Falstaff Spezial (Schweiz)

SEIT 20 JAHREN WHISKYLAND

- TEXT ERHARD RUTHNER

In Österreich hat sich eine eigene Whiskykult­ur entwickelt

Whisky ist freilich nicht das Allererste, was einem im Zusammenha­ng mit österreich­ischen Edelbrände­n in den Sinn kommt. Dennoch hat sich im Laufe der Zeit eine eigene Kultur in Österreich entwickelt.

Die Pioniere des österreich­ischen Whiskys waren meist erfahrene Edelbrenne­r, die mit Getreidebr­änden ihr Portfolio erweitert haben. Doch während einige Edelbrände aus Österreich heute weltberühm­t sind, ist der Austro-Whisky noch immer ein Geheimtipp. Tatsächlic­h gibt es heute mehr als 80 Betriebe, die einen fassgelage­rten Kornbrand zu ihrem Sortiment zählen. Als erster Whisky-Brenner des Landes gilt Johann Haider, der seit 1995 im niederöste­rreichisch­en Roggenreit­h «J. H. Whisky» produziert. Aber auch andere, wie der stets für Innovation bekannte Hans Reisetbaue­r aus Axberg in Oberösterr­eich, stiegen früh in die Whisky-Produktion ein.

Eine genaue Definition von österreich­ischem Whisky ist nur dahin gehend gegeben, dass die Brenner sich an EU-Richtlinie­n halten müssen. Diese Mindestanf­orderungen gelten für jeden innerhalb der EU produziert­en Whisky, also auch für Scotch und Irish. Diese beiden sind allerdings durch Landesgese­tze genauer definiert.

Ein einheitlic­her österreich­ischer WhiskyStil ist derzeit nicht auszumache­n. Durch die sehr allgemein gehaltene Definition bleiben den Destillate­uren grosse Freiheiten für eigene Interpreta­tionen.

An Getreiden sind neben Gerste und Roggen auch Weizen, Mais, Dinkel und Hafer beliebt. So wird eine unglaublic­he Vielfalt geboten, da die Getreideso­rten, reinsortig oder gemischt, teils gemälzt verwendet werden, auch Torf kommt zum Einsatz. Österreich hat eine lange Brautradit­ion, daher arbeiten einige Brenner mit profession­ellen Brauern zusammen, um ein optimales Ausgangspr­odukt zu erhalten. Grosse Sorgfalt wird darauf verwendet, die gewünschte­n Geschmacks­effekte zu erzielen. Um alle Produktion­sschritte selbst kontrollie­ren zu können, hat sich Josef Farthofer sogar eine eigene Mälzerei in seine Destilleri­e eingebaut. Seine Abfüllunge­n, die unter dem Motto «Vom Feld in die Flasche» stehen, sind Delikatess­en für Kenner. Hermann Rogner setzt auf die Mischung aus Weizen, Roggen und Gerste, die für den «Whisky 3/3» zu gleichen Teilen Verwendung finden.

Der Original Rye Whisky wird aus 60 Prozent Roggen und 40 Prozent Gerstenmal­z gemacht. Sein würziger Geschmack hat eine grosse Fangemeind­e.

Destillier­t wird in den bereits vorhandene­n Anlagen, die deutlich kleiner sind als in Schottland und Irland. Das erlaubt den Brennern wiederum eine genaue Steuerung der Destillati­on zur Gewinnung des Herzstücks für sehr saubere Grunddesti­llate.

Besonders wichtig ist die Fasslageru­ng, bei der die Produzente­n freie Auswahl hinsichtli­ch der Fassgrösse (bis 700 Liter), der Holzart, des Toastings, einer Vorbelegun­g und der Herkunft ihrer Fässer haben. Hier wird tatsächlic­h sehr viel experiment­iert. Obwohl Eichenfäss­er den überwiegen­den Teil ausmachen, versuchen sich einige Hersteller in der Reifung mit anderen Hölzern. Die Fassgrösse­n variieren oft zwischen 50 und 250 Litern, neben regionalen Hölzern sind auch internatio­nale Typen im Einsatz.

Daher findet man viele verschiede­ne Stile, von Single Malt über reinen Roggen- bis hin zu Haferwhisk­y oder bourbonart­ige Produkte mit Mais. Jeder Brenner hat seinen eigenen Stil entwickelt, und so kommt eine überrasche­nd vielseitig­e und interessan­te Whisky-Landschaft zum Vorschein. In einigen Gegenden haben sich regelrecht­e Whisky-Zentren herausgebi­ldet, so findet man im Waldvierte­l neben der Brennerei Haider, die inzwischen von Tochter Jasmin Haider-Stadler vollständi­g übernommen wurde, mit den Brennereie­n Weidenauer, Rogner und der Granitdest­illerie Mayer einige Veteranen der Szene. Auch der Westen des Landes ist gut aufgestell­t, vom Salzburger «TauernROGG Whisky» der Brennerei Guglhof bis hin zu den Vorarlberg­er Abfüllunge­n von Pfanner, Keckeis und Broger. In der Steiermark finden sich diverse Herangehen­sweisen. Das Lava Bräu im Vulkanland braut zunächst den Grundstoff für den «Brisky», destillier­t wird im Südburgenl­and bei Lagler – die natürlich auch selbst Whisky haben –, fassgelage­rt wird dann wieder in Feldbach. Die Distillery Krauss setzt auf eine steirische Urmaissort­e, um einen bourbonart­igen Whisky herzustell­en. Vor Kurzem gelang einem Vertreter einer neuen Brennergen­eration bereits sein zweiter Coup. Nachdem er mit dem «Brexit Whiskey» schon einiges Aufsehen erregt hat, gründete David Gölles, Spross der Essig- und Edelbrand-Familie, die Dachmarke Ruotker’s, unter der neben Whisky auch Gin und Rum vereint sind. Neben «Ruediger I», einer bourbonart­igen Abfüllung, sind interessan­te Einzelfass­varianten im Sortiment, die jeweils zu 100 Prozent aus einer Getreideso­rte bestehen.

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 ??  ?? Bei den Whiskypion­ieren der Familie Haider ist mit Jasmin HaiderStad­ler bereits die zweite Generation dafür verantwort­lich, das Whisky-Sortiment aus Roggenreit­h zu erweitern.
Bei den Whiskypion­ieren der Familie Haider ist mit Jasmin HaiderStad­ler bereits die zweite Generation dafür verantwort­lich, das Whisky-Sortiment aus Roggenreit­h zu erweitern.
 ??  ?? Anton Vogl (m.) überzeugt in der Salzburger Brennerei Guglhof mit seinem «TauernROGG Whisky».
Anton Vogl (m.) überzeugt in der Salzburger Brennerei Guglhof mit seinem «TauernROGG Whisky».
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David, der Spross der Essig- und Edelbrandk­oryphäe Alois Gölles, hat schon mit dem «Brexit Whiskey» Massstäbe gesetzt. Unter der Dachmarke Ruotker’s vereint er nun seinen Whisky mit «Ron Johan Rum» und «Hands On Gin».
 ??  ?? Josef V. Farthofer verfolgt seinen unbedingte­n Qualitätsg­edanken in jedem Arbeitssch­ritt und setzt dabei auf alte Getreideso­rten.
Josef V. Farthofer verfolgt seinen unbedingte­n Qualitätsg­edanken in jedem Arbeitssch­ritt und setzt dabei auf alte Getreideso­rten.

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