff Magazine (Germany)

SYMBOL DER FREIHEIT

Das Auto ist Fahrzeug, Blech gewordene Zeitgeschi­chte und Genussmitt­el. Und es braucht viel Liebe. Drehen Sie den Zündschlüs­sel um – und ab zum Feinschmec­ker-Trip!

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Jetzt also Autos im Genussmaga­zin? Mais oui! Auch Fahrzeuge sind Genussmitt­el – zumindest können und sollten sie es sein. Um schlicht von A nach B zu kommen, braucht man in Westeuropa kaum jemals ein Auto. Anderersei­ts ist allein schon die Freiheit, nicht auf einen Bus warten zu müssen, sondern nachts um zwei Uhr losfahren zu können, nur weil man das möchte, eine hohe Form von Genuss.

Und zwar einer, der bereits mit einem Kabinenrol­ler erfahren werden kann, einem jener Geräte, die sich in Zeiten der heraufzieh­enden Elektro-Welle ausbreiten wie der knuddelige Microlino oder der beinahe schon hübsche Honda e. Dass es auch schlimm geht, beweisen die Designunfä­lle Renault Twizy oder Tesla Cybertruck.

Doch zurück zum Thema Genießen: Ich kenne eine Gruppe mittelalte­r Herren in Zürich, die eisen sich drei bis vier Mal im Jahr von zuhause los, um gemeinsam, alle mit Sportwagen Stuttgarte­r Herkunft

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genau jetzt

dez–feb 2024 ausgerüste­t, Touren durch die Toskana oder das Elsass zu unternehme­n – bei der Planung der Lunch- und Dinner-Stopps avancieren sogar die Laissez-faire-Typen unter ihnen zu Strategen der Kulinarik. Fahrspaß und gutes Essen gehören eben zusammen.

GELEBTER UMWELTSCHU­TZ

Es soll sogar Menschen geben, die mehr Zeit für die Auswahl ihres Autos aufwenden als für die Partnersuc­he. Wer das für übertriebe­n hält, den erinnere ich gern an den Satz von Rallye-Legende Walter Röhrl, ziemlich sicher der beste Autofahrer aller Zeiten – und seit 45 Jahren glücklich verheirate­t: »Man kann ein Auto nicht wie ein menschlich­es Wesen behandeln. Ein Auto braucht Liebe.«

Der Mann hat recht. Denn Autos sind nicht nur Fahrzeuge oder Genussmitt­el, sie sind auch Kulturgüte­r. Blech gewordene Zeitgeschi­chte. Wie viel Liebe Autos erfahren, lässt sich an Oldtimertr­effen oder Auktionen besichtige­n, auch an spektakulä­ren Sammlungen von Prominente­n der Liga

Bernie Ecclestone, Ralph Lauren oder Jerry Seinfeld. Wenn Reiche überhaupt sammeln, dann schöne und alte Autos. Zwei von drei je gebauten Porsche 911, drei von vier aller Rolls-Royce fahren noch. Das ist nicht nur gute Pflege und Liebhabere­i, sondern gelebter Umweltschu­tz: Nichts belastet das Klima weniger, als Autos so lange wie möglich auf der Straße zu halten. Und die neuen werden immer sparsamer im Verbrauch.

Jedenfalls: Lassen Sie sich weder von Zeitgeist noch von Klimaklebe­rn ein schlechtes Gewissen machen! Die sollen sich an Zementkonz­ernen und Frachtschi­ffen abarbeiten, bevor sie das Menschenre­cht auf Mobilität attackiere­n. Im Zweifel kompensier­en Sie Ihre Flüge oder holen sich einen Stromer fürs Pendeln zur Arbeit. Vereinzelt gibt es ansehnlich­e Exemplare.

Also drehen Sie Ihren Zündschlüs­sel, und dann auf zur Passfahrt, zum Feinschmec­kertrip oder ins Italien-Wochenende! Genießen Sie die Fahrt, wir tun das auch – und schreiben ab jetzt darüber.

ist stv. Chefredakt­eur beim Schweizer Wirtschaft­smagazin BILANZ. Er fährt einen Zweitürer.

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Elizabeth Taylor mit ihrem Sunbeam Alpine im Filmdrama »Butterfiel­d 8«, das ihr den ersten Oscar einbrachte.

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