… MOZZARELLA, MOZART UND MANDOLINEN
FALSTAFF Unser Magazin trägt den Namen der literarischen Figur
Falstaff – was verbinden Sie mit ihr?
RICCARDO MUTI: Ich habe eine enge Beziehung zu Giuseppe Verdi – »Falstaff« ist seine letzte Oper und die Summe seines Schaffens. Für mich sind die beiden größten Opernkomponisten Mozart und Verdi.
Wenn Sie dirigieren, hört man jeden einzelnen Ton, jedes einzelne Wort – wie holen Sie das aus den Menschen heraus?
Giuseppe Verdi hat immer gesagt, man solle mehr dem Poeten als dem Musiker dienen. Auf Mozart und da Ponte bezogen: Die Libretti des da Ponte sind ein Meisterwerk – und Mozart wiederum hat für da Ponte seine schönsten Werke geschrieben. Meine Arbeit mit den Sängerinnen und Sängern basiert vor allem auf der Unterstreichung der Wörter, des Textes und des Ausdrucks jedes einzelnen Wortes.
Mit den Philharmonikern verbindet Sie eine
45-jährige Geschichte – ist das wie eine Ehe?
Ja, der Vergleich ist gut. Ich habe sie 1971 – zu Beginn meiner Karriere, ich war 30 – das erste Mal dirigiert. Das war sozusagen die »Hochzeit«. Seitdem habe ich sie ohne
Unterbrechung jedes Jahr dirigiert – heute bin ich 75 Jahre alt. Die Wiener
Philharmoniker haben mich mit
Zuneigung, Respekt und Ehrungen aufgenommen, haben mich beispielsweise zum Ehrenmitglied ernannt oder mir auch den Goldenen Ring verliehen. Mit ihnen Mozart aufzuführen, ist für mich ein Privileg, weil sie diese Musik in ihrer DNA, in ihrem Blut gespeichert haben.
Geht Ihnen auf Ihren Reisen die neapolitanische Küche Ihrer Heimat ab? Ich halte es mit Sokrates: »Wir leben nicht, um zu essen, wir essen, um zu leben.« Natürlich, die neapolitanische Küche ist sehr gut, gleichzeitig einfach. Wenn ich unterwegs bin, versuche ich, gut und gesund zu essen, aber schnörkellos. In Italien gibt es so viele verschiedene regionale Küchen, dass von einer »italienischen Küche« eigentlich gar nicht gesprochen werden kann.
Es heißt, ein Neapolitaner gehe nie ohne sein »Corno«, einen Glücksbringer in Form einer Peperoni-Schote, aus dem Haus. Ist das wahr? Es gibt viele Legenden über die Neapolitaner – das meiste davon ist Folklore. Der Neapolitaner ist schwierig zu beschreiben. Ich würde ihn als sehr komplex und ernst beschreiben. Nicht umsonst war Friedrich II. aus dem Adelsgeschlecht der Staufer der erste große König von Neapel. Er gilt als Vordenker von Aufklärung und Toleranz. Es gibt also einen nordischen Einfluss, der nicht nur von den Bourbonen kam. Wenn heute Leute über Neapel sprechen, ist immer nur von Mozzarella, Mandolinen und Pizza die Rede.