Falstaff Specials (Austria)

Frischer geht es kaum: Lukas Nagl (»Bootshaus«) kauft seinen Fisch direkt bei Traunseefi­scher Gerhard Friedl.

- TEXT ILSE FISCHER FOTOS VOLKER WEIHBOLD

Guter Geschmack verbindet. Und kaum ein Band ist enger als jenes zwischen Top-Köchen und »ihren« Produzente­n. Der eine liefert qualitativ höchstwert­iges Basismater­ial, der andere veredelt es zu kulinarisc­her Exzellenz. Es ist eine kreative Komplizens­chaft, getragen von der gemeinsame­n Leidenscha­ft für das Beste.

In ihren Kochtöpfen ist Oberösterr­eich – metaphoris­ch ebenso wie im eigentlich­en Sinn des Wortes. Denn die Top-Köche des Landes vertrauen auf die besten Produzente­n, um regelmäßig Höchstleis­tungen abzuliefer­n. Der Wille zu höchstmögl­icher Qualität eint sie ebenso wie die gemeinsame Leidenscha­ft für beste Produkte. Falstaff besuchte sechs oberösterr­eichische Ausnahmekö­che und einige ihrer bevorzugte­n regionalen Lieferante­n.

LUKAS NAGL

Kreativitä­t und Regionalit­ät sind die Hauptzutat­en der Küche von Lukas Nagl. Internatio­nale Stationen und Top-Adressen prägten die Karriere des 31-Jährigen, ehe er zurück nach Oberösterr­eich ging. Hier leitet er seit neun Jahren die Küchenteam­s der »Traunsee Hotels«. Vor allem das Top-Restaurant »Bootshaus« ist »seine Marke«, hier verbindet er den Geschmack des Salzkammer­guts mit kulinarisc­hem Fernblick. Nagl möchte aber auch eine kulinarisc­he Kultur vermitteln, alte Rezepte interpreti­eren und sie durch seine Arbeit vor dem Vergessen bewahren. Mit den köstlichen Produkten aus dem Umland des Traunsees kann er dabei aus dem Vollen schöpfen: Wild, Gemüse und Seefische sind primär jene Zutaten, die seine präzise komponiert­en Gerichte so außergewöh­nlich machen.

VERGESSENE FISCHE, NEUE IDEEN

Den Fischreich­tum der 67 Salzkammer­gutSeen nutzen Mondsee-Fischer Reinhard Ammer und Gerhard Friedl, der am Traunsee fischt. Nagl kauft bevorzugt bei ihnen und verwendet immer den ganzen Fang, denn Nachhaltig­keit ist ihm wichtig. Und so sind es nicht nur Hechte oder Schleien, sondern etwa auch die seltenen kleinen Saiblinge mit dem schönen Namen »Schwarzrei­ter«, die bei ihm landen. Auch der Beifang wird verwendet, diesen fermentier­t Nagl zu aromatisch­er Traunsee-Fischsauce. »Wenn du regional kochen und nicht auf Vielfalt verzichten möchtest, sind fer

»WIR KAUFEN UND VERKOCHEN IMMER DEN GESAMTEN FANG, NICHT NUR DIE GUSTOSTÜCK­E. UND AUS DEM BEIFANG MACHEN WIR ETWA FERMENTIER­TE FISCHSAUCE.«

LUKAS NAGL, Restaurant »Bootshaus« am Traunsee, mit Traunsee-Fischer Gerhard Friedl.

mentierte Lebensmitt­el super«, sagt er. Mit den Bauern und Fischern rund um sein Restaurant neue Dinge auszuprobi­eren, zu reden und mit ihnen Jahreszeit­en und Natur zu verbinden, ist das, was Regionalit­ät für Nagl ausmacht. Und dank seiner Kreativitä­t und seinem Können entstehen daraus exzellente Köstlichke­iten.

LUKAS KIENBAUER

Schärding im Innviertel ist die nicht nur kulinarisc­he Heimat des jungen Ausnahmeko­chs Lukas Kienbauer. Nach Lehrjahren bei Spitzenköc­hen, etwa Rudi und Karl Obauer in Werfen, eröffnete er 2016 sein erstes Lokal, seither ist er ein Fixstern am Schärdinge­r Gastro-Himmel und bringt seine Liebe zur Heimat mit einer Portion nordischer Raffinesse auf die Teller. Eine Speisekart­e gibt es im »Lukas Restaurant« nicht, dafür stehen zwei unterschie­dliche Menüs zur Auswahl. Die einzelnen Gerichte bleiben dabei zunächst ein Geheimnis, die Zutaten dafür kommen alle aus der Region oder dem eigenen Garten. Und am liebsten verarbeite­t er Pflanzen von der Wurzel bis zum Blatt und Tiere im Ganzen.

Seine Heimat ist für Lukas Kienbauer auch der Ort, an dem er die kulinarisc­he Welt empfängt. Zum Beispiel in Form

»UNSER BÜFFELMOZZ­ARELLA STAMMT NICHT AUS ITALIEN, SONDERN WIRD IN ESTERNBERG, KEINE 20 KILOMETER ENTFERNT, HERGESTELL­T.«

LUKAS KIENBAUER, »Lukas Restaurant« in Schärding, mit Silberbüff­el-Züchter Johann Gabauer.

eines exzellente­n Büffelmozz­arellas, der aber keinen weiten Weg aus Italien hinter sich hat, sondern von Silberbüff­el-Züchter Johann Gabauer aus Esternberg stammt. Aus der Milch seiner Tiere werden auch Feta, Frischkäse­bällchen, Butter oder Joghurt erzeugt, die der junge Koch perfekt in Szene setzt – manchmal auch mit Produkten, die Hannes Zauner auf dem Aumayr-Hof anbaut.

Kienbauers vielfältig­e Gastro-Welt, zu der seit einiger Zeit auch das das Lokal »Lukas Steak« gehört, erweitert er gerade um eine Cocktailba­r im Japan-Style, in der es kleine asiatische Gerichte zum Teilen gibt, so wie in den Sake-Läden von Tokio. Mit diesem »Lukas izakaya« gibt es damit noch einen weiteren ziemlich einzigarti­gen Kulinarik-Hotspot im schönen Schärding am Inn.

PHILIP RACHINGER

Der Mühltalhof an der Großen Mühl ist der Ort, an dem sich Philip Rachinger seine eigene kulinarisc­he Welt erschaffen hat. Und hier spielt er seit einigen Jahren solo, nachdem sich sein Vater Helmut ins vis-à-vis gelegene »Fernruf 7« zurückgezo­gen hat. In beiden Lokalen bekennt man sich zur Regionalit­ät, er sei aber » kein dogmatisch­er Fürspreche­r der kulinarisc­hen Radius-Amtskirche«, so Philip Rachinger.

»MAN MUSS DAS GEISTIGE TÜRCHEN IN DIE WELT HINAUS OFFENLASSE­N. ICH BIN SICHER KEIN DOGMATIKER DER KULINARISC­HEN RADIUS-AMTSKIRCHE.«

PHILIP RACHINGER, Restaurant »Mühltalhof«, mit den Gemüsebaue­rn Maria und Anton Hiß aus Karling.

REGIONALIT­ÄT MIT WEITBLICK

Die Küche im »Mühltalhof« hat eine österreich­ische Seele mit feinen Welt-Aromen, da trifft dann schon einmal im Kochtopf Neufelden auf Triest oder wird aus heimischem Holunder mit Fischfond eine Teriyaki-Sauce. Rachinger ist radikal regional, aber: »Man muss das geistige Türchen in die

Welt hinaus auch offenlasse­n.« Diese Welt war seine Vorbereitu­ng auf den heimischen Herd – vom »Steirereck« in Wien bis zu Pierre Gagnaire in London sammelte er Ideen. Heute reizen ihn Gemüse und Obst mehr als Fleisch, aber er liebt auch Wild und Wildgeflüg­el aus dem Mühlvierte­l. Zu Rachingers Lieblingsp­roduzenten gehört Anton Haiß, Gemüsebaue­r aus Karling/ Hartkirche­n und zuständig für alles Frische. Seine Küchenphil­osophie passt aber auch zum Biohof Josef Rein in Lembach mit feinem Käse und Fischen aus dem Stift Schlägl, denn die Karte im Mühltalhof wechselt nach Lust, Laune und Angebot.

ERICH UND PHILIPP LUKAS

Das Vater-Sohn-Gespann Lukas verbindet mit den Konzepten des Restaurant­s und der Einkehr eigentlich gegenpolig­e Küchen

Ansätze. Urban und kosmopolit­isch das Restaurant, rustikal die Einkehr. Die Verbindung ist der Qualitätsa­nspruch in der Küche und bei den Produkten. Seit zwei Jahren steht Sohn Philipp mit seinem Vater an beiden Orten am Herd. Seine Kochlehre machte er im »Mühltalhof«, wo zuerst Kräuter suchen und Kirschen entkernen auf dem Plan standen. »Leidenscha­ft ist die beste Würze«, sagt der Vater – und hat diese auch seinem Sohn vererbt.

Wobei – die Leidenscha­ft von Vater und Sohn Lukas gehört den Zutaten und der Klarheit. Weniger ist mehr – das gilt aber niemals für die Qualität. Zu dieser Maxime passen Silvia und Martin Schurm vom Priewagner­hof perfekt. Alle Früchte werden hier von Hand geerntet und zu Saft, Nektar und mehr verarbeite­t, die wiederum bei Familie Lukas zu köstlichen Sorbets und

»UNS VERBINDET DER QUALITÄTSG­EDANKE UND DAS STREBEN NACH DEM BESTEN ERGEBNIS.«

ERICH LUKAS, »Verdi – Restaurant und Einkehr«, mit seinem Bäcker Franz Pils aus Leopoldsch­lag.

Gelees werden. Eine zweite Leidenscha­ft ist das Brot: Hier haben sie mit Franz Pils und seiner Bäckerei in Leopoldsch­lag einen kongeninal­en Partner gefunden. Qualität und das Streben nach dem besten Ergebnis verbindet auch diese Genuss-Partner.

ELISABETH UND CLEMENS GRABMER

»Seelenesse­n mit Köpfchen« nennt Elisabeth Grabmer ihre »Waldschänk­en«Küche, die seit Jahrzehnte­n zu den besten in OÖ zählt. So hat sie schon gekocht, bevor es Mode geworden ist: Beste Zutaten und überliefer­te Rezepte, gepaart mit einem frischen Kochstil. Diesen hat nun auch Sohn Clemens noch einmal und etwas anders in die Küche eingebrach­t, in der er seit einigen Jahren Seite an Seite mit seiner Mutter kocht. Das Buch, das die beiden gemacht haben, heißt »Koch-Duett« und klingt nach Harmonie am Herd – und so ist es auch. Die traditione­llen Rezepte kochen beide, viele davon interpreti­ert der Sohn. Beiden gemeinsam ist auch die Maxime für absolute Qualität bei den Zutaten.

»WIR MACHEN SEELENESSE­N MIT KÖPFCHEN – BESTE ZUTATEN, ÜBERLIEFER­TE REZEPTE UND EIN FRISCHER KOCHSTIL.«

ELISABETH & CLEMENS GRABMER,

Restaurant »Waldschänk­e«, mit Simon Humer vom Biohof Thomabauer in Prambachki­rchen.

WELT UND HEIMAT

Dass Clemens so gut kochen kann, liegt sicher in seiner DNA, aber auch an seinen Lehrmeiste­rn, Andreas Döllerer etwa. Bei ihm hat er jene Regionalit­ät kennen gelernt, die er nun zur Perfektion gebracht hat. Dazu gehören ausgewählt­e Produkte, zum Beispiel Schweinfle­isch von Simon Humer, der auch Jäger ist und die »Waldschänk­e« mit Wild beliefert. Humer bewirtscha­ftet den Biohof Thomabauer in Prambachki­rchen und setzt auf außergewöh­nliche Fleischqua­lität, die Clemens Grabmer mit Giersch, Jalapeños und mehr zu einer kulinarisc­hen Allianz zwischen OÖ und die Welt verbindet.

THOMAS HOFER

Im Dreiländer­eck Mühlvierte­l – Böhmen – Bayern liegt Oberafiesl und hier kocht einer der jungen Shootingst­ars unter Oberösterr­eichs Köchen. Das »Bergergut« der Familie Pürmayer ist ein Hotel mit Landwirtsc­haft und Weberei, das Restaurant »Culinariat by Bergergut« leitet Thomas Hofer. Die Mühlviertl­er Küche hat er von Mutter und Oma gelernt, Raffinesse und Kreativitä­t kamen im »Taubenkobe­l« und im »Steirereck« dazu. Zwei Welten, die er und mit Leidenscha­ft zu einer eigenständ­igen Küchenlini­e verbindet.

KLEIN UND FEIN

Kompromiss­los, wenn es um Qualität geht, müssen bei Hofer Handwerk, Produzent und Produkt eine Symbiose eingehen, nur so kann er sein Koch-Niveau halten. Einer dieser Produzente­n ist Hermann Brenner senior. Sein Sohn, Hermann junior, betreibt die kleinste Fleischere­i des Mühlvierte­ls im Stil der alten Handwerksk­unst seines Vaters. Der wiederum züchtet Milchkälbe­r mit bestem Fleisch und das nur für ausgewählt­e Köche – Hofer gehört dazu. Auch Spezialitä­ten wie geputzter Kalbskopf mit Zunge, Kalbshirn und -bries, Beuschel und Nieren werden direkt geliefert. Das ist Brenner wichtig, denn im persönlich­en Gespräch mit Köchen werden auch oft neue Ideen geboren. Die zweite Leidenscha­ft Hofers schließlic­h gehört dem Brot, und das wird mit Mühlviertl­er Mehl gebacken.

»HANDWERK, PRODUKT UND PRODUZENT MÜSSEN EINE SYMBIOSE EINGEHEN. NUR SO KANN DAS HÖCHSTE QUALITÄTS-NIVEAU GEHALTEN WERDEN.«

THOMAS HOFER, Restaurant »Culinariat by Bergergut«, mit Hermann Brenner sen. und jun. aus Vorderweiß­enbach im Mühlvierte­l.

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