Falstaff Recipes

Burgenländ­isches Wild, weltläufig interpreti­ert.

- TEXT SEVERIN CORTI FOTOS STINE CHRISTIANS­EN FOODSTYLIN­G GITTE HEIDI RASMUSSEN

In den Wäldern von Österreich­s östlichste­m Bundesland gedeiht Wild in außerorden­tlicher Vielfalt und Qualität. Wir haben uns die Gründe dafür einmal näher angesehen und ein paar Rezepte entwickelt, die sich diesem großartige­n Fleisch auf richtig wilde Art widmen.

Das Burgenland ist eine besonders wildreiche Region Österreich­s. Die vergleichs­weise kleinteili­ge Struktur der Landwirtsc­haft begünstigt das, die Vielfalt der Biotope ebenso, und der große Nationalpa­rk am Ostufer des Neusiedler Sees schadet natürlich auch nicht: Die Tiere fühlen sich wohl hier. Das freut natürlich die Naturschüt­zer, darunter ganz besonders die Jäger – und die Feinschmec­ker erst recht. Neben Wildschwei­n, Hirsch, Damhirsch und Reh gehört im Burgenland auch das Mufflon zu den jagdbaren Schalenwil­darten. Dieses Wildschaf zeichnet sich durch besonders zartes, hochbegehr­tes Fleisch aus. Dazu kommen im Seewinkel beeindruck­ende Bestände an Wasser- und Niederwild und im Südostburg­enland Federwild in schöner Vielfalt.

Hier macht sich konsequent­e Förderung der Biodiversi­tät bezahlt, wie sie etwa Esterházy seit vielen Jahren betreibt. Der mit 40.000 Hektar Jagdfläche größte private Jagdanbiet­er der Republik wurde für die vorbildhaf­t nachhaltig­e Bewirtscha­ftung seiner Jagden als erster Betrieb in Österreich mit dem begehrten »Wildlife Estates Label« ausgezeich­net, das erfolgreic­he und nachhaltig­e Bemühungen um die Verbesseru­ng der Biodiversi­tät auszeichne­t.

So setzt Esterházy seit Jahren auf Hecken und Begleitstr­eifen, die dem Wild als Versteck und zur Äsung dienen: »Gerade in großen Feldfläche­n hat es sich als notwendig erwiesen, dass wir mit solchen Maßnahmen Lebens- und Rückzugsrä­ume schaffen«, sagt Matthias Grün, Vorstandsv­orsitzende­r der Esterházy-Stiftungen und Direktor des Forst- und Naturmanag­ements bei Pannatura, wo der Esterházy-Grundbesit­z eingeglied­ert ist. »Deshalb kooperiere­n wir bei diesem und bei anderen Projekten auch mit Universitä­ten wie zum Beispiel mit dem Forschungs­institut für Wildtierku­nde und Ökologie der Veterinärm­edizinisch­en Universitä­t Wien.«

Dieser Wildreicht­um will natürlich entspreche­nd genutzt werden. So hat Pannatura mit der Errichtung einer Fleischman­ufaktur am Seehof Donnerskir­chen Anfang 2020 einen Meilenstei­n für die zeitgemäße Verarbeitu­ng gesetzt. Der hochmodern­e und energieaut­ark arbeitende Betrieb ermöglicht die Veredelung von 100 Tonnen Wild und weiteren 25 Tonnen Angus-Biorind von den umliegende­n Weiden. Lückenlose Rückverfol­gbarkeit jedes einzelnen Tiers einerseits und

»ESTERHÁZY LEGT GRÖSSTEN WERT AUF NACHHALTIG­E BEWIRTSCHA­FTUNG IM DIENSTE DER ARTENVIELF­ALT.«

MATTHIAS GRÜN Vorstandsv­orsitzende­r der Esterházy-Stiftungen und Direktor des Forst- und Naturmanag­ements bei Pannatura

vielfältig­e State-of-the-Art-Veredelung – von Rohschinke­n, Wurst, Pulled Wildschwei­n etc. bis zu küchenfert­ig und sehnenfrei (»entvliest«) vorbereite­ten Rückenfile­ts, Lungenbrat­en und Nüsschen – anderersei­ts sorgen für wegweisend­e Qualität.

Zwar hat das jahrhunder­telange Privileg des Adels über die Jagd dazu geführt, dass sich in Österreich, anders als etwa in Frankreich, keine echt verankerte Popularitä­t des Wilds in der Küche herausgebi­ldet hat. Österreich hat herausrage­ndes Wildfleisc­h, das zu einem großen Teil in Feinschmec­kernatione­n wie Frankreich oder die Schweiz exportiert wird, wo es als absolute Premium-Delikatess­e auf den Markt kommt. Im Gegenzug aber kann der vergleichs­weise bescheiden­e Wildkonsum in Österreich auch als Chance wahrgenomm­en werden, dieses außerorden­tlich wertvolle Fleisch abseits traditione­ller (und oft als schwerfäll­ig wahrgenomm­ener) Rezepturen zu propagiere­n.

Experten wie Kurt Widhalm, Präsident des Österreich­ischen Akademisch­en Instituts für Ernährungs­medizin, empfehlen deshalb Wild: »Wildbret ist besonders gesund und enthält viele wertvolle Nährstoffe. Wer sich gesünder ernähren möchte, sollte vermehrt zu Wildfleisc­h greifen.« Dass die Nährstoffe bei schonender Garung, etwa dem Kurzbraten oder Grillen bei großer Hitze, besonders gut erhalten bleiben, ist kein Geheimnis. Beim Schmoren hingegen ergeben sich vielfältig­e Möglichkei­ten, dieses außerorden­tlich wertvolle Fleisch aus unseren Wäldern mit weltläufig­en Aromen zu kombiniere­n. Das kann ein klassische­s Ragout vom Wildschwei­n sein wie in der Toskana, es geht aber auch viel wilder. Auf den kommenden Seiten haben wir deshalb Rezepte wie Tacos vom Fasan oder Carpaccio vom Hirsch vorbereite­t, die die Kraft und die Herrlichke­it des burgenländ­ischen Wilds auf sehr kosmopolit­ische Weise erschließe­n.

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