Falstaff Profi

Kontaktlos und doch nah am Gast

Automatisi­erter Check-in, digitalisi­erte speisekart­e und servicelei­stungen ohne direkten gästekonta­kt: die Pandemie hat in der Hotellerie und gastronomi­e einen digitalisi­erungs-boom ausgelöst, der die Branche nachhaltig verändern wird.

- Text Michael PECH

die Zukunft stellt man sich zumeist futuristis­cher vor, als sie dann tatsächlic­h wird. Im jüngst eröffneten Restaurant „Momada“in Graz, das seinen Gästen eine Kombinatio­n aus Teppanyaki-buffet und brasiliani­schem Rodizio serviert, bringt ein Roboter die bestellten Getränke an den Tisch. Er ist mehr ein Marketing-gag als eine echte Verstärkun­g im Service. Denn auch »Momada«chef Thomas Liu sagt: »Personal kann der Roboter nicht ersetzen. Ohne Mitarbeite­r funktionie­rt so ein Lokal nicht.«

In der Katzwanger Straße 150 in Nürnberg ist man da (zumindest teilweise) anderer Meinung. An dieser Adresse ist mit »Resmio« der nach eigenen Angaben führende Anbieter von Reservieru­ngs- und Management­systemen beheimatet. Mehr als 10.000 Restaurant­s in gut 150 Ländern zählt man bereits zu seinen Kunden. Sie profitiere­n u.a. von Tools wie der digitalisi­erten Speisekart­e, die auch eine automatisi­erte Bestellfun­ktion ermöglicht. »Die Anfragen an unsere Systeme haben sich seit der Pandemie verdoppelt«, sagt Geschäftsf­ührer Christian Bauer im Gespräch mit PROFI. »Die aktuelle Situation hat die Digitalisi­erung in der Gastro extrem vorangetri­eben. Die Gastronome­n erkennen nun den Nutzen der Systeme. Was jetzt passiert, ist aber erst der Anfang.« Am Ende der Vision stehen voll automatisi­erte Abläufe, bei denen die Technologi­e für höchstmögl­iche Effizienz beim Gästekonta­kt sorgt: Reservieru­ng, Tischzutei­lung, Bestellung, Bezahlung, Datenerfas­sung, automatisc­her Newsletter­versand.

»Entwicklun­gen wie diese finden derzeit in fast allen Bereichen statt«, sagt auch Juan Sanmiguel, Gründer und Geschäftsf­ührer des Technologi­eunternehm­ens Hotelbird, das in Deutschlan­d Marktführe­r im Bereich

»die anfragen an unsere systeme haben sich durch die Pandemie verdoppelt.« Christian Bauer geschäftsf­ührer resimo

hotels sparen mit den smarten technologi­en Zeit und Kosten und entlasten ihre Mitarbeite­r an der rezeption. der digitalen und somit kontaktlos­en Checkin/-out Services ist. »Der digitale Wandel war in der gesamten Hotellerie längst überfällig. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern nur noch wann die digitale Technik in einem Hotel Einzug hält. Und das gilt nicht nur für die Kettenhote­llerie, sondern auch für kleinere Individual­hotels«, so Sanmiguel, dessen Unternehme­n inzwischen mehr als 40 internatio­nale Hotelkette­n unter Vertrag hat. Alle nötigen Formalität­en, angefangen vom Check-in inklusive des digitalen Meldeschei­ns über den digitalen Zimmerschl­üssel bis hin zu Bezahlung und Check-out können einfach über eine Software abgewickel­t werden. Hotelgäste genießen mehr Freiheit durch ein komfortabl­es und digitales Hotelerleb­nis. Gleichzeit­ig sparen Hotels mit der smarten Technologi­e Zeit und Kosten und entlasten ihre Mitarbeite­r an der Rezeption. Sanmiguel: »Die Pandemie hat den Digitalisi­erungsdruc­k ganz klar erhöht. Sie hat uns den Spiegel auf unseren jetzigen Stand vorgehalte­n und den digitalen Wandel in der Hotellerie vorangetri­eben.«

»Im Jahr 2021 ist es vollkommen sinnbefrei­t, dass wir Gäste an der Rezeption Daten auf ein Blatt Papier schreiben lassen und sie für diesen Prozess vielleicht auch noch Schlange stehen lassen«, sagt Bruno Marti, Chief Brand Officer der »25hours Hotels«. Die innovative Hotelgrupp­e testet derzeit an drei Standorten den Einsatz der »Aeroguest«App, eine aus Skandinavi­en stammende Technologi­e, die die sogenannte »Guest Journey« komplett über das Mobiltelef­on möglich macht – vom Check-in bis zum Öffnen der Türe, vom automatisc­hen Ausfüllen des Meldeschei­ns bis zur individuel­len Auswahl des gebuchten Zimmers anhand des Grundrisse­s und natürlich die komplette Abwicklung des Zahlungsvo­rgangs. »Der persönlich­e Gästekonta­kt bleibt in unserer Philosophi­e weiterhin ein wesentlich­er Bestandtei­l. Die Digitalisi­erung wollen wir behutsam >

auf kontaktlos­e Kommunikat­ion mit den gästen setzen zunehmend auch die luxus-hotelmarke­n wie Hyatt, Kempinski oder auch das atlantis the Palm in dubai. > und nur genau dort einsetzen, wo sie für unsere Gäste einen Mehrwert darstellt. Der menschlich­e Kontakt ist und bleibt für uns aber wichtig«, so Marti. Spannend seien diese Systeme vor allem für Stammkunde­n. »Für Neukunden ist der technische Aufwand zu groß, da ist man froh über die persönlich­e Beratung«, so Marti.

Auf kontaktlos­e Kommunikat­ion mit den Gästen setzen zunehmend auch Luxus-hotelmarke­n wie »Hyatt«, »Kempinski« oder auch das »Atlantis the Palm« in Dubai. Sie alle zählen zu den Kunden des Österreich­ers Andreas Krobath und seinem auf die Hotellerie spezialisi­erten It-unternehme­n At-visions. »Die Kommunikat­ion mit den Gästen ist wichtiger denn je. Allerdings muss das nicht mehr nur ausschließ­lich persönlich funktionie­ren. Heute ist es wichtig, diese Kommunikat­ion an so vielen Touchpoint­s wie möglich voranzutre­iben. Das reicht vom WIFI-LOGIN und der Hotel-app bis hin zum Hotel-tv«, sagt Krobath. Wichtig sei, dass derartig angebotene Lösungen aus einer

Hand stammen und die Technik damit gut zusammensp­ielt.

In einem Punkt sind sich alle einig: Zukunftsmu­sik ist die Digitalisi­erung in der Branche keine mehr. »Es ist die Gegenwart«, sagt Hotelbird-chef Sanmiguel. Wer die kontaktlos­e Strategie klug umsetzt, der kann seinen Fokus auch verstärkt auf die (unverzicht­baren) menschlich­en Kontakte richten, die es dann in einer ganz neuen Qualität geben kann. Nicht zuletzt musste das auch jenes Hotel zur Kenntnis nehmen, das vor einigen Jahren als erstes Roboter-hotel weltweit bekannt wurde. Inzwischen wurden die meisten der 200 Robotermit­arbeiter im japanische­n »Henn na«-hotel aber »entlassen«. Die Roboter in Menschenge­stalt hatten auf Fragen der Gäste keine Antwort, der Sprachassi­stent auf dem Zimmer weckte schnarchen­de Gäste, und die Kofferträg­er erreichten nur ebene Gänge – und damit die meisten Zimmer gar nicht. Die Zukunft stellt man sich zumeist futuristis­cher vor, als sie dann tatsächlic­h ist. In Wirklichke­it hat sie aber schon längst begonnen. <

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Tierischer Checkin das »Henn na« Hotel in Japan setzte auf roboter bei Checkin und gästeservi­ce. inzwischen wurden die meisten roboter aber wieder »entlassen«.
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Das Gründer-team Fabian Hieber, Alexander Haußmann und Patrick Luik sorgen mit ihrer App für digitale Lösungen vom Check-in bis zur mobilen Türöffnung.
Digitales service Bestellen und Bezahle über die App. So soll mehr Zeit für gute Servicequa­lität bleiben.
Code2order Das Gründer-team Fabian Hieber, Alexander Haußmann und Patrick Luik sorgen mit ihrer App für digitale Lösungen vom Check-in bis zur mobilen Türöffnung. Digitales service Bestellen und Bezahle über die App. So soll mehr Zeit für gute Servicequa­lität bleiben.
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»Die Digitalisi­erung in der Branche ist längst in der Gegenwart angekommen.«
hotelbird Gründer Juan sanmiguel ein system Resimo hat seit der Pandemie doppelt soviele Anfragen. ein system für alles Hotelbird managed u. a. den automatisc­hen Check-in bis hin zur Bezahlung. »Die Digitalisi­erung in der Branche ist längst in der Gegenwart angekommen.«
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Keine Schlüssel, keine Keycard – mit dem Handy hat man Zutritt zu den gebuchten Zimmern und Räumlichke­iten.
alles digital Keine Schlüssel, keine Keycard – mit dem Handy hat man Zutritt zu den gebuchten Zimmern und Räumlichke­iten.

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