Inspiriert vom Vorbild künstlich wachsender Muskelzellen, soll auch Milch entstehen.
Suche nach Alternativen natürlich ein Extrem. »Plant based« ist in diesem Zusammenhang ein Stichwort, das schon viel weiter auf dem Weg und viel näher am Konsumenten ist. Am heimischen Markt gibt es erfolgreiche Beispiele dafür. Unter der Marke »Hermann« bieten Vater und Sohn Neuburger auf Pilzen basierende Produkte wie Bratwurst, Schnitzel oder Bratstreifen, die sensorisch mehr als überzeugend sind. »Rebel Meat«, ein Start-up, produziert herausragende Burger-Pattys, halb pflanzlich, halb Bio-Rindfleisch.
POTENZIELLER MILLIARDENMARKT
Auch andere Originale stehen aus durchaus ähnlichen Gründen zur Diskussion. Kaum ein Tier wird so stark mit dem Begriff der Massentierhaltung verknüpft wie das Huhn. Und nachdem es bei den Hühnern stets um die Doppelnutzung Fleisch und Ei geht, forschen die Labore der Industrie nicht nur an künstlichem Hühnerfleisch, sondern auch am künstlichen Ei. Gleiches gilt für die Milch. Auch hier werden Argumente des Tierschutzes ins Rennen geführt. Wer Milch konsumiert, nehme Tierleid in Kauf: die frühe Trennung des Kalbs von der Mutterkuh oder tausende Kilometer lange Tiertransporte von Kälbern, weil Kalbfleisch hier kaum noch Wert hat. Die Haltung, das zu verhindern, führt dazu, dass sich mit der Suche nach Alternativen ein (potenzieller) Milliardenmarkt aufgetan hat.
»Turtle Tree Labs«, ein Start-up mit Sitz in Singapur, hat sich bei seiner Idee, künstliche Milch im Labor zu erzeugen, von den Kollegen mit den künstlich wachsenden Muskelzellen inspirieren lassen. Der verblüffend einfache Gedanke dabei: Wenn es möglich ist, Zellen von Muskelfasern wachsen zu lassen, muss es auch möglich sein, Zellen von milchproduzierenden Drüsen wachsen zu lassen. Auf diese Weise entsteht zwar kein Steak, dafür aber ein (melkbares) Euter. Offen bleibt die Frage, mit welchen Nährstoffen die Zellen während ihres Wachstums versorgt werden. Immerhin ist auch bei den Kühen das Futter das ausschlaggebende Kriterium in Sachen Qualität. Bei den Eiern sollte noch dieses Jahr eine Alternative zum Frühstücksei auf den (amerikanischen) Markt kommen. In Europa dauern die Zulassungen für Produktinnovationen immer eine Spur länger. Das amerikanische Start-up »Crafty Counter« hat unter dem Markennamen »WonderEgg« ein erstaunliches Produkt entwickelt, das potenzielle Kunden vor allem mit dem begeistern will, das es nicht hat: eifrei, laktosefrei, glutenfrei, getreidefrei, sojafrei. Und natürlich vegan.
Manche »Originale« werden uns erhalten bleiben. Wir werden für echte und ökologisch hergestellte Vanille irgendwann ebenso hohe Preise zahlen (müssen) wie für Fleisch, das so produziert wird, wie wir uns das wünschen. Bei anderen »Originalen« ist ein Abschied dringend notwendig. <