Die Familie Reisetbauer gehört zu den bekanntesten Brennern des Landes.
Der Zugang zu bestem Obst hat Oberösterreichs beeindruckende Edelbrand-Szene erblühen lassen. Aber auch internationale Destillate wie Whisky oder Wodka kommen zunehmend aus dem »Mostlandl«.
Bohnapfel, Landlbirne, Dirndl oder Traubenkirsche – wenn Christian Brunner durch den Obstgarten führt, ist die Nachfrage gewiss. Denn die Früchte, die er in Kirchham zu edlen Tropfen verwandelt, sind selten geworden. Destilliertes vom »Sammerhof« steht in einer beinahe 100 Jahre währenden Tradition, die der studierte Agentur-Chef Brunner mit mittlerweile 80 Bränden weiterführt. Das Brennen eigener Feld- und Gartenfrüchte, die sogenannte Abfindungsbrennerei, gehört schließlich im ganzen Land zur Genusskultur.
Der Reichtum an Obst im »Mostlandl Oberösterreich« lässt sich etwa in St. Marienkirchen bei Gertraud und Walter Schauer durchkosten. Most, Fruchtsäfte, Cider und Birnen-Schaumwein kommen im Hausruck genauso aus dem Keller wie Edelbrände und Liköre. Zumal das bewährte Obst noch einen nicht zu unterschätzenden Vorteil hat: »Alte, robuste Sorten gedeihen optimal. Das macht Schädlingsbekämpfung und Düngung überflüssig«, so Walter Schauer. Diese Symbiose aus eigener »Rohfrucht« und moderner Verarbeitung ist das hervorstechendste Merkmal der oberösterreichischen Destillate. Auch »d’Brennerin«, wie sich Rosi Huber als eine der wenigen Frauen in dem Metier selbstbewusst nennt, lebt diese Kombination am Attersee. Für die als Gin-Kreateurin erfolgreiche Weyereggerin »ist das Zwetschken-Brennen der Geruch meiner Kindheit«. Nicht von ungefähr hat bei ihr alles mit einem Zwetschken-Likör begonnen. Und wie bei etlichen Kollegen blieb es nicht dabei. Denn Schnapsbrennen ist eine oberösterreichische Leidenschaft.
ALLE FRÜCHTE DES LANDES
Das belegen auch die Zahlen: 469 Direktvermarkter, die Brände anbieten, zählt die Landwirtschaftskammer. Ein gutes Beispiel stellt der Hof der Parzmairs in Schwanenstadt dar. Himbeeren, Kirschen, Birnen, Äpfel, Zwetschken und Quitten stammen von den 20 Hektar, die Karin und Franz Ratzinger-Parzmair bewirtschaften. Das hat schon die erste Brenner-Generation, der seit 1992 aktive Ferdinand Parzmair, so gehalten. Drei Jahre zuvor hatte auch Maximilian Schosser den Schritt von der Landwirtschaft zur gebrannten Veredelung gemacht. Was als Reaktion auf einen Hagel begann, der die Ernte des
DIE STREUOBSTWIESEN IM »MOSTLANDL« LIEFERN IDEALES BRENNMATERIAL: INSGESAMT ZÄHLT MAN HIER UND HEUTE 469 DESTILLEN!
Heidelbeer-Züchters aus dem Traunkreis vernichtet hatte, vollendete Sohn Martin Schosser. Aus seiner 2017 neu errichteten Brennerei stammen nicht nur Raritäten wie etwa ein Bananenbrand(!). Auch die Rückstände einiger der besten Weine des Landes verwandelt Schosser zu Trester-Bränden unter dem sprechenden Namen »Danach«.
Mit ausgeklügelter Logistik gelangen frische Trebern sogar aus ganz Europa nach Axberg. Hans Reisetbauer steht für das Zusammenspiel mit den Winzern wie kein anderer Brenner: Süßwein-Fässer von Gerhard Kracher und Heinz Velich werden zum Beispiel zum Lagern von Destillaten verwendet, die wieder in alle Welt exportiert werden. Der sicherlich bekannteste oberösterreichische Brenner hat nie aufgehört, innovativ zu sein. Das zeigen neue Produkte wie der Rum »4x50« ebenso wie die Umstellung auf Bio-Anbau bei den eigenen Rohstoffen. Dafür machte sich die nächste Generation, Hansi Reisetbauer, stark. Er verfolgt mit »Brandstatt« seine eigene Destillate-Linie. Und präsentiert sie mit dem von ihm initiierten Festival »KulinariJung« auch gemeinsam mit Köchen
und Winzern, die alle unter 35 Jahre alt sind. Hans und Hansi findet man zusammen aber nicht nur am Brennkessel, sondern auch am Etikett ihrer Whiskys. Dass man in den Brennereien regional verwurzelt ist, hindert sie nicht daran, auch beim wichtigsten Trend die Speerspitze zu bilden: BarSpirituosen wie Gin oder Whisky.
1995 begann das heimische Single-MaltZeitalter und heute lässt sich bei Peter Affenzeller, der sich ganz dem Whisky verschrieben hat, das Werden des Getreidebrands gut nachvollziehen: Er füllt den ungelagerten »White« ebenso ab wie die einzelnen Chargen seines Blends, der neben dem Single Malt in Alberndorf entsteht.
Selbst Whisky-Marmelade gibt es beim CO2-neutral produzierenden Affenzeller zu erwerben (oder im Café zu kosten).
Dass er auch eine Ladestation für Elektroautos anbietet, führt zu einer weiteren Facette des Brennens zwischen Inn und Enns: der Nachhaltigkeit. Denn ohne saubere Wasserquellen und die Rohstoffe – sei es Getreide oder Obst – wären die Seriensiege bei der »Falstaff Spirits Trophy« wohl nicht möglich. Das unterstreichen auch Monika und Mario Thauerböck, die den Bio-Pionierbetrieb (seit 1992 zertifiziert!) von Marios Eltern in Kaltenberg heute führen: »Besonders dankbar sind wir für das Mühlviertler Quellwasser aus eigenem Brunnen«.
Mit 60 Prozent Anteil am fertigen Produkt ist es ebenso entscheidend für die Qualität der Destillate wie der selbst angebaute Roggen.
GENIAL REGIONAL
Speziell bei Kornbränden hebt sich die OÖProduktion deutlich von den internationalen Konzern-Destillaten ab. »Broamat Lus ist der Name des Ackers, auf dem wir die Gerste angebaut hatten«, erklären etwa Marianne und Albert Gruber die Bezeichnung eines ihrer »Hauderkorn«-Whiskys aus Niederwaldkirchen. Wo anderswo Lkw im Minutentakt anonymes Korn anliefern, kennt man hier jeden Halm. Dass zudem mit Schlägler Roggen endemisches Getreide verwendet wird, zeichnet diese TerroirWhiskys im globalen Maßstab weiter aus.
Auch im Innviertel verbindet man internationale Brände mit lokaler »Rohfrucht«. Vor elf Jahren begann Martin Paminger, sein Erdäpfel-Wissen auch in gebrannter Form zu nutzen. Der »Sauwald-Wodka« setzte auf die mehlige Sorte Freya und der heute 38-Jährige inszenierte sie im wahrsten Sinne schräg: Von der Flasche bis zum Wodka-Glas weisen alle Utensilien einen Winkel auf. Und wenn wir schon bei schrägem Wodka sind, muss natürlich auch der gebrannte Mix »Gurke-Melone« und sein Schwesternbrand mit Rosen genannt werden. Er basiert allerdings auf heimischem Bio-Weizen, den Janine und Philipp Landerl in ihrer Brennerei »1310 Spirits« verwenden. Namensgeber war das Jahr, in dem der Vierkanthof der Familie erstmals erwähnt wurde. Viel klarer kann man die Gegenwart des traditionsreichen Brennlands kaum in die Flasche bringen! <