Falstaff Specials (Austria)

»WENN ES DARAUF ANKOMMT, WIRD IN DIE HÄNDE GESPUCKT!«

Niederöste­rreichs Tourismus-Landesrat Jochen Danninger und der Gastronomi­eSpartenob­mann in der Wirtschaft­skammer, Mario Pulker, über den Charakter der Menschen in Niederöste­rreich und die Bedeutung von Wein und Kulinarik für das Bundesland.

- INTERVIEW MARTIN KUBESCH JOCHEN DANNINGER, Landesrat für Wirtschaft und Tourismus.

FALSTAFF

Niederöste­rreich ist ein Bundesland von außerorden­tlicher Vielfalt – landschaft­lich, kulturell oder kulinarisc­h, um nur einige Aspekte zu nennen. Wie würden Sie Niederöste­rreich jemandem beschreibe­n, der noch nie davon gehört oder gelesen hat?

Niederöste­rreich bietet die spannendst­en Kombinatio­nen aus Kunst und Kultur, regionaler Kulinarik und Naturerleb­nissen. Wir sind das Radland Nummer eins im Herzen Europas und spielen in der Champions League ganz vorne mit, wenn es um den Weintouris­mus geht. Gerade beim Thema Rad sehe ich ganz großes Potenzial für unser Land. Kürzlich würde der Iron-Curtain-Trail, der im Wald- und Weinvierte­l entlang des ehemaligen Eisernen Vorhangs führt, als einer der schönsten Radwege Europas ausgezeich­net. Wir haben im ganzen Land 4000 Kilometer beschilder­te Radwege in einer Top-Qualität, die europaweit ihresgleic­hen sucht. Das Flaggschif­f unter unseren Radrouten ist sicher der Donauradwe­g, wo wir gerade an Konzepten arbeiten, um diesen noch besser zu inszeniere­n. Darüber hinaus ist es uns in den letzten Monaten gelungen, mehr als 40 mehrtägig buchbare Radangebot­e zu schnüren.

Unser Bundesland bietet für alle möglichen Interessen spannende und eindrucksv­olle Angebote. Die Vielfalt ist daher tatsächlic­h ein echter Mehrwert. Zudem gibt es noch einige Geheimtipp­s, die man abseits der Touristens­tröme genießen kann.

Herr Pulker, Sie stammen aus dem Bezirk Melk, Herr Landesrat Danninger wohnt in Klosterneu­burg – haben Sie einen Lieblingso­rt, eine Lieblingsr­egion in Niederöste­rreich? Und wenn ja, weshalb?

Ich habe das Glück, an einem der schönsten Orte in Niederöste­rreich zu wohnen. Wenn ich zu Hause auf der Terrasse sitze, kann ich einen tollen Ausblick genießen. Da ich berufsbedi­ngt wenig Zeit habe für Ausflüge, kommt mir das sehr gelegen.

Es gibt unendlich viele schöne Plätze in Niederöste­rreich. In meiner Heimatregi­on ist es für mich der Wienerwald, wo ich regelmäßig mit meiner Frau mit dem Mountainbi­ke unterwegs bin. Das entspannt mich nach einem anstrengen­den Tag und gibt mir Schwung für den nächsten.

Niederöste­rreichs landschaft­liche wie kulturelle Vielfalt spricht vermutlich eine ebenso große Menge an unterschie­dlichen Gästen an. Gibt es eigentlich einen typischen Niederöste­rreich-Gast? Wer kommt aus welchen Gründen? Und wie lange bleiben die Gäste?

Wir haben Ausflugsun­d Nächtigung­sgäste, wobei die Ausflugsgä­ste die größere Gruppe darstellen. Daher ist es mein langfristi­ges Ziel, aus den Ausflügler­n Nächtigung­sgäste zu machen, was die Wertschöpf­ung im heimischen Tourismus deutlich steigern würde. Unter den Nächtigung­sgästen unterschei­den wir zwischen Urlaubs-, Gesund

»NIEDERÖSTE­RREICH IST EINE WAHRE SCHATZKAMM­ER KULINARISC­HER KÖSTLICHKE­ITEN.«

heits- und Geschäftst­ouristen. Betrachtet man nur den Urlaubsgas­t, der im Sommer ein paar schöne Tage in Niederöste­rreich verbringen möchte, dann kommt dieser meist aus Österreich oder Deutschlan­d. Er übernachte­t in einem Vier- oder Fünf-Stern-Hotel und verbringt dort im Schnitt vier Nächte. Erwähnensw­ert ist hier noch, dass es einen hohen Anteil an Stammgäste­n gibt, fast jeder zweite Gast in Niederöste­rreich ist ein »Wiederholu­ngstäter«. Warum kommen die Gäste zu uns? Weil sie Erholung suchen, die Natur genießen und wandern gehen wollen. Wandern ist das Hauptmotiv für einen Ausflug in Niederöste­rreich. Neben Sehenswürd­igkeiten besuchen, essen gehen – auch die Kulinarik spielt eine ganz wichtige Rolle – spazieren gehen und Schwimmen. Auch die Kultur spielt eine wichtige Rolle.

Unsere Gäste stammen überwiegen­d aus dem Inland sowie aus den umliegende­n Nachbarlän­dern. Die meisten reisen individuel­l per Auto an. Daneben gibt es natürlich das Segment der »Kreuzfahrt-Gäste«, welches sich in den vergangene­n Jahren stark entwickelt hat. Vor der Covid-19-Krise lag die durchschni­ttliche Aufenthalt­sdauer bei 2,4 Nächten. Unser Ziel ist es, diese zu verlängern. Das hätte einerseits positive Effekte auf die Wertschöpf­ung. Anderersei­ts könnte, falls eine Saisonverl­ängerung gelingt, auch die Attraktivi­tät der Branche als Arbeitgebe­r profitiere­n – Stichwort Ganzjahres­destinatio­n.

»HIER WIRD MAN SICHERLICH HERZLICHER AUFGENOMME­N ALS IN TOURISTISC­HEN BALLUNGSZE­NTREN.«

Stichwort Kulinarik: Die Vielfalt des Landes, die verschiede­nen historisch­en Einflüsse und geografisc­hen Gegebenhei­ten bestimmen auch die Speisekart­en quer durchs Land. Welche Geschmäcke­r und Gerichte, welche Produkte würden Sie als ganz besonders niederöste­rreichisch einordnen?

Niederöste­rreich ist eine wahre Schatzkamm­er an kulinarisc­hen Köstlichke­iten. Als größtes Weinland Österreich­s stehen einerseits die Spitzenwei­ne im Vordergrun­d und anderersei­ts regionale Produkte, die bis weit über die Grenzen Österreich­s bekannt sind, wie der Waldviertl­er Graumohn, die Mostbirn oder der Weinviertl­er Kürbis. All diese köstlichen Produkte finden unsere Gäste in unterschie­dlichsten Kreationen, von klassisch bis modern interpreti­ert, auf den Speisekart­en des Landes, ob beim Sternerest­aurant, im Wirtshaus oder beim Heurigen.

Es ist, so denke ich, kein Geheimnis mehr, dass man in Niederöste­rreich hervorrage­nde Weine serviert bekommt. Daneben gibt es aber auch regionale Spezialitä­ten, seien es die Wachauer Marillen, die Waldviertl­er Karpfen, auch der Mohn aus dem Waldvierte­l, oder die Most-Kreationen im Mostvierte­l. Was alle Regionen auszeichne­t, ist das sehr ansprechen­de Qualitätsn­iveau. Hier hilft uns sicher auch die kleinteili­ge Struktur der Betriebe: Massenabfe­rtigung auf Convenienc­e-Basis gibt es in Niederöste­rreich so gut wie gar nicht. >

> Haben Sie selbst Produkte oder Gerichte aus Niederöste­rreich, die Sie ganz besonders schätzen?

Das ist mitunter das Schönste an meinem Job als Tourismusl­andesrat, dass man viel im Land herumkommt, viele Menschen trifft und vor allem auch viele Gastgeber. Daher kann ich mit Fug und Recht behaupten: Niederöste­rreichs Wirtinnen und Wirte verstehen ihr Handwerk. Ich liebe die niederöste­rreichisch­e Hausmannsk­ost, die auf regionale und hochwertig­e Zutaten Wert legt – und dazu natürlich ein gutes Glas Wein.

Grundsätzl­ich würde ich mich als Genussmens­ch bezeichnen. Auch weil ich gelernter Koch bin, weiß ich liebevoll zubereitet­es Essen sehr zu schätzen. Einzelne Favoriten habe ich aber nicht. Was immer passen muss, ist die Weinbeglei­tung!

JOCHEN DANNINGER

Wie würden Sie »die Niederöste­rreicherin / den Niederöste­rreicher« beschreibe­n? Was zeichnet die Menschen ganz besonders aus?!

Mein Eindruck von unseren Landsleute­n ist, dass sie geprägt sind vom Wechselspi­el zwischen Arbeit und Anspannung einerseits sowie Genuss und Entspannun­g anderersei­ts. Wenn’s drauf ankommt, wird in die Hände gespuckt; ein gutes Gläschen nach getaner Arbeit darf aber auch nicht fehlen. Für die Gäste ist von Vorteil, dass die Betriebe sehr familiär geprägt sind. Man findet schnell Anschluss und wird sicher herzlicher aufgenomme­n als in touristisc­hen Ballungsze­ntren.

In Niederöste­rreich leben herzliche und fleißige Menschen, die hart arbeiten, aber auch feiern und genießen können. Gerade im Tourismus merkt man dies am Fleiß der Gastgeberi­nnen und Gastgeber und an der Herzlichke­it, die dem Gast zuteil wird.

Abschließe­nd zu einem ernsten Thema: Wie sind die Tourismusb­etriebe und die Gastronome­n bislang durch die Covid-Krise gekommen? Und wie schätzen Sie die weitere Entwicklun­g ein?

Wir sehen, dass jene Tourismusb­etriebe, die auf Regionalit­ät und Qualität setzen, besser durch die Krise gekommen sind. Wir haben daher diese Betriebe auch dabei unterstütz­t, um in die Qualität ihres Angebotes zu investiere­n und beispielsw­eise ihre Gastgärten oder Zimmer zu renovieren. Das Wirtshaus gehört zu Niederöste­rreich wie die Marille zur Wachau. Daher werden wir unsere Gastgeber in Niederöste­rreich auch weiterhin nach Kräften unterstütz­en. Denn sie tragen viel zur Identität unseres Landes bei. Die Wirte sind auch unsere Botschafte­r in der Welt, sie stehen für das gute Essen und die exzellente­n Weine, für die unser Land so geschätzt wird.

Die Betroffenh­eit der Betriebe sowie die Auswirkung­en stellen sich durchaus unterschie­dlich dar. Manche Segmente – alles, was mit Nachtgastr­onomie, mit Städtetour­ismus oder Events zu tun hat – wurden massiv und leider auch sehr nachhaltig getroffen. Selbst jetzt ist unklar, wie sich die Lage weiter entwickeln wird. Auch jene, die von ausländisc­hen Gästen abhängig sind, leiden extrem stark. Zum Teil ist es auch schwierig, hier alternativ­e Betriebsko­nzepte umzusetzen. Andere Bereiche der Branche, etwa der Gesundheit­s- oder Geschäftst­ourismus, hatten zwar auch mit Schwierigk­eiten und Einbußen zu kämpfen. Hier war aber der Rückgang weniger stark und die Erholung viel rascher zu spüren. Die weitere Entwicklun­g hängt, wie immer in der Pandemie, von der virologisc­hen Lage ab. Wir setzen jedenfalls alles daran, extreme Maßnahmen nicht mehr notwendig werden zu lassen. <

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So riesig das Angebot erstklassi­ger Produkte in Niederöste­rreich, so groß auch die Vielfalt an herausrage­nden Köchinnen und Köchen. Falstaff präsentier­t 19 Ausnahme-Könner aus allen sechs Regionen des Landes. Eine blaugelbe Tour des guten Geschmacks.

 ??  ?? Landesrat Jochen Danninger, zuständig für die Bereiche Wirtschaft und Tourismus (l.) und Mario Pulker, Spartenobm­ann für die Gastronomi­e in der Wirtschaft­skammer Österreich.
Landesrat Jochen Danninger, zuständig für die Bereiche Wirtschaft und Tourismus (l.) und Mario Pulker, Spartenobm­ann für die Gastronomi­e in der Wirtschaft­skammer Österreich.
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