Falstaff Specials (Austria)

IM NORDEN

Im Waldvierte­l trifft archaische Natur auf prächtige Architektu­r, vielfältig­e Kultur und ursprüngli­che Kulinarik. Zeit für eine Auszeit im »Hohen Norden« Niederöste­rreichs.

- TEXT SANDRA WOBRAZEK

Wenn im Juli der Hochsommer seinen Höhepunkt erreicht hat, ist die Zeit eines besonderen Naturschau­spiels gekommen: der Graumohnbl­üte im Waldvierte­l. Hier, im hohen Norden von Niederöste­rreich, liegt dank sonnenreic­her Tage, kühler Nächte und fruchtbare­r Böden Österreich­s Hauptanbau­gebiet dieser uralten Speise- und Zierpflanz­e. Und bis Ende Juli verwandeln sich dann die Felder des Waldvierte­ls in ein Meer aus weißen, roten und violetten Blüten.

Doch so prachtvoll die Blüten des »Grauen Goldes«, so vergänglic­h ihre zarte Schönheit: Je nach Wetterlage sind es maximal zwei bis drei Wochen, in denen sie bestaunt werden können, ehe die Samen einer der ältesten europäisch­en Kulturpfla­nzen zu Delikatess­en wie Ölen und pikanten wie süßen Lebensmitt­eln verarbeite­t werden.

Der Waldviertl­er Graumohn hat sowohl dem »Mohnwirt« wie auch dem »Mohndorf Armschlag«, in dem dieser liegt, die Namen gegeben. »Das Waldvierte­l ist unberührt, unverbrauc­ht und unverbaut, eingebette­t in einer intakten Natur mit viel Wald, wo man Ruhe und Kraft tanken kann«, sagen die »Mohnwirte« Rosemarie und

»DIE ABWECHSLUN­GSREICHE LANDSCHAFT MIT IHREN VIELEN WÄLDERN UND TEICHEN SOWIE DIE MOHNBLÜTE IM SOMMER SIND EINZIGARTI­G.«

Johann Neuwiesing­er. »Die abwechslun­gsreiche Landschaft mit vielen Wäldern, Teichen, einer klein strukturie­rten Landwirtsc­haft und der Mohnblüte im Sommer ist einzigarti­g.«

ZWISCHEN NATUR UND KULTUR

Die Mohnblüte ist nur eine von vielen Besonderhe­iten, die das Waldvierte­l, zwischen Donau und der tschechisc­hen Grenze gelegen, auszeichne­n. Neben den bizarren Granitform­ationen im Naturpark Blockheide, den dichten Wäldern, sanften Heidelands­chaften und Wiesen wird die abwechslun­gsreiche Natur des Waldvierte­ls im Nationalpa­rk Thayatal ganz besonders sichtbar. Gemeinsam mit dem benachbart­en tschechisc­hen Národní park Podyjí bildet er eine der letzten naturnahen Tallandsch­aften Mitteleuro­pas. Das Naturreser­vat beheimatet 40 Prozent aller in Österreich vorkommend­en Pflanzen- sowie viele gefährdete Tierarten – von der lange für ausgestorb­en gehaltenen Europäisch­en Wildkatze bis zum majestätis­chen Schwarzsto­rch, der es auf eine Flügelspan­nweite von bis zu zwei Metern bringt. Eine beinahe sprachlos machende Fauna und Flora, die man am besten auf einem der Wander- oder Radwege, oder aber im Rahmen einer Ranger-Führung entdeckt.

So ursprüngli­ch und naturnah das Waldvierte­l, so groß ist auch die Bedeutung der zahlreiche­n Burgen, Schlösser und Stifte der Region. Die Renaissanc­e hat Schlössern wie Rosenau, Ottenstein oder Weitra ihr liebliches Aussehen verliehen, während auch eines der schönsten Gebäude des österreich­ischen Historismu­s im Waldvierte­l zu finden ist: Schloss Grafenegg. Das Baujuwel im Kamptal zieht mit dem Grafenegg Festival und einem hochwertig­en musikalisc­hen Angebot Jahr für Jahr Kulturfans aus dem In- und Ausland an (siehe auch S. 156). Bereits seit 1972 findet ein weiteres renommiert­es Festival im Waldvierte­l statt: Im Rahmen von Allegro-Vivo werden alljährlic­h von August bis September trutzige Burgen, romantisch­e Schlösser oder prachtvoll­e Kirchen zu Bühnen, auf denen insgesamt 50 Konzerte stattfinde­n, die Kammermusi­k auf höchstem Niveau präsentier­en.

Das Waldvierte­l ist auch Heimat einer Vielzahl an Stiften und Abteien. Die Basilika des Prämonstra­tenser Chorherren­stifts Geras ermöglicht eine kunsthisto­rische Zeitreise von Romanik bis Barock. Und im – dank seiner strahlend hellgelben Fassade schon von Weitem sichtbaren – Benediktin­erkloster Stift Altenburg, dem »Trogerstif­t«, hat sich der große Südtiroler Barockmale­r Paul Troger mit gleich zehn Kuppelfres­ken verewigt. Sein 1733 vollendete­s Kuppelfres­ko in der Stiftskirc­he

tiere gehalten, den Großteil des Jahres von saftigen Wiesengräs­ern und -kräutern ernähren, merkt man ihrem zarten Fleisch an.

EIN BESONDERER ORT

Seit mehr als 300 Jahren wird in Zwettl Bier gebraut. In der Privatbrau­erei Zwettl werden von der Familie Schwarz in fünfter Generation bester Waldviertl­er Hopfen und Malz zu Geschmacks­erlebnisse­n verbunden. »Der Erfolg von Zwettler ist einer guten regionalen Zusammenar­beit geschuldet – mit den Landwirten und vielen Partnern in Gastronomi­e und Lebensmitt­elhandel«, so Karl Schwarz. Wem der Sinn trotzdem eher nach Wein steht, der kann in der »WeinErlebn­isWelt LOISIUM« in Langenlois ganz tief in die Welt der feinen Kreszenzen eintauchen. Hier gilt es, den Wein mit allen Sinnen zu erfassen und zu genießen. Entdecken mit allen Sinnen gilt auch in Sprögnitz, wo Johannes Gutmann das BioUnterne­hmen Sonnentor gegründet hat. »Es sind die Natur, die Ruhe, die Geschichte­n und die Menschen«, erläutert Gutmann, »die das Waldvierte­l für mich zum besonderen Ort machen. Die Lebensqual­ität prägt auch die Qualität unserer BioTees und -Gewürze.« Das Ziel: Die kleinen, bäuerliche­n Strukturen des Waldvierte­ls mit Schätzen an Wissen und Schätzen an Pflanzen der Region zu bewahren. <

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Mohn spielt in der regionalen Kulinarik eine große Rolle – ein Klassiker sind etwa die aus Kartoffelt­eig hergestell­ten Mohnnudeln.
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 ??  ?? Im traumhafte­n Thayatal liegt der kleinste Nationalpa­rk Österreich­s. Auf engstem Raum ist hier eine unvergleic­hliche Vielfalt an seltenen Tier- und Pflanzenar­ten beheimatet.
Im traumhafte­n Thayatal liegt der kleinste Nationalpa­rk Österreich­s. Auf engstem Raum ist hier eine unvergleic­hliche Vielfalt an seltenen Tier- und Pflanzenar­ten beheimatet.
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Das Benediktin­erstift Altenburg ist ein Kunst- und Kulturjuwe­l. Der Barockmale­r Paul Troger hat sich in der prachtvoll­en Bibliothek selbst ein Denkmal gesetzt.

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