„SOLANGE ES AM DOM EIN GERÜST GIBT, GEHT ES UNS GUT.“
Eine Dombauhütte ist kein Bauwerk, sondern die eifrigen Steinmetz:innen und Mitarbeiter:innen, welche mit ihrem Können den Dom erhalten.
Architekt Wolfgang Zehetner ist überzeugt, dass ein so komplexes Kunst- und Bauwerk wie unser Dom langfristig nur erhalten werden kann, wenn ständig daran gearbeitet wird. Die Dombauhütte, die Fachleute und deren Wissen müssen ständig präsent sein, nur so können die Schäden, die laufend entstehen, in Schach gehalten werden.
Sie sind seit fast 30 Jahren Dombaumeister des Stephansdoms und damit auch verantwortlich für die Dombauhütte. Was ist das Besondere an der Dombauhütte?
Die Dombauhütten haben seit dem Mittelalter die Bauentwicklung an den großen
Kathedralen Europas vorangetrieben. Später lag der Schwerpunkt in der Restaurierung der verschiedenen Bauwerke. Ich sage gern: Die Dombauhütten waren die „Silicon Valleys“des Mittelalters. Da war das technische Wissen der damaligen Zeit konzentriert. Übrigens: Eine Dombauhütte ist kein Bauwerk. Unter einer Dombauhütte versteht man alle Personen, Lehrlinge, Gesellen, Steinmetze usw., die das Knowhow haben, in einer Bauhütte, sprich Werkstatt, an einem Bauwerk zu arbeiten.
Besonderes ist, neben der Kontinuität der Dombauhütte am Stephansdom, die Art und Weise, wie wir traditionelle Handwerkstechniken mit modernsten Methoden kombinieren.
Werden wir jemals den Dom ohne Gerüst sehen? Ist das überhaupt das Ziel eines Dombaumeisters?
Der Wunsch bzw. die Frage ist oft: Wann gibt es einmal den Dom ohne Gerüst zu sehen? Es gibt sowohl in Köln als auch in Wien den Spruch: Wenn es ein Gerüst am Dom gibt, geht es uns gut. Natürlich wäre es vorstellbar, dass wir kein Gerüst haben. Es ist aber durchaus sinnvoll, an so einem komplizierten und großen Bauwerk kontinuierlich zu arbeiten.
Es gibt einige Beispiele, wo man plötzlich genug Mittel hatte und eine Restaurierung forciert hat. Dann wurde wieder ein paar Jahre gar nichts gemacht. In dieser Stehzeit verliert man aber die Infrastruktur, die Dombauhütte, die Fachleute und das nötige Know-how, das für eine Restaurierung nötig ist. Aus meiner Sicht überwiegen deshalb die Vorteile, an so einem mächtigen Bauwerk, wie dem Stephansdom, permanent zu arbeiten.
Warum sollte ein junger Mensch Steinmetz werden?
Weil ihn dieses Handwerk fasziniert. Steinmetz ist – nicht nur aus unserer
Sicht – das Urhandwerk. Damit haben schon die Ägypter:innen ihre Monumente errichtet, und aus dem Steinmetzhandwerk haben sich so manch andere Berufe herauskristallisiert: Maurer:in, Zimmerer:in, Schlosser:in. Natürlich hat sich das Berufsbild eines Steinmetzes stark verändert. Unsere Tradition ist es, aus einem einzigen Block ein geformtes Stück herauszuholen. Michelangelo hat schon gesagt: Der David steckt ja schon im MarEtwas morblock drin – man muss ihn nur herausholen. Aus einem massiven Steinblock eine Figur herauszuarbeiten, das ist für mich eine besonders faszinierende Art des Arbeitens. Heutzutage übernehmen Maschinen einige Arbeiten: Es werden oft nur mehr in der Maschine geschnittene Platten mit patentierten Haken an Fassaden geklebt. Bei uns wird noch dieses traditionelle Steinmetzhandwerk praktiziert.
Man kann an der Zufriedenheit unserer Mitarbeiter:innen sehen: Das ist eine wunderschöne Arbeit und jedes erarbeitete Stück, das dadurch entsteht, hat einen gewissen Anspruch auf „Ewigkeit“. Es ist nicht nur auf fünf Jahre, sondern auf Jahrhunderte angelegt.