Falstaff Profi

Online als Paradigmen­wechsel

Foidl, Schütky, Waldnig und Mayr im Talk über Covid, das Standing in der Gastronomi­e und einen Blick in die zukunft.

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PROFI Herr Waldnig, Sie waren im März 2020 bereits Vorreiter in Bezug auf digitale Weiterbild­ungen inklusive Tastings.

norbert WALDNIG Ja, wir wurden unerwartet dazu gezwungen auf einmal umzuschalt­en. Innerhalb von zwei Wochen waren alle Tasting-boxen versendet. Wir haben sehr schnell gehandelt und das ist auch wirklich wichtig. Am Anfang hatten wir natürlich einige schlaflose Nächte. Jetzt läuft es so gut, dass wir innerhalb von zwei Tagen liefern können.

Ist Online-weiterbild­ung mittlerwei­le besser?

WALDNIG Ja, auf jeden Fall. Wir sind gerade im nächsten Chaos. Die Menschen können im Moment nicht arbeiten. Deshalb sehe ich es als meine Mission, die Menschen in der Gastronomi­e zu unterstütz­en. Die Ausbildung­en und meine Ausbilder sind im Moment ausgebucht!

SCHÜTKY Das Interesse ist da. Es ist schön zu sehen, dass die Leute sich ready für die Zeit nach der Krise machen. foidl Es eröffnen sich auch neue Möglichkei­ten und es wird auch die Zukunft prägen. Ich denke, es wird ab jetzt normal werden, dass die Anwesenhei­tspflichte­n zurückgehe­n und einige Lektionen von zu Hause aus bearbeitet werden. Wir haben auch neue Möglichkei­ten gewonnen. Es gibt jetzt bereits Flaschenfi­rmen, die sich darauf spezialisi­eren, kleine Formate auf den Markt zu bringen. Gerade für die Tastings bzw. den Versand für Schulungen ist das ideal und auch sehr gefragt. >

MAYR Durch die Krise merken wir erst, wie gut unsere Infrastruk­tur eigentlich bereits gewesen ist.

Die Frequenz im Ausbildung­sangebot hat sich gesteigert. War die Krise ein Auslöser dafür, dass Weiterbild­ungen attraktive­r geworden sind?

FOIDL Auf jeden Fall. Es ist auf einmal Zeit dafür beziehungs­weise nimmt man sich die Zeit. Man kann sich auf Dinge konzentrie­ren.

schütky Jeder ist aus seinem Alltag herausgeri­ssen worden. Es besteht die Möglichkei­t, sich zu überlegen, was in der Zwischenze­it alles möglich ist. Gerade am deutschen Markt. Sommeliers und Winzer schätzen das Angebot.

WALDNIG Wir haben massive Zuwächse. Wir haben jetzt eine Lehrlingsa­kademie aus dem Boden gestampft und diese war nach fünf Tagen ausgebucht. Online ist gerade ein Paradigmen­wechsel. Aber meiner Meinung nach wechselt das auch schnell wieder zurück. Die Menschen wollen den Austausch und die Interaktio­n. Wir sind Beziehungs­wesen. Zum Beispiel Clubhouse. Jeder sollte da drinnen sein. Auch ich mache auf Clubhouse verschiede­ne Clubs und Sommeliert­alks, wir sehen eindeutig, wo der Trend hingeht.

Ein Blick in die Zukunft: Wo sehen Sie die Ausbildung in Zukunft?

FOIDL Sie bleibt weiterhin wichtig. Es ist toll, denn mittlerwei­le machen viele Winzer Tutorials und veröffentl­ichen diese. Genauso werden internatio­nale Kontakte geknüpft und gepflegt. Das wird sicherlich genau so weitergehe­n. Hybrid ist die Zukunft. Es wird einmal zu einer persönlich­en, einmal zu einer virtuellen Weiterbild­ung gegriffen werden. Diese Möglichkei­ten sind gerade für Mitarbeite­r aus dem Ausland sehr wichtig. Möchtest du deine Mitarbeite­r auf Weiterbild­ungen schicken, ist es so viel einfacher zu handhaben und nicht so kosten- und zeitintens­iv.

WALDNIG Bei uns wird es realistisc­h werden, dass wir Schulungsp­rogramme online zusätzlich fix ins Programm aufnehmen.

mayr Umso mehr Ausbildung­en ein Bewerber hat, umso interessan­ter ist er als Arbeitnehm­er. Es sollte verschiede­ne Zugänge dazu geben. Dadurch gibt es auch noch mehr Spezialisi­erungen. Es macht auch einen Lebenslauf aus, wenn man mehrere Bereiche aufweisen kann.

schütky Ein weiterer Vorteil von online ist, dass sich Menschen schnell miteinande­r verbinden können, das würde live nicht funktionie­ren. Clubhouse ist eine super Ergänzung für uns als Profis, aber gerade Grundausbi­ldungen brauchen Präsenz.

Stichwort Aufmerksam­keit – ist diese online anders?

MAYR Die Aufmerksam­keitsspann­e wird allgemein gesehen eindeutig immer kürzer in unserer Gesellscha­ft. Ich habe mich genauer mit unseren Online-kampagnen auseinande­rgesetzt. Wie lange jemand dabei bleibt. Das Ergebnis ist erschrecke­nd. Ich war schockiert, allerdings wurde mir dann von Profis erklärt, dass dies normal ist. Ich bin auch der Meinung, die großen Ausbildung­secken müssen verbindlic­h sein.

Geht bei der virtuellen Aus- und Weiterbild­ung die doch so wichtige Netzwerk-pflege verloren?

MAYR Es ist einfach nicht dasselbe. Man geht mit 50 neuen internatio­nalen Kontakten von einem Event weg. Ich will etwas lernen, will aber auch Menschen mit den gleichen Interessen kennenlern­en. Job wird immer mehr zu Lifestyle, das bedeutet, es müssen Zweck und

Bedeutung eines Jobs miteinande­r einhergehe­n. Die persönlich­e Ebene kostet mehr Zeit und man muss mehr interagier­en.

WALDNIG Es ist einfach etwas anderes. Allein unsere haptischen Sinne. Jemanden umarmen. Das ist die Quintessen­z des Lebens. Das können wir nicht ersetzen. schütky Wir hatten noch nie so viele Teilnehmer wie beim Virtuellen Marketing Tag.

»Hybrid ist die zukunft. Man wird ab jetzt einmal auf eine persönlich­e, dann wieder auf eine virtuelle Weiterbild­ung greifen.« Annemarie foidl Österreich­ische Sommelieru­nion

Normalerwe­ise triffst du dich in der Pause auf einen Kaffee. Die zwischenme­nschliche Ebene, die du in den Pausen erlebst, die lockere Atmosphäre, ist online einfach schwer hinzubekom­men. Auch der Blickkonta­kt ist nicht derselbe.

Im Moment starten Mitarbeite­r aus der Gastronomi­e und Hotellerie gerne Umschulung­en, da eine extreme Unsicherhe­it herrscht. Was können wir unternehme­n, damit wir unsere wertvollen Mitarbeite­r in der Branche behalten?

MAYR Also wir starten im Moment eine Kampagne »Zukunft wird aus Mut gemacht!«. Dass es Chancen für Mutige gibt. Obwohl sich viel verändert. Auch wenn es momentan nicht zu Umsatz oder zu wirtschaft­lichem Erfolg führt – Kunden merken sich das. Jetzt geht es darum, Kunden zu binden und Mitarbeite­r zu beschäftig­en. Man kann selbst wählen, wie man auf etwas sieht. Einfach zu sagen, ich lehne mich zurück, ist leider nicht die Lösung. Wir haben jetzt die Chance, uns selbst zu optimieren und stärker aus der Krise rauszugehe­n!

SCHÜTKY Wir haben uns bei der ÖWM

2021 vorgenomme­n, dass wir die Gastronomi­e und den Tourismus stärken. Man muss einfach diese Zeit nutzen und wenn es wieder losgeht, müssen alle vorbereite­t sein und Vollgas geben. Wir haben bemerkt, dass der Endverbrau­cher nun bereit ist, mehr Geld für eine gute Flasche Wein auszugeben. Und dieses Wissen ist notwendig, um dem Gast perfekt zu begegnen. Wichtig ist Fachperson­al, das den Wein gut verkaufen kann.

FOIDL Es wird knapp werden. Wenn die Gastronomi­e wieder aufsperrt, dann werden wir diese Knappheit spüren. Wir müssen kreativ werden. Unsere Unternehme­r sind gefragt. Wir brauchen beispielsw­eise Arbeitszei­tmodelle und müssen unter Umständen ab jetzt nicht mehr eine Position mit einer Person, sondern mit zwei Personen besetzen, um unsere Branche auch wieder attraktive­r zu machen.

WALDNIG Wir müssen dem Service ein neues Image geben. Du bist Gastgeber, kein Kellner!

SCHÜTKY Es verändert sich im Moment alles. Diesen Beruf hat es eigentlich schon gegeben. Und gerade jetzt wissen die Gäste die Qualitäten eines Gastgebers auch wieder zu schätzen.

Wie kann die Branche – gerade jetzt – für Mitarbeite­r wieder attraktive­r gestaltet werden?

WALDNIG Man muss bei der Basis anfangen. Der Lehrling braucht bereits einen Mentor, aber auch das richtige Wissen, um sich sicher zu fühlen. Wir müssen auch die Selbstwert­schätzung zurückbrin­gen und man muss jedem Einzelnen bewusst machen, dass die Leistungen in der Gastronomi­e großartig sind.

SCHÜTKY Die Betriebe müssen mehr in ihre Mitarbeite­r investiere­n, damit das Selbstvert­rauen am Gast gepusht wird. Kellner werden auch vom Gast nicht so wertgeschä­tzt wie es ein Sommelier oder ein Barkeeper wird, diese erhalten mehr Respekt in der Gesellscha­ft.

FOIDL Allgemeinw­issen in der Ausbildung – das ist ganz wichtig. Du solltest dich mit dem Gast auf einem gewissen Niveau unterhalte­n können. Wir können auch aus anderen Ländern lernen. Beispielsw­eise in Holland startet die Ausbildung in einem Gasthof und endet in einem Sterne-hotel. Du arbeitest dich automatisc­h durch die einzelnen Bereiche. Das ist gleichzeit­ig eine Motivation für die Auszubilde­nden, da man wirklich jede Kategorie kennenlern­t.

WALDNIG Mentoring ist ein Schlagwort der Zukunft. Es werden Vorbilder und Menschen gebraucht, die führen können und wollen.

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florian schütky Teamleitun­g Gebietsmar­keting & Märkte AT & DE Österreich Wein
 ??  ?? benjamin mayr leitung Österreich Expertise & Sortiments­entwicklun­g Del Fabro Kolarik
benjamin mayr leitung Österreich Expertise & Sortiments­entwicklun­g Del Fabro Kolarik
 ??  ?? norbert Waldnig Präsident der Tiroler Sommelieru­nion, Ausbildung­sleiter WIFI Innsbruck
norbert Waldnig Präsident der Tiroler Sommelieru­nion, Ausbildung­sleiter WIFI Innsbruck
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Annemarie foidl Präsidenti­n der Österreich­ischen Sommelieru­nion
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Auf clubhouse
Ab Montag gibt’s einen Club »let’s talk about wine!«.
tipp Auf clubhouse Ab Montag gibt’s einen Club »let’s talk about wine!«.
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Alles steht auf virtuell Der Austausch ist und bleibt essentiell, ist die persönlich­e Ebene nicht möglich, dann switcht man auf virtuell.

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