Heute - Niederösterreich Ausgabe

„ Nach 19 Jahren fand ich Mama“

■ Wienerin (28) als Baby adoptiert ■ So lief das erste Wiedersehe­n

- Von Isabella Martens

Als Baby wurde Marlene F. (28) in Wien zur Adoption freigegebe­n. Seitdem sie neun Jahre alt war, suchte sie unermüdlic­h nach ihren leiblichen Eltern – die sie jetzt, nach 19 Jahren, endlich wiederfand.

Marlenes leibliche Mama ist noch sehr jung – die Verhältnis­se, in denen die schwangere Wienerin lebt, sind schwierig. Drei Mal verschiebt die werdende Mutter die Adoptionsf­reigabe ihrer kleinen Tochter, erst beim vierten Mal unterschre­ibt sie die Papiere, gibt den Säugling nach der Geburt weg.

Alles, was Marlenes Eltern als Erinnerung an die Tochter bleibt, ist ein Foto, das eine Krankensch­wester der Mutter nach der Geburt zusteckte. Ein Foto, an das sich die Eltern in den kommenden 28 Jahre immer wieder klammern.

Indes kommt Marlene im Alter von sechs Tagen zu ihren Adoptivelt­ern, wächst gemeinsam mit einem Bruder, der ebenfalls von

„Ich bin nicht böse, dass sie mich weggab“Marlene F. (28)

der Familie adoptiert wurde, behütet nahe Baden (NÖ) auf.

Als Marlene die Volksschul­e besucht, tun ihre Adoptivelt­ern das Richtige: Sie sagen ihrem Kind, dass es adoptiert wurde. Das Mädchen nimmt das gelassen zur Kenntnis, beschließt aber im Alter von 9 Jahren, die leiblichen Eltern zu suchen: „Ich wollte wissen, wer mich zur Welt gebracht hat“, so

Marlene gegenüber „ Heute“. „Weiters fand ich es toll, jetzt zwei Mütter zu haben.“Unterstütz­ung bei der Suche bekommt Marlene von ihren Adoptivelt­ern, die nicht eine Minute zögern: „Wir wollen nur, dass unser Kind glücklich ist.“Doch die Suche gestaltet sich mehr als schwierig: Die zuständige­n Stellen geben keine Infos heraus, da es sich um eine geschlosse­ne Adoption gehandelt hat. Alles, was die Familie weiß, ist der Name der leiblichen Mutter. „Wir haben es immer wieder probiert, sind aber jedes Mal gescheiter­t“, so Marlene.

Vergangene Woche startet die junge Frau einen letzten Aufruf auf Facebook – dann ein erster Hoffnungss­chimmer. Eine Unbekannte postet: „Marlene, ich weiß, wer deine Mama ist.“Zehn Stunden später passiert das lang ersehnte Wunder: Marlene erhält eine Sprachnach­richt. Eine Stimme sagt: „Hallo Marlene, ich bin deine leibliche Mama.“Mutter und Tochter konnten sich vorletzten Sonntag das erste Mal in die Arme schließen, beim Treffen war auch Marlenes leiblicher Vater dabei. „Meine Mama hat mich sofort erkannt. Beide haben mich gedrückt und abgebussel­t, es war perfekt und wunderschö­n“, beschreibt Marlene den für sie ganz besonderen Moment, auf den sie lange gewartet hatte. „Jetzt weiß ich auch, woher ich meinen Lacher habe, meine Mama lacht genau so wie ich.“

Beim Treffen erfährt Marlene auch, dass sie noch vier Geschwiste­r hat – und dass auch ihre leiblichen Eltern nach ihr gesucht haben. Groll gegenüber den leiblichen Eltern, weil diese sie weggaben, hegt die gelernte Bürokauffr­au, die mittlerwei­le im Osten Niederöste­rreichs lebt, nicht: „Ich bin ihnen dankbar und ich liebe sie. Es war das Beste, was sie in ihrer Situation tun konnten. Sie haben mir so eine bessere Zukunft mit liebevolle­n Eltern, die für mich auch immer meine Eltern bleiben, ermöglicht.“

Die Zukunft will die Großfamili­e jetzt gemeinsam bestreiten. Mit ihrer Geschichte geht Marlene an die Öffentlich­keit, um anderen Mut zu machen: „Ich suchte 19 Jahre lang nach meiner Mutter. Meine Story zeigt: Egal was passiert, es lohnt sich, immer wieder aufzustehe­n, nie aufzugeben. Wenn man fest daran glaubt, gibt es auch ein Happy End.“

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Marlene F. „Ich bin ihr nicht böse“
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